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Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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Page - 61 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise

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weise dadurch verändert, dass wir das Wandbild auf dem Foto viel kleiner sehen, als es in Wirklichkeit ist, wodurch es weniger eindrucksvoll wirkt. Auch ist eine Fotografie zweidimensional und fixiert die Distanz der Be- trachtung sowie Größen-, Farb- und Lichtverhältnisse. Der Blick auf das Kunstwerk ist den Rezipierenden somit vorgegeben. Wie die Betrachter:in- nen blicke ich in dieser Analyse durch die fotografische Reproduktion auf die außermediale Wirklichkeit, das eigentliche Gra"ti an seinem eigentli- chen Ort, dem Krankenhaus in Bergamo. Zwischen Schutz und Apokalypse Das Wandbild zeigt eine junge Frau in blauem Kittel mit Handschuhen, Haube und Mundschutz, die die rot gefärbte Silhouette sowie die Flagge Italiens in den Armen hält. Am Rücken der Frau befinden sich helle Flü- gel. Über ihrem Kopf sind die Worte «A Tutti Voi… Grazie!» («Euch al- len… Danke!») geschrieben, in der unteren linken Ecke befindet sich das Logo des Papa Giovanni XXIII. Krankenhauses. Allem Anschein nach ge- hört die Frau zum Krankenhauspersonal – der Titel des Bildes weist sie als Ärztin aus, der Darstellung nach könnte es auch eine Krankenpflegerin sein. Sie hält die italienische Nation, symbolisiert durch Silhouette und Flagge, in den Armen, wie eine Mutter ihr kleines Kind. Das Bild enthält verschiedene Verweise auf die christliche Tradition. Ein solches Vorkommen religiöser Motive außerhalb dezidiert religiöser Kunst und außerhalb der Einflussbereiche religiöser Institutionen ist dabei nicht ungewöhnlich, man denke nur an Bereiche wie Werbung oder Spiel- filme. Die Symbole werden dabei zwar aus dem Repertoire der jeweiligen Tradition entnommen, jedoch individuell weiterentwickelt, miteinander sowie mit anderen Bildelementen verknüp# oder gar umgedeutet, indem beispielsweise ein Bezug zu aktuellen gesellscha#spolitischen Kontexten hergestellt wird. Einen sehr expliziten Verweis im vorliegenden Gra"ti stellen zunächst die Flügel dar, die auf Engelsfiguren verweisen. In der christlichen Traditi- on sind Engel übernatürliche Wesen, die im Dienste Gottes stehen. Sie können unterschiedliche Funktionen übernehmen und als Boten au#reten oder als Schutzengel einzelner Menschen und ganzer Völker fungieren. Sie geleiten aber auch die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits, vollstrecken die Urteile Gottes und erscheinen am Tag des Jüngsten Gerichts. Schon hier wird eine Zweideutigkeit der Darstellung ersichtlich: Einer- seits stellt das Wandbild ganz klar die als Engel stilisierte Ärztin als Retter- figur und als Beschützerin der italienischen Nation dar. Andererseits findet Leid und Ho"nung einer Nation im Gra#ti 61 https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48 Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Religion, Medien und die Corona-Pandemie Paradoxien einer Krise
Title
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Subtitle
Paradoxien einer Krise
Author
Daria Pezzoli-Olgiati
Editor
Anna-Katharina Höpflinger
Publisher
Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7489-2221-6
Size
15.3 x 22.7 cm
Pages
134
Categories
Coronavirus
Medien

Table of contents

  1. Einführung 7
  2. Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
  3. Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
  4. «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
  5. Gemeinscha!en in Isolation 23
  6. Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
  7. Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
  8. Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
  9. Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
  10. Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
  11. Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
  12. Unterhaltung in der Pandemie 67
  13. Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
  14. Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
  15. Der Tod als mediale Inszenierung 85
  16. Einsamer Abschied vor aller Welt 87
  17. Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
  18. Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
  19. Erlösung durch Kapitalismus 103
  20. Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
  21. Ausblicke ins Ungewisse 119
  22. Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
  23. Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
  24. Abbildungsverzeichnis 133
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