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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 273 -
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„Being different where being different was definitely not good“ geborene Künstlerin Lisel Salzer gibt an, mit ihrer Familie und ihrem Freundeskreis in einem Elfenbeinturm gelebt zu haben, sodass sie die Vorzeichen der sich anbahnenden politischen Katastrophe nicht wahrgenommen habe : „Life was great, when we were young in Vienna. But we lived in an ivory tower – We did not watch what was go- ing on in the World – A dark cloud kept growing and then came the terrible terrible shock […] On March 1938 Hitler marched into Austria […] It is still very painful for me to write about these events in my life […]. Overnight there were Swasticas and ‚No Jews‘ signs all over.“ Frauen westjüdischer Herkunft definierten sich demnach in ihren Erinnerungen häufig als jene, die bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme ein absolut integ- riertes Leben geführt hatten, auch wenn im Text subtile Unterschiede im Zusammen- hang mit dem selbst gewählten Sozialisationsmilieu aufzuspüren sind. Im Gegensatz dazu ist bei Frauen ostjüdischer Herkunft das bestimmende Narrativ durch Differenz zu kennzeichnen, da diese sowohl von außen als auch zum Teil inner- halb der jüdischen Bevölkerung als anders definiert wurden. Die 1912 in Galizien ge- borene Künstlerin Juana Merino Kalfel beschreibt dies in ihren Erinnerungen, indem sie ausführt, dass sie sich in ihrer Kindheit aufgrund ihrer ostjüdischen Herkunft auf zweifache Weise ausgegrenzt fühlte : „I think in Vienna you mostly had Jewish friends. Because in my school, when I went to the ,Bürgerschule‘ in my neighborhood, you had one strike against you being Jewish, but I had two against me. The second one was when you were from Galizien […].“ Andere Frauen beschreiben, aufgrund ihres ostjüdischen Namens oder ihres jiddischen Akzentes verspottet worden zu sein. Für jene, die sich an religiöse Gebote hielten, waren Ausgrenzungen allein wegen des samstäglichen Schulunterrichts evident. Auch Frauen aus wohlhabendem ostjüdischem Elternhaus wurden mit Vorurteilen konfrontiert – wie dies u. a. die Aufzeichnungen von Charlotte Eisenklam verdeut- lichen : Die 1909 in Drohobic, Galizien, geborene Charlotte kam im Zuge des Ersten Weltkriegs mit ihrer Familie nach Wien. Da ihre Familie bereits in Drohobic zum gehobeneren Bürgertum zählte, wurde Charlotte in Wien von ihrem Vater sogleich in der prestigevollen Schwarzwaldschule angemeldet. Trotz des hohen Anteils an jüdi- schen Schülerinnen wurde sie dort aufgrund ihrer ostjüdischen Herkunft als Polnische mit Diskriminierungen konfrontiert. Ungeachtet der Tatsache, dass ihre Familie sich auch in Wien zum gehobenen jüdischen Bürgertum zählte, waren im Rahmen der Schule letztendlich subtilere Distinktionstendenzen wirksam. Lisel Salzer, Autobiography of Lisel Salzer, me 1178, usa (1998), 29. Juana Merino Kalfel, Interview der Austrian Heritage Collection, ahc 2308, New York 2002. Charlotte Eisenklam, Interview der Austrian Heritage Collection, ahc 561, New York 1999.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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