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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 63 -
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Seite - 63 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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„Hinaus mit den Juden !“ und Bettauers „fiktivem“ Bundeskanzler Dr. Karl Schwertfeger alle Ehre : „All das, was an dem Verhalten der jüdischen Flüchtlinge zur Kritik herausfordert, sind nicht eigentümliche, nur dem jüdischen Flüchtling anhaftende Charaktereigenschaften, sondern der ungeschminktere und brutalere Ausdruck des jüdischen Typus. Der eine ist ein Ehrenmann in schmierigem Kaftan und schmutzigen Stiefeln, der andere in Frack und Lackschuhen. Eine der charakteristischsten Eigentümlichkeiten des Juden- tums ist sein maßloses Herrschaftsgelüste. […] Wie ehedem, so hält auch heute das Judentum die ganze Finanz- und Kreditwirtschaft in seinen Händen und hat den größten Teil der Presse in seinem Solde. In der Staatsregierung merkt man gleichfalls auf Schritt und Tritt die zunehmende Verjudung. Es ist keine Phrase, sondern nur ein Ausdruck der tatsächlichen Verhältnisse, wenn ich den mahnenden Ruf erhebe : Christliches, deutsches Volk, sieh dich vor, sonst wirst du aus deiner Sorglosigkeit erwachen als Sklave im Judenstaate ! (Lebhafte Zustimmung.) Wir müssen vor allem eine reinliche Scheidung zwischen Juden und Deutschen vornehmen, d.h. die Juden müssen als eigene Nation anerkannt werden. […] Die Juden sollen nicht politisch entrechtet, aber ihre politischen Rechte auf das ihnen zukommende Maß beschränkt werden. An der Regierung sollen die Juden keinen Anteil haben ; zur Wahrung ihrer Interessen könnte ein jüdisches Landsmannschaftsministerium geschaffen werden.“ Nach den Vorstellungen Kunschaks sollten die Juden ihr eigenes Schulwesen ha- ben, aber an den deutschen Schulen würden sie das Lehramt nicht ausüben dürfen. „An den höheren Lehranstalten sollen Juden als Lehrer und Hörer nur im Verhältnis zu ihrer Volkszahl zugelassen werden. (Lebhafte Zustimmung.)“ Ein ruhiges Zusam- menleben mit den Juden sollte möglich sein, so Kunschak, der seine „Forderungen“ an den Gesetzgeber in sechs Punkten zusammenfasste. Der erste Punkt ist auch des- halb von Interesse, weil er fast wortidentisch im Parteiprogramm der jungen nsDaP aus dem Jahr 1920 aufscheint : „Sofortige Abschiebung aller seit August 1914 ein- gewanderten Juden ; insoweit zwingende Gründe diese Abschiebung verhindern, all- gemeine Internierung in Flüchtlingslagern.“ Am 26. Oktober 1919 marschierten, so die Reichspost9 – der verlässliche Chronist antisemitischer Regungen – auf dem Franz-Josefs-Kai „2.000 Antisemiten […], um den Ostjuden zu bezeugen, daß die Erbitterung über ihre Anwesenheit im darbenden Wien nicht nachgelassen hat“. Etwa ein halbes Jahr später – und etwa zwei Jahre vor Erscheinen des Bettauer-Romans – konnte die Reichspost einen Sieg der eigenen, anti- semitischen Art vermelden. Als „Tagesbericht“ erschien am 25. April 1920 „Das Wien Reichspost, 10. Oktober 1919, S. 1–2 ; hier S. 2. Ebd., Hervorhebung vom Verf. Reichspost, 27. Oktober 1919, S. 3.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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