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Zipper und sein Vater
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alte Zipper da. Hatte er nicht selbst einmal gefragt, ob sie sich heiraten werden? Und siehe da, sie heirateten wirklich: sein Sohn und eine junge Schauspielerin. Merkwürdig war es nicht. Eine religiöse Zeremonie brauchte man nicht. Eine Feier war schließlich auch nur ein Vorurteil. Und der alte Zipper, der immer mit der Jugend ging, sagte wiederholt, daß ihm das Geld leid sei, das seine eigene Hochzeit gekostet hatte. Wovon Arnold leben wollte, wußte man nicht. Zipper trieb noch Geld für ihn auf – ob er es gespart oder geliehen hatte, blieb ungewiß. Dann fuhr Arnold nach Breslau. Ich verlor ihn aus den Augen, ich hörte wenig von ihm. Ich weiß nicht, wovon er gelebt hat, er muß schwer gearbeitet haben. Er folgte seiner Frau in den nächsten zwei Jahren in viele Provinzstädte. Endlich gelang es ihr, Verbindung zu Filmleuten herzustellen. Zipper und seine Frau kamen nach Berlin. Es ging zu langsam mit dem Theater. Es mußte im Film schneller gehn. Denn das Theater hatte viele Zentren, der Film nur ein einziges: Hollywood. Dort hinzukommen, Geld zu haben, Ruhm und Macht! Es war für Erna mehr ein Triumph als ein Erfolg, als sie durch einen Film, »Der ewige Schatten« – in dem sie nur eine Nebenrolle spielte –, der Presse so aufgefallen war, daß man sie mehr lobte als die Trägerin der Hauptrolle. Jetzt erst begann ihre Arbeit. Denn die Stimmen der Presse waren damals für die Maßgebenden der »Branche« keine Urteile, sondern ein Gegendienst für Inserate. Für Erna hatten die Kritiken immerhin den Wert, daß ihr Name den ersten schüchternen Klang bekam und die ersten Konturen einer Physiognomie. Mit der Gewandtheit, die ihr angeboren war, begann sie, an ihrer Karriere zu arbeiten. Sie hatte es beim Film vorläufig mit Menschen zu tun, die ihrem Vater glichen: kleine Bürger mit großen Redensarten. Es waren die Inflationsjahre der Filmindustrie. Da waren sie herbeigekommen aus allen Branchen, aus allen Randgebieten, aus allen Provinzen: die von der Manufaktur und die vom Gastgewerbe, die aus den Drogerien und die von der Photographie, die aus den Modesalons und die von den Rennpferden, die Buchmacher und die Journalisten, die Reisenden von der Konfektion und die Hofphotographen, die Offiziere außer Dienst und die Gelegenheitsverdiener, die aus Kattowitz und die aus Budapest, die aus Galizien und aus Breslau, aus Berlin und der Slowakei. Der Film war ein Kalifornien. Alte Börsenmakler aus Czernowitz setzten sich mit deutschnationalen Großindustriellen zusammen und erfanden patriotische Filme. Reisende in Lampenschirmen rasten in den Ateliers herum, brüllten Mechaniker an und nannten sich Beleuchtungskünstler. 69
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Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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