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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 382 -
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Bettina Riedmann Beer-Hofmann zu nennen, mit dem ihn die Wachsamkeit gegenüber antisemitischen Anfeindungen verband, der sich aber zunehmend der literarischen Gestaltung religiö- ser Themen zuwandte und für den Zionismus engagierte. Schnitzlers Unverständnis gegenüber dessen (wiederentdeckter) Religiosität drückt sich am deutlichsten in der Bemerkung aus, mit der er Beer-Hofmanns angekündigten Tempelbesuch kommen- tierte : „Muß man sich nun gar dahinein hetzen lassen. Richard hält es für Stolz ; es ist Nachgiebigkeit !“ Gegen alle Versuche der Ausgrenzung oder Vereinnahmung – auch von zionisti- scher Seite – setzt er sich zur Wehr mit einem trotzigen : „Wer hat zu entscheiden, wohin ich gehöre ? Ich allein.“ 9 Führt man sich also die Komplexität der Schnitzler’schen Positionsbestimmungen vor Augen, wird erneut deutlich, wie wenig aussagekräftig holzschnittartige Katego- risierungen in jüdisch/nichtjüdisch sind. Sehr treffend scheint mir die Charakterisie- rung Schnitzlers als „Dichter der Akkulturation“ von Frank Stern : „Es gehört zu den beeindruckenden literarischen Bezügen in Schnitzlers Novellen, Stücken und kurzen Prosatexten, dass […] Jüdisches und Nichtjüdischen[ !] ineins existieren, nicht neben-, sondern ineinander in all ihren inneren Verwerfungen, Unübersichtlichkeiten und Wi- dersprüchen. Das Jüdisch-Nichtjüdische ist ein permanenter innerer Dialog und oft- mals auch nur ein innerer Monolog von Schnitzlers Wiener Welt. Und selbst da, wo Positionen und Zuschreibungen vorgenommen werden, wie in Der Weg ins Freie, bleibt der Rahmen dieses Weges immer noch bestimmt, sind die Personifikationen der Zu- schreibungen viel zu ambivalent, viel zu sehr als ÖstereicherInnen und WienerInnen bestimmt, um einfach als kulturell exilierte jüdische Personen eines ansonsten nicht- jüdischen Kosmos wahrgenommen zu werden. Schnitzlers jüdisch-nichtjüdische Welt ist eine der Metropolen der Akkulturation und Arthur Schnitzler der kritische Chronist und literarische Gestalter, der Dichter der Akkulturation […].“ 0 Noch fragwürdiger werden Etikettierungen, wenn nun von der Person des/der Kunstschaffenden und ihrer Zugehörigkeit zum Judentum auf ihr Werk geschlos- Aber auch Beer-Hofmann äußerte Olga Schnitzler zufolge noch im New Yorker Exil : „Ich bin ja gar kein jüdischer Dichter. Ich bin ein österreichischer Dichter.“ Olga Schnitzler, Spiegelbild der Freundschaft, Salzburg 1962, S. 131. Schnitzler, Tagebuch 1909–1912, 10.9.1912. Zu Schnitzlers ambivalentem Verhältnis zum Zionismus und zu Theodor Herzl vgl. Riedmann, „Ich bin Jude, Österreicher, Deutscher“, S. 89–137. Schnitzler, Tagebuch 1917–1919, 27.11.1918. 0 Frank Stern, „Der Weg ins Freie. Der Dichter der Akkulturation (1862–1931) und die Angst vor der Vi- sualisierung des Jüdischen im Werk Arthur Schnitzlers (1945–2007)“, in : Thomas Ballhausen, Barbara Eichinger, Karin Moser, Frank Stern (Hg.), Die Tatsachen der Seele. Arthur Schnitzler und der Film, Wien 2006. S. 171–206, hier besonders S.180ff. Ebd., S. 198f.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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