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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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0 Frank Stern · Barbara EichingerEleonore Lappin (Ultra-)Orthodoxie ihres Landes abzugrenzen, die sie offen kritisieren. Doch auch die orthodoxe Judith Hübner betont die Modernität. Die Nationalsozialisten raubten den Wiener Jüdinnen und Juden neben vielem anderen diese selbstverständliche Wiener Identität, die auch eine Synthese von jüdi- scher Gesetzestreue und Teilnahme an der Wiener Kultur und Gesellschaft erlaubte. Auch wenn sie sich nach den traumatischen Erlebnissen nach dem „Anschluss“ nicht mehr als WienerInnen und ÖsterreicherInnen fühlen (wollen), schreiben sie wesent- lich weniger über ihr selbstverständliches Judentum, das sie über die Zeit der Verfol- gung nicht nur retten, sondern dadurch eher noch verstärken konnten, sondern über ihr verlorenes Wiener-/Österreichertum. Die meisten Lebenserinnerungen wurden in fernen neuen Heimatländern für Nachkommen verfasst, die sich das Wien der Zwi- schenkriegszeit nur schwer vorstellen können. Daher steht das Wienerische bürger- liche (Familien-)Leben im Mittelpunkt der Erzählungen. Autobiografische Berichte, die aufgrund von Aufrufen österreichischer HistorikerInnen verfasst wurden, sollen dem nichtjüdischen Publikum erst recht ihre Wiener und österreichische Identität und damit das Unrecht der Ausgrenzung und Vertreibung vermitteln. Daher rücken jüdische Inhalte in den Hintergrund. Allerdings entstammt die überwiegende Mehr- heit der VerfasserInnen tatsächlich aus dem säkularisierten und weitgehend assimi- lierten Bürgertum, wo jüdische Praxis nur mehr rudimentär anzutreffen war. Auch die orthodox Aufgezogenen legten ihre Strenggläubigkeit später meist ab, was ihre Darstellung des religiösen Lebens ebenfalls beeinflusst. Überhaupt fehlen zum Zeit- punkt des Schreibens der Autobiografie im vorliegenden Sample Berichte von Or- thodoxen oder Proletariern, da diese Personengruppen nur sehr wenige schriftliche Zeugnisse hinterließen. Damit müssen bei der Darstellung zwei wichtige Segmente der Wiener jüdischen Gesellschaft unberücksichtigt bleiben. Darstellung religiösen Lebens Zu den häufig erwähnten jüdischen Festen gehört die Bar-Mizwah, die meist positiv und bedeutsam erinnert wird. Eine bleibende Annäherung an die jüdische Religion bewirkte sie allerdings selten. Hans Reichenfeld (geb. 1923), der aus einer bürger- Ebd. Vgl. auch Sperber, Die Wasserträger Gottes ; Leo Glückselig, Gottlob kein Held und Heiliger ! Ein Wiener „Jew-boy“ in New York, hg. von Daniela Ellmauer und Albert Lichtblau, Wien 1999. Ein gelungenes Beispiel für eine proletarische Autobiografie, die allerdings auf Interviews beruht, ist : Albert Lichtblau, Sabine Jahn (Hg.), „Weil das Leben mit Gedächtnis ausgestattet ist“. Prive Friedjung, die Erinnerungen einer jüdischen Kommunistin aus der Bukowina, Wien, Köln, Weimar 1995.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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