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Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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2020 des Komikers und Sängers Phil Laude – er nennt ihn in der Bridge den «Weltuntergangs-Sommersong» – der mit folgender Zeile beginnt: Die Welt geht unter, und wir rennen ins Messer. Dieses Stück basiert auf einem Lied, das das Comedy-Trio Y-Titty, dem auch Phil Laude angehörte, 2012 mit Fokus auf die damaligen Weltunter- gangsbefürchtungen verö!entlicht hat. Noch stärker als diese Verbindung zu Motiven aus religiösen Traditio- nen fallen in den Liedern die moralischen Leitlinien für den außeralltägli- chen Zustand auf. Viele Lieder zeigen – zum Teil durchaus witzig – auf, wie man in der Corona-Situation moralisch korrekt handeln sollte. Wie auch bei Sebel wird in verschiedenen Songs zu Solidarität und Nächsten- liebe aufgerufen. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist das Lied Corona des deutschen Rappers M.I.K.I. Eine einprägsame Zeile aus diesem Lied lautet: Denkt an die alten Leute, denkt an den Nebenmann, der ohne eure Hilfe vielleicht bald nicht mehr leben kann. Diese von Corona inspirierten Ohrwürmer rufen aber nicht nur zu einem guten Leben auf, sondern sie kritisieren auch falsches Handeln. Hamster- käufe werden aufs Korn genommen, besonders explizit im Lied Klopapier des Rap-Künstlers GReeeN. Im entsprechenden YouTube-Video sitzt der Sänger auf der Toilette (mit nichts am Leib außer einem Hut) und klagt die Gier und den Egoismus der Menschen an: Den Menschen ist nur noch ihr «Arsch» – und ja, das ist ein Wort aus dem Lied – «heilig». Hier kommt eine Art Sieben-Todsünden-Idee ins Spiel. Gier ist eine der traditionellen, römisch-katholischen Todsünden, die im Lied in einer gegenwärtigen Form auflodert. Hamsterkäufe, zum Beispiel von Toilettenpapier, sind in- sofern nicht nur unsolidarisch in der genannten Krisenzeit, sondern sie werden zu Metaphern für das moralisch Schlechte auf Erden. Der eigene Körper und seine Bedürfnisse werden in dieser Gier zum einzig Heiligen, so die Botscha#. Während Sebels Zusammenstehen also Ho!nung spenden soll, wird hier das moralische Verfehlen der Menschen bloßgestellt. Popkulturelle Handlungsanweisungen Die untersuchten Kompositionen sind Teil der Popkultur. Popkultur, so der Soziologe Hubert Knoblauch, unterliegt den Mechanismen des Mark- tes. Sie wird medial prominent verbreitet, somit einer breiten Bevölkerung weltweit zugänglich und spiegelt die Werte einer bestimmten Kultur. Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 73 https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48 Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Religion, Medien und die Corona-Pandemie Paradoxien einer Krise
Title
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Subtitle
Paradoxien einer Krise
Author
Daria Pezzoli-Olgiati
Editor
Anna-Katharina Höpflinger
Publisher
Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7489-2221-6
Size
15.3 x 22.7 cm
Pages
134
Categories
Coronavirus
Medien

Table of contents

  1. EinfĂĽhrung 7
  2. Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
  3. Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
  4. «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
  5. Gemeinscha!en in Isolation 23
  6. Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
  7. Digitale Au!ĂĽhrungen des Ausnahmezustands 35
  8. Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
  9. Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
  10. Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
  11. Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
  12. Unterhaltung in der Pandemie 67
  13. Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
  14. Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
  15. Der Tod als mediale Inszenierung 85
  16. Einsamer Abschied vor aller Welt 87
  17. Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
  18. Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
  19. Erlösung durch Kapitalismus 103
  20. Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
  21. Ausblicke ins Ungewisse 119
  22. Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
  23. Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
  24. Abbildungsverzeichnis 133
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