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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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406 Fotografisches Feuilleton · „Der Sonntag“: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie sen; die Gasmaske deckt das junge Gesicht, das eine Mutter lieb hat. Was schon bisher Regel war, wird nun strenges Gesetz in Italien; die Trommel übertönt die Kinderlieder; im Bereich der Möglichkeiten liegt, was wir Europäer nun schon so lange hoffnungsvoll für unmöglich hielten.“62 Gemeint ist der Krieg, den Mussolini kurz zuvor in einer Rede auf pathetische Weise beschworen hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit stammt auch der Text von Hans Oplatka. Obwohl dieser in politischen Fragen überaus zurückhaltend ist, lässt er hier zwi- schen den Zeilen eine deutliche Kritik an der zuneh- menden Militarisierung im Nachbarland durchklin- gen. Und dies just zu dem Zeitpunkt, als zwischen Österreich und Italien eine deutliche politische An- näherung zu beobachten ist. Im März 1934 werden nämlich die „Römischen Protokolle“ unterzeichnet, die eine enge Zusammenarbeit zwischen beiden Län- dern einleiten. In innenpolitischen Fragen ist Oplatka noch weit zurückhaltender und vorsichtiger. Politi- sche Kommentare zur Regierungspolitik kommen im Sonntag praktisch nicht vor, offene Kritik schon gar nicht. Auch wenn die Zeitung in der Regel Abstand zur Politik hält, entzieht sie sich nicht ganz dem poli- tischen Kurs des „Ständestaates“. Gelegentlich wird im Sonntag propagandistischen Regierungsinitati- ven sogar erstaunlich viel Platz eingeräumt. Im Mai 1934 etwa wird ausführlich und positiv über den neu eingeführten „Freiwilligen Arbeitsdienst“ und das Arbeitslager in Kaiser-Ebersdorf berichtet.63 Wenig später, Ende September 1934, erscheint ein großer Bildbericht über die Eröffnung der neu erbauten Großglockner Hochalpenstraße, die als patriotisches Bauprojekt des „Ständestaates“ gilt.64 Dennoch: Ein Thema bringt Oplatka, aller innen- politischen Vorsicht zum Trotz, immer wieder in die Öffentlichkeit: die Warnung vor einem neuen Krieg. Sein engagierter Pazifismus ist, in Zeiten einer zu- nehmenden Militarisierung der Gesellschaft, die in den 1930er Jahren auch Österreich erfasst, sehr wohl auch ein innenpolitisches Statement. Allerdings be- müht sich Oplatka, die konkreten Adressaten seiner Warnungen nicht namentlich anzuführen. Ende Juni 1935 erscheint – fast genau 21 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs – eine Ausgabe des Sonntag, die ganz dem Thema Kriegsgefahr gewidmet ist – es ist eine Art Antikriegsnummer. Für die Titelseite verwendet Oplatka eine (vermut- lich selbst hergestellte) Fotomontage, die eine steiner- ne Figur der Wiener Hofburg in den Kriegsgott Mars verwandelt (Abb.  24). Die weiße Statue, die aus extre- mer Untersicht gezeigt wird, kommt den Betrachtern mit erhobenem Arm und einem Dolch in der Hand Abb.  24  „Der  nächste  Krieg“.  Kriegskritische  Fotomontage.  Der Sonntag,  29.  Juli  1935,  Titelseite.  Montage:  vermutlich  Hans  Oplatka.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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