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Zipper und sein Vater
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Delikatessenhändler, ihre Tochter nur einem wohlhabenden Manne zu geben gewillt waren. Er spielte in der Lotterie und gewann. Hierauf besuchte er die Eltern seiner Geliebten und sprach davon, eine Musikalienhandlung zu eröffnen. Er verlobte sich. Eine kleine Musikalienhandlung paßte ihm nicht, er wollte mit einer großen anfangen. Dazu mußte man mehr Geld haben, als er gewonnen hatte. Weil er an sein Glück glaubte, auch einige Abenteuer zu bestehen gedachte, ging er zur Bahn und fuhr nach Monte Carlo. Und dort ereigneten sich jene außergewöhnlichen Umstände, unter denen er seinen Chronometer erstanden hatte. Er verlor den größten Teil seines Geldes, kam zurück, heiratete. Es reichte nicht einmal mehr für eine kleine Musikalienhandlung. Er bekam durch die Vermittlung seines Schwiegervaters ein Papiergeschäft in Kommission. Wie weit war er da vom Eichenholz entfernt! Er mußte den ganzen Tag zu den großen Firmen der inneren Stadt gehen, um Bestellungen auf Drucksorten aufzunehmen. Indessen saß seine junge Frau in einem kleinen Delikatessenladen und verkaufte Heringe auf Kredit. Nachdem Zipper sich, wie es heißt, »eingearbeitet« hatte, gab seine Frau die Heringe auf. Man konnte bei dem Papiergeschäft nie reich werden, aber lange am Leben bleiben. Allmählich war Zipper seine Beschäftigung lieb geworden. Sie war keine Arbeit. Sie gestattete ihm, langsam durch die lebendigsten Straßen der Stadt zu gehen, mit den Direktoren der größten Geschäfte zu sprechen, bei der und jener Gelegenheit manches zu erfahren, wonach ihn zu wissen dürstete. Er schaffte sich Verbindungen, an denen ihm viel gelegen war. Theaterkassierern, Varieté-Agenten, Zirkusdirektoren kam er immer näher. Kleinen Menschen machte er gelegentlich kleine Geschenke, zum Beispiel Visitkarten. Wo andere zahlen mußten, stand ihm der Zutritt frei. Wo andere warteten, drang er als erster vor. Und selbst wo man, ohne zu warten, vordringen konnte, war es ihm lieb, so zu tun, als könnte nur er zuerst darankommen. Seinem Beruf entsprechend wechselte seine Kleidung. Eine bestimmte Delikatesse in der Wahl seiner Stoffe und seiner Hemden und seiner Krawatten schien ihm angeboren. Daß er von Zeit zu Zeit in Modeschriften einen Blick warf, glaubte er seiner Karriere schuldig zu sein. Sie zu machen, war er fest entschlossen. Doch war auf dem Weg eines alltäglichen Papierhandels freilich kein großer Reichtum zu erwarten. Infolgedessen unterbreitete Zipper, in seinem »Auftreten« unterstützt durch die elegante Note seiner Kleidung, verschiedenen einflußreichen Persönlichkeiten »Projekte«. Seine Vorschläge bezogen sich auf die Verbesserung der Straßenbahnbremsen, auf die Hebung des Fremdenverkehrs, auf eine neue Organisation des Reklamewesens. Manche Einfälle gebar sein Kopf. Ständig ging er mit Plänen schwanger. Allmählich, da kein einziger gedieh, wurde er 19
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Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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