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Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle 01
Der praxisorientierte Zugang wird in dieser Arbeit mit dem Konzept des kulturel-
len Zwischenraumes in Verbindung gesetzt. Damit ist der Bereich an den Grenzen
kultureller Kontexte gemeint, der eine Begegnungszone für Menschen aus unter-
schiedlichen bzw. als verschieden imaginierten kulturellen Sphären, im konkreten
Fall für Juden und Nichtjuden, darstellt. Als performative Aktivitäten in kulturellen
Zwischenräumen werden Handlungen bezeichnet, an denen Juden und Nichtjuden
beteiligt sind. Ähnlich wie für Performanz als methodische Herangehensweise, so gilt
auch für das Konzept des Zwischenraumes, dass damit bisherige Arbeiten über die
Geschichte der Wiener Juden, in denen sie weitgehend allein, ohne ihre Beziehungen
zu Nichtjuden, behandelt werden, nicht ihre Relevanz verlieren. Mit der Fokussierung
auf den Zwischenraum wird lediglich ein Zugang zur historiografischen Forschung
vorgestellt, von dem angenommen wird, dass er zur Erweiterung des Kenntnisstandes
über Wiener Juden beitragen kann.
Merkmale des Performativen
Performative Akte zeichnen sich durch einige Merkmale aus, von denen im Folgen-
den zwei Momente näher dargestellt werden. Es handelt sich dabei um Kriterien, die
auch wesentlich zur Unterscheidung des Performativen vom Textuellen beitragen.
Das erste Konstituens betrifft die Ko-Präsenz von HandlungsteilnehmerInnen.
Eine Praxis wird nur dann als performativ bezeichnet, wenn sie in Anwesenheit von
mindestens zwei Aktanten stattfindet. Diese stehen einander in keinem asymmetri-
schen Verhältnis gegenüber, bei dem ein Subjekt die Handlung setzt und das andere
sich als weitgehend passiver Adressat verhält, sondern sie orientieren sich aneinander
und gehen aufeinander ein. Dabei generieren sie gemeinsam kulturelle Bedeutung.
Anders als beim Verfassen eines Textes, im Zuge dessen Bedeutung von einer Person
in Isolation fixiert und erst einige Zeit später von jemand anderem rezipiert und
interpretiert wird, muss Bedeutung bei einer performativen Aktivität in Anwesenheit
beider (oder mehrerer) HandlungsteilnehmerInnen bestimmt und in diesem Sinne
interaktional konstituiert werden.
Ein weiteres Moment eines performativen Aktes liegt im transitorischen Charakter
der dabei generierten kulturellen Bedeutungen. Sie werden im Vollzug der Hand-
Erika Fischer-Lichte, Theater als Modell für eine performative Kultur. – Zum performative turn in der
europäischen Kultur des 20. Jahrhunderts, Saarbrücken 2000, S. 23.
Martin Fuchs, „Erkenntnispraxis und die Repräsentation von Differenz“, in : Aleida Assmann, Heidrun
Friese (Hg.), Identitäten. Erinnerung, Geschichte, Identität 3, 2. Aufl., Frankfurt am Main 1999, S. 105–
137, S. 110 ; Peggy Phelan : Unmarked. The Politics of Performance, 2. Aufl., London 1996, S. 146.
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519