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479Fotografinnen
und Fotografen 1890 bis 1945
trieben. Sie fotografiert 1936 bei den Olympischen
Spielen in Berlin. Sie ist eine Anhängerin des Nati-
onalsozialismus und passt sich thematisch und in
ihrer Bildsprache dem Regime an. In der zweiten
Hälfte der 1930er Jahre lebt sie in den ehemaligen
deutschen Kolonien in Ost- und Südwestafrika. Sie
liefert zahlreiche propagandistische und z. T. ras-
sistische Reisereportagen aus Afrika, die ab 1938
auch in Wiener Zeitungen erscheinen. Während des
Kriegs ist sie höchst aktiv, ab 1939 gibt sie Bildbän-
de heraus und arbeitet als Bildberichterstatterin
in Südosteuropa. In der Nachkriegszeit lebt sie in
Saarbrücken, wo sie als Pressefotografin tätig ist.
Sie stirbt 1974 in Eberbach-Bad Neckartal.
Stern, Alexander (Künstlername: STAL), geb. am 30.
Oktober 1894 in Klosterneuburg, Ausbildung zum
Gärtner, arbeitet vor 1914 als Bergarbeiter und Gärt-
ner, Soldat im Ersten Weltkrieg. Er lebt seit 1919 in
Graz, ist in der Zwischenkriegszeit als Publizist, Ro-
man- und Theaterautor tätig. Er beschäftigt sich ab
1928 mit Fotografie, erkundet experimentelle For-
men der Fotografie (Montagen, Collagen, Mikrofo-
tografie, Licht-Bewegungsstudien). Seit 1930 macht
er unter dem Künstlernamen „STAL“ Fotomontagen
für den sozialdemokratischen Kuckuck, veröffent-
licht darin auch einzelne Fotos und Themenseiten.
Ab 1934 ist er wegen seines politischen Engage-
ments nicht mehr öffentlich tätig. 1941 wird er Lei-
ter der Lichtbildstelle des Grazer Gartenbauamtes,
1948 Zwangspensionierung. Ab 1954 wieder inten-
sive Beschäftigung mit Fotografie. Er stirbt am 3.
April 1970 in Graz.
Stern, Ilsa, verh. Hofmann, geb. am 7. April 1912 in
Parschitz/Porˇícˇí, Tschechien, verh. mit Franz Hof-
mann. Sie studiert 1931/32 an der Münchener Fo-
toschule, ist seit Mitte der 1930er Jahre als Foto-
amateurin und Pressefotografin tätig, hält sich 1934
in Wien auf und veröffentlicht in österreichischen
Illustrierten Fotoreportagen über Wiener Themen.
1941 Gefangenschaft im Lager Lodz, wo ihr Mann
Franz Hofmann ermordet wird. 1945 Rückkehr nach
Prag, danach Übersiedlung nach England und 1946
nach New York. In den USA fotografiert sie als Pres-
sefotografin u. a. für die Zeitschrift Life. Sie stirbt
im Jahr 1970.
Stöger, Vinzenz, Wiener Pressefotograf, der seit ca.
1930 tätig ist. Seine ersten Bilder veröffentlicht er
im sozialdemokratischen Kuckuck. Nach dem „An-
schluss“ an das nationalsozialistische Deutschland
1938 passt er sich schnell an die neuen politischen
Gegebenheiten an und publiziert regelmäßig Fotos
und Reportagen über aktuelle Ereignisse, ländliche
Bräuche, Alltagsthemen u. a.
Stone, Sasha, geb. 1895 als Alexander Serge Stein-
sapir in St. Petersburg, nach dem Ingenieurstudium
zieht er nach New York, 1919 nach Paris und An-
fang der 1920er Jahre nach Berlin, ab 1931 lebt er
in Brüssel. Ab 1924 ist er als Atelierfotograf, Foto-
monteur und Werbegrafiker in Berlin tätig. Er arbei-
tet von Anfang der 1920er Jahre bis 1939 eng mit
seiner Lebensgefährtin Cami Stone zusammen, die
seit Ende der 1920er Jahren fotografiert. Er veröf-
fentlicht seit den 1920er Jahren unter dem Namen
„Sasha Stone“, „Stone“, „Atelier Stone“ und „Stu-
dio Stone“ (teilweise stammen die Aufnahmen aber
auch von Cami Stone) zahlreiche Fotos in der illust-
rierten Presse, ab 1928 erscheinen seine Bilder ge-
legentlich auch in österreichischen Zeitschriften.
1940 Flucht vor den Nationalsozialisten nach Süd-
frankreich. Er stirbt am 6. August 1940 in Perpignan.
Stone, Cami, geb. 1898 als Wilhelmine Camille Ho-
norine Schammelhout im belgischen Vilvorde. Sie
zieht Ende des Ersten Weltkriegs nach New York,
eröffnet dort einen Import-Export-Handel und lernt
Sasha Stone kennen. Anfang der 1920er Jahre zie-
hen die beiden nach Berlin, wo sie 1924 gemein- sam das „Atelier Stone“ eröffnen, ab 1931 führen
sie in Brüssel das „Studio Stone“. Cami Stone ar-
beitet seit den späten 1920er Jahren als Fotografin
und veröffentlicht zusammen mit Sasha Stone unter
den gemeinsamen Namen „Stone“, „Atelier Stone“
und „Studio Stone“ (teilweise stammen die Aufnah-
men aber auch von Sasha Stone). Eindeutig von ihr
selbst stammen die mit Cami Stone unterzeichneten
Bilder. Sie stirbt 1975.
Strelitzky (Strelisky), Sándor, geboren am 9. April
1859 in Budapest (Pest), Ausbildung zum Ingenieur,
übernimmt nach dem Tod seines Vaters Lipót Sim-
onyi dessen Fotoatelier, das im 19. Jahrhundert das
größte und nobelste Studio der Stadt ist. Später
führt er ein zweites Atelier. Um 1900 spezialisiert er
sich auf Porträts von Bühnenstars und Theaterbilder.
Er veröffentlicht um 1900 zahlreiche Porträts in der
illustrierten Presse und ist auch in österreichischen
Zeitungen präsent. Er stirbt 1922 in Budapest.
Strof, Josef Hans, Wiener Pressefotograf, der seit 1938
tätig ist. Er arbeitet auch in der Nachkriegszeit als
Fotoreporter.
Sturm, Wilhelm, geb. am 24. August 1915 in Teplitz-
Schönau, ist seit 1937 als Pressefotograf in Wien
tätig. Er fotografiert aktuelle Ereignisse, aber auch
Genrebilder und ländliche Szenen. Nach 1938 ist er
ein Anhänger des Nationalsozialismus. Seine Bilder
werden ab 1939 von der inzwischen „arisierten“,
d. h. zwangsenteigneten Wiener Fotoagentur Schost-
al vertreten. 1946 bis 1948 führt er einen Fotobe-
trieb in Salzburg. Er stirbt am 11. Juni 1980.
Sˇtyrsky, Jindrˇich, geb. am 11. August 1899 im böhmi-
schen Niedertscherma (Dolní Cˇermná, Tschechien),
1920 bis 1924 Studium an der Akademie der bilden-
den Künste in Prag, 1925 bis 1928 lebt er in Paris,
danach wieder in Prag. Er ist als Avantgardekünstler
(Maler, Grafiker, Fotograf, Schriftsteller) tätig. Auch
in seinen fotografischen Arbeiten (u. a. surrealisti-
sche Fotomontagen) greift er die Anregungen der
Avantgarde auf. Seine künstlerischen Arbeiten stellt
er, zusammen mit seiner Lebensgefährtin Toyen
(Marie Cˇermínová), in zahlreichen Ausstellungen
aus und publiziert sie in Büchern und Zeitschriften,
in den 1930er Jahren erscheinen seine Fotoarbei-
ten gelegentlich auch in Österreich. Er stirbt am 21.
März 1942 in Prag.
Suppenmoser, Midi, Tiroler Amateurfotografin, lebt
in Kufstein. Seit Ende der 1930er Jahre veröffent-
licht sie ihre Bilder (ländliche Szenen, Landschaf-
ten, Stadtbilder, Genrebilder u. a.) in der illustrierten
Presse. Seit 1939 wird die Fotografin von der 1938
„arisierten“ (zwangsenteigneten) Wiener Fotoagen-
tur „Schostal“ vertreten.
Suschitzky, Edith, verh. Tudor-Hart, geb. am 28. Au-
gust 1908 in Wien, Ausbildung als Montessori-Leh-
rerin, studiert 1928 bis 1930 am Bauhaus in Des-
sau. Sie ist seit Ende der 1920er Jahre als Fotografin
tätig, stilistisch folgt sie teilweise den Anregungen
des Neuen Sehens, wichtiger aber sind die Anregun-
gen der kommunistischen und sozialdemokratischen
Arbeiterfotografiebewegung. 1931 ist sie maßgeb-
lich an der Gründung der kommunistischen „Vereini-
gung der Arbeiter-Fotografen“ beteiligt, die aber ein
Jahr später wieder aufgelöst wird. Sie macht sozial-
dokumentarische Aufnahmen in Wien, fotografiert
Alltags- und politische Straßenszenen und arbei-
tet um 1930 für die sowjetische Nachrichtenagen-
tur TASS. Ab 1931 veröffentlicht sie ihre Bilder im
sozialdemokratischen Kuckuck und in anderen
Magazinen. 1933 heiratet sie den englischen Arzt
Alexander Tudor-Hart, zieht im April 1934 zu ihm
nach London. Sie ist zunächst als freischaffende
(Presse-)Fotografin tätig, fotografiert Slums in Lon-
don, dokumentiert in Reportagen die Arbeiterkultur
und den Alltag der Bergarbeiter in Wales, bewegt
sich politisch in linken Kreisen. Ab 1934 ist sie Mit- glied in der „Film und Photo League“, seit 1927 ist
sie unter dem Codenamen „Betty Gray“ als Infor-
mantin und Mitarbeiterin der englischen und öster-
reichischen kommunistischen Partei und der Kom-
munistischen Internationale (Komintern) tätig. Von
1937 bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs führt
sie ein Atelier in London, das sie zeitweise zusam-
men mit Vera Elkan betreibt. Nach 1945 ist sie wie-
der als Porträtfotografin tätig und arbeitet daneben
für englische Zeitungen und Magazine. Zeitweise
arbeitet sie mit ihrem Bruder Wolfgang (Wolf)
Suschitzky zusammen, der in England als Filme-
macher tätig ist. Mitte der 1950er Jahre beendet
sie ihre fotografische Karriere und führt ein Antiqui-
tätengeschäft in Brighton, wo sie am 12. Mai 1973
stirbt.
Swara, Otto, Wiener Atelier- und Pressefotograf, der
seit 1899 ein Atelier in der Margarethenstraße 22,
Wien 4, führt. Seit 1897 veröffentlicht er seine Fotos
(Straßenszenen, Blitzlichtaufnahmen auf der Bühne,
aber auch Sportbilder) in der illustrierten Presse.
In der Zwischenkriegszeit ist er als Fotohändler in
Wien tätig.
Swoboda, Franz, betreibt in den 1930er Jahren ein
Fotoatelier in Baden bei Wien. Parallel dazu arbei-
tet er seit Anfang der 1930er Jahre als Presse- und
Amateurfotograf. Er fotografiert vorwiegend das
ländliche Leben, Land und Leute sowie bäuerliches
Brauchtum (v. a. im Burgenland), idyllische Land-
schafts- und Häuserszenen sowie Sehenswürdig-
keiten. Seine Bilder erscheinen in den 1930er Jah-
ren in der illustrierten Presse. Nach 1938 arbeitet
er bruchlos weiter.
Sykora, Frank, Wiener Amateurfotograf, der mit sei-
nen Bildern seit 1930 in Fotozeitschriften und Ma-
gazinen vertreten ist. Anfang der 1930er Jahre stellt
er anspruchsvolle Alltags- und Sozialreportagen zu-
sammen, zu denen er gelegentlich auch die Texte
schreibt. Seine weiteren Themen sind Straßen- und
Genreszenen, Landschaften und Reisebilder.
Szabó, Lajos (Ludwig), ungarischer Amateurfotograf,
der einer gemäßigt modernen Richtung folgt und in
den 1930er Jahren auch in österreichischen Maga-
zinen publiziert.
Székely, Josef, geb. 1839 in Steinamanger, Ungarn,
führt ab 1862 ein Fotoatelier in Wien, veröffentlicht
seit Mitte der 1890er Jahre gelegentlich Porträts in
der illustrierten Presse.
Szigethy, W. von, ungarischer Herkunft, lebt seit
den 1920er Jahren in Berlin, wo er als Pressefoto-
graf und Fotoagent (zusammen mit dem Pressefo-
tografen Zoltan Kluger) tätig ist. Die Bilder und Re-
portagen der Agentur „Kluger-Szigethy“ werden in
deutschen und ab 1931 auch in österreichischen
Zeitungen veröffentlicht. Beide Fotografen sind jü-
discher Herkunft und flüchten 1933 nach Palästina.
Szöllo˝sy, Kálmán, geb. am 10. September 1887 als
Kálmán Schwerer in Pécs. Ungarischer Amateurfo-
tograf und Fotopublizist, der 1906 zu fotografieren
beginnt. In den 1920er Jahren studiert er bei Rudolf
Balogh, Ervin Kankowszky und Iván Vydareny. Er ist
ein Vertreter des sogenannten ungarischen Stils, der
moderne und piktorialistische Elemente der Fotogra-
fie miteinander verbindet. Seine ersten publizierten
Bilder, die 1927 erscheinen, stehen in der Tradition
der piktorialistischen Fotografie. 1928/29 arbeitet
er bei der Fotozeitschrift Fotómu˝vészeti hírek (Fo-
tografische Nachrichten), in den 1930er Jahren ist
er Mitarbeiter der Wiener Fotozeitschrift Die Galerie.
Seit 1932 ist er hauptberuflich als Fotograf tätig, er
fotografiert Landschaften, Land und Leute, Brauch-
tum und publiziert seine Bilder in ungarischen und
ab 1935 auch in österreichischen Magazinen. Er
wird durch die ungarische Fotoagentur „Ill-Pho“ ver-
treten. In der Nachkriegszeit ist er weiterhin als Fo-
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Subtitle
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Author
- Anton Holzer
- Publisher
- Primus Verlag
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Size
- 23.0 x 29.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Category
- Medien
Table of contents
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang