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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 429 -
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„Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Diese Form der Anpassung auf sprachlicher Ebene ist eine grundlegende jüdische Erfahrung der Zwischenkriegszeit ; und das jüdische Theater spiegelt diese Erfahrung in mehrfacher Hinsicht. Sprachliche Akkulturation findet sich in allen möglichen Schattierungen in über- lieferten Theatertexten, in denen etwa jeder Generation einer Familie eine unter- schiedliche Sprachform zugewiesen wird (Großvater-jiddisch ; Eltern-wienerisch oder böhmisch oder wienerisch-böhmisch mit jiddischen Einsprengseln ; Kinder-hoch- deutsch ). Diese Erfahrung und der Druck zur sprachlichen Anpassung spiegeln sich weiters in Dokumenten wie dem oben zitierten Schreiben ; aber auch in der Rezeption des jüdischen Theaters, sei es in jiddischer oder deutscher Sprache. „Jargontheater“ und „Theater im Jargon“ bezeichnete aber nicht nur jiddische Theateraufführungen, sondern auch sogenannte „Jargonschwänke“ und „Judenstü- cke“, die in den Zwanzigerjahren sehr populär waren. In diesen Theatertexten geht es meist um Einwandererfamilien, die auf komische Weise dargestellt werden, sprachlich sind diese Texte zwischen Deutsch, Wienerisch, Böhmisch und Jiddisch angesiedelt, ausgeformt je nach Figur und Milieu. Besonders diese Theaterstücke mit jüdischen Figuren, die einen wienerisch-jüdischen Dialekt sprechen, wurden von einem Teil der Juden als sehr problematisch empfunden. Davon zeugen heftige zeitgenössische Diskurse, wie auch folgender Artikel belegt. „Das ‚Jüdeln‘“ von P. Haller erschien am 12. Mai 1926 in der zionistischen Wiener Morgenzeitung, berichtet wird darin von einer „Protestversammlung gegen das Jüdeln“, die der assimilatorisch ausgerichtete „Zentralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ veranstaltet hatte. Haller beschreibt die Versammlung als „[…] ein löbliches Unternehmen und ebenso löblich waren die Enunziationen der deutschen Presse, die ihr folgten. In diesen wie in je- ner kommt die Entrüstung über die ‚Verhöhnung der jüdischen Religion‘ in Theater, Kabaretts usw. zum Ausdruck, inhaltlich und sprachlich geübt, mit den Mitteln des bekannten, jüdisches Wesen wiedergeben wollenden, karikierenden Witz- und Anek- dotengenres.“ Im Weiteren führt Haller aus, dass „die Revolte gegen das Jüdeln“ selbstverständ- lich sei „[…] bei jenen, welche das Judentum bejahen, ihm die Fortentwicklungs- Vgl. etwa Fritz Löhner-Beda, Der getaufte Enkel (Spielfassung), in : Niederösterreichisches Landesarchiv, Theaterzensursammlung, Karton 729. Zum Diskurs um jüdische Identität, Antisemitismus und jüdischen Selbsthass und die Verbindungen zur jiddischen Sprache, zum „Jargon“ und zum „Jüdeln“ in Bezug auf Theaterereignisse vgl. Brigitte Dalinger, „Trauerspiele mit Gesang und Tanz“. Zur Ästhetik und Dramaturgie der jüdischen Dramatik. Habilitationsschrift, Wien 2003, S. 52f. Der hier folgende Passus aus P. Hallers Artikel und dessen Aus- legung ist dieser Arbeit entnommen.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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