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Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszusta¨nde 174
Ein Beispiel fu¨r α= 1, β= 2 ist der Schmelzpunkt einer Substanz, ein
anderes Beispiel ist der sogenannte Umwandlungspunkt, falls eine Substanz
in zwei allotropen Modifikationen existieren kann. Fu¨r α= 2, β= 3 dient
als Beispiel der Punkt, wo sich aus einer Salzlo¨sung das Kryohydrat (Eis
neben festem Salz) ausscheidet, oder auch, wie fu¨r Arsenbromu¨r und Wasser,
der Punkt, wo aus zwei sich beru¨hrenden flu¨ssigen Schichten ein fester
Bestandteil sich niederzuschlagen beginnt, fu¨r α= 3, β= 4 der Punkt, wo
eine Lo¨sung zweier Salze, die fa¨hig sind ein Doppelsalz zu bilden, sowohl
mit den einfachen Salzen als auch mit dem Doppelsalz in Beru¨hrung ist,
usw.
§ 208. Wenn ferner:
β=α,
so bilden α unabha¨ngige Bestandteile α Phasen. Dann ist die innere
Beschaffenheit aller Phasen noch von zwei Variabeln abha¨ngig, z.B. von
Temperatur und Druck. Ein Beispiel fu¨r α= 1 liefert jede Substanz in
homogenem Zustand, eins fu¨r α= 2 eine flu¨ssige Lo¨sung eines Salzes
in Beru¨hrung mit ihrem Dampf. Durch Temperatur und Druck ist die
Konzentration sowohl in der Lo¨sung als auch im Dampf bestimmt.
Ha¨ufig werden nicht Temperatur und Druck, sondern statt dessen die
Konzentration der flu¨ssigen Lo¨sung, entweder zusammen mit der Temperatur,
oder zusammen mit dem Druck, als die beiden unabha¨ngigen Variabeln
genommen. Im ersteren Falle sagt man, daß eine Lo¨sung von beliebig
gewa¨hlter Konzentration bei beliebig gewa¨hlter Temperatur einen Dampf
von bestimmter Zusammensetzung und von bestimmter Spannung aussendet;
im zweiten Falle sagt man, daß eine Lo¨sung von beliebig gewa¨hlter
Konzentration bei beliebig gewa¨hltem Druck einen bestimmten Siedepunkt
besitzt, bei dem ein Dampf von bestimmter Zusammensetzung abdestilliert.
Ganz entsprechende Gesetzma¨ßigkeiten ergeben sich, wenn die zweite
Phase nicht dampffo¨rmig, sondern fest (Salz, Eis) oder flu¨ssig ist, wie
bei zwei Flu¨ssigkeiten, die sich nicht in allen Verha¨ltnissen mischen.
Immer ha¨ngt die innere Beschaffenheit der beiden Phasen, also im letzten
Beispiel auch die Konzentrationen in den beiden u¨bereinander geschichteten
Lo¨sungen, von zwei Variabeln ab, etwa Druck und Temperatur. Wenn in
einem speziellen Fall diese Konzentrationen einander gleich werden, erha¨lt
man eine Erscheinung, die ganz analog ist dem Pha¨nomen des kritischen
Punktes bei einer homogenen Substanz (kritische Lo¨sungstemperatur zweier
Flu¨ssigkeiten).
§ 209. Betrachten wir endlich noch kurz den Fall:
β=α−1.
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253