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Zipper und sein Vater
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gemütlich. Gefiel ihm etwas nicht, so nannte er es nicht, wie ich voller Spannung erwartet hatte, ungemütlich, sondern ausgeschlossen. So sagte er zum Beispiel: dieses Theater wäre ausgeschlossen, und er meinte, daß ihm der Zuschauerraum nicht gefalle, weil er zuviel Säulen habe, und die Bühne sei ausgeschlossen, weil der Vorhang eine alte »Malerei« enthalte. Denn jedes Bild nannte er eine Malerei, wodurch er ausdrücken wollte, daß das Gemalte sich vom Photographierten unterscheide. Die Möbel, die man bewegen konnte, also Stühle und Tische, nannte er Vehikel. Der Frau Zipper sagte er: Schwägerin, dem Herrn Zipper: Bruder, Arnold nannte er Zipper junior. Er sagte, Vornamen könne er sich nicht merken und sie seien überflüssig. Seine eigenen Söhne – er besaß drei – hatte er der Einfachheit halber gleich genannt. Sie hießen alle William. »Nun, ist er nicht ein Prachtkerl?« sagte der alte Zipper von seinem Bruder. »Das ist ein energischer Mensch. Weder ich noch die anderen Brüder waren so. Mit vierzehn Jahren ist der Bursche hinübergegangen. Ich wollte es ihm nachmachen, sehen Sie, wenn Monte Carlo nicht dazwischengekommen wäre, ich wäre heute ein Farmer wie er.« Ich dachte an die ganz besonderen Umstände, sah den alten Zipper an, der jetzt mit einem zahnlosen, schwachen, weichen Mund redete, die Worte feucht machte, ehe er sie sprach, den weißhaarigen, gebeugten alten Zipper, und verglich ihn mit seinem Bruder, der nur ein Jahr jünger war als er. Er war nicht von diesem Kontinent, der Farmer, er kam nicht aus diesem Mittelstück Europas, wo der Krieg angefangen hatte, wo er aufgebrochen war wie eine alte Eiterbeule. Nie wäre der alte Zipper ein Farmer in Brasilien geworden, er war ein Bürger von Mitteleuropa. Nachdem der Farmer eine Woche nichts mehr als Gast gewesen war, begannen die Zippers, von Arnolds Absichten zu sprechen. Arnold wollte nicht gerne dabei sein. »Ich will nicht«, sagte er mir, »daß mir der Onkel hilft. Hast du ihn nicht gesehen? Ein brutaler, engstirniger, egoistischer Mensch. Wenn er mich hinübernimmt, wird er mich ausbeuten, schlimmer als ein Fremder. Ich hasse dieses eigene Blut. Ich will nichts mit meiner Familie zu tun haben. Nie werde ich mit dem Onkel nach Brasilien gehen. Ich werde mir meinen eigenen Weg suchen. Ich werde schon nicht untergehen.« Aber es fiel dem Farmer gar nicht ein, Arnold mitzunehmen. 44
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Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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