Page - 71 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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durch etwas Gutes scha!en. Dies wird in den folgenden Zeilen und dem
Refrain des Liedes deutlich:
Ich bleib’ Optimist, und ich geb’ nicht auf.
Am Ende kommt bestimmt was Gutes raus.
Wir können etwas scha!en, wenn wir als Menschen
das GroĂźe und Ganze sehen
und in den Kampf gehen gegen das Virus,
weil wir alle zusammenstehen.
SchlieĂźlich wird diese Botscha# nochmals deutlich betont, wobei der er-
wähnte «Glaube» das Einzige scheint, das als Sicherheit in der unkontrol-
lierbaren Situation bleibt:
Ich glaube an das Gute und ich hör’ damit nicht auf!
Dieses Lied ru# also durch eindringliche Worte – und mit deutlichen An-
spielungen auf religiöse Weltbilder – zu Solidarität in einer Krisensituati-
on auf. Eine apokalyptische Vorstellung wird dabei ebenso vorausgesetzt
wie ein Kampf zwischen Gut und Böse, wobei Sebel am Glauben an das
Gute festhält. Während das Virus als das Böse dargestellt wird, besteht das
Gute für Sebel aus menschlicher Solidarität und Nächstenliebe: Die Men-
schen stehen zusammen, weil sie das «Große und Ganze», also eine Art
ĂĽbergeordneten Plan, sehen.
Diese Botscha# wird von Sebel ĂĽber den Liedtext hinaus weitergetra-
gen: Einerseits hat er die Einnahmen dieses Lieds fĂĽr gemeinnĂĽtzige Zwe-
cke vorgesehen. Der Erlös wird an die Deutsche Orchester-Sti#ung gespen-
det, die in finanzielle Not geratenen Musiker:innen hil#. Das Lied ver-
spricht nicht nur inhaltlich Ho!nung auf Nächstenliebe, sondern wird
auch von einem karitativen Gedanken geleitet.
Andererseits forderte Sebel beim ersten Hochladen des Clips ins Inter-
net die Hörenden dazu auf, ihm ihre eigenen Versionen des Liedes zu schi-
cken. Er erhielt rund 160 Einsendungen aus verschiedenen Ländern dieser
Welt, von neuen bis hin zu erfahrenen Musiker:innen. AuĂźerdem arbeitete
Sebel mit anderen KĂĽnstler:innen an Varianten des Songs in Englisch, Ita-
lienisch, Französisch, Schwedisch und Spanisch. Daraus sind unterdessen
weitere YouTube-Clips entstanden. Insbesondere ein Videoclip, in dem ein
Zusammenschnitt der eingeschickten Interpretationen des Liedes zu sehen
sind, sticht hervor. Dieser trägt den Titel Sebel featuring The 1st Lockdown
Orchestra und stellt das Thema des «Zusammenstehens» auch visuell dar:
Menschen aus unterschiedlichsten Ländern singen in verschiedenen Spra-
chen über Zusammenhalt in einer Krisenzeit – aber alle tun es bei sich zu-
hause. Indem sie Distanz wahren, verhalten sie sich solidarisch. Erst der
Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Title
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Paradoxien einer Krise
- Author
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Editor
- Anna-Katharina Höpflinger
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 134
- Categories
- Coronavirus
- Medien
Table of contents
- EinfĂĽhrung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ĂĽhrungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133