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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Seite - 83 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I

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83 Altkirchenslawisch nisch) mussten daher als »Moravismen« interpretiert werden, obwohl es in Mähren keinerlei Romanität gab. Die glagolitischen →  Kiewer Blätter, literaturüblich »das älteste slawische Sprachdenkmal«, sind vermutlich ein ursprünglich mit lateinischen Buchstaben geschrie- benes karantanerslowenisches Messordinarium, das von einem Schüler Methods (→  Methodvita) in glagoli- tischer Schrift abgeschrieben wurde. Das Wort visond »Kommunion« z. B. gibt es nur im Ladinischen und im Bairischen noch heute (weissaten gehen »ein neugebo- renes, getauftes Kind besuchen und Geschenke [das Weisat] mitbringen« < lat. visitare/visare). Das konnte weder Method noch ein »mährischer« Slawe wissen oder kennen. Kopitar und Miklosich gingen davon aus, dass das Entstehungsgebiet des A. Pannonien sei. Mik- losich benannte (in Radices linguae slovenicae vete- ris dialecti 1845, Die Wurzeln des Altslovenischen 1857, Lexicon linguae slovenicae veteris dialecti 1850 u. a.) die heute A. genannte Sprache als →  »Altslovenisch« (slow. staroslovenski), ausgehend von der historischen Eigen- bezeichnung slovenski. Und »um eine Verwechslung zu vermeiden«, nannte er das (moderne) Slowenisch »Neuslovenisch«. Aufgrund des heutigen Wissensstan- des ist festzustellen, dass das erste Zentrum einer sla- wischen Kirchensprache →  Karantanien und die östli- chen Grenzgebiete (confines) unter Salzburger Führung (→  Kocelj) stand. Das war das Slowenisch des ka- rantanischen Alpenraums (→  Karantanerslowenisch), dessen wichtigstes Schriftdenkmal die →  Freisinger Denkmäler sind. Diese literarische Sprachform lebte in Karantanien (Kärnten/Koroška, Steiermark/Štajerska, →  Slovenia submersa) weiter, bis mit den Bibelüberset- zungen (→  Bibel) von →  Trubar und →  Dalmatin die Grundlage für die neuere slowenische Schriftspra- che geschaffen wurde. Diese Sprache (→  Karanta- nerslowenisch) ist in die Übersetzungstexte von Ky- rill/Method († 885), die in Pannonien angefertigt wurden, eingeflossen (→  Terminologie, christliche). Das blieb jedoch von der Slawistik lange unbemerkt. Dem Method-Team in Moosburg/Zalavár gehörten auch Leute an, die mit den Texten und der Überset- zungspraxis in Karantanien (→  Maria Saal/Gospa Sveta) vertraut waren, wie sein gewünschter »in den lateinischen Schriften gut bewanderter« (→  Method- vita XVII) Nachfolger Gorazd. Der primäre Raum der ältesten slawischen Schriftsprache war Karantanien und hernach das pannonische Gebiet um Moosburg/ Zalavár. Die christliche →  Terminologie (→  Altladi- nisch) des altslowenischen Raums ist durch Method und seine Mitarbeiter zu den Bulgaren und Russen ge- langt. Die Sprachform der Method-Bibel ist altbulga- risch und bleibt in dieser Form bis zum Entstehen der neuzeitlichen Schriftsprachen die Literatursprache der orthodoxen Slawen. Man kann einen mit lateinischen Buchstaben ge- schriebenen eindeutigen Originaltext wie die Freisinger Denkmäler als →  alpenslawisch bzw. Slowenisch des Alpenraums (im Hinblick auf eine geografische Zuord- nung), als →  karantanisch (im Hinblick auf das Staats- wesen Karantanien), als →  altslowenisch oder präziser →  karantanerslowenisch (im Hinblick auf die sloweni- sche Sprachgeschichte) und als altkirchenslawisch (im Hinblick auf die Funktion, nicht allerdings im chrono- logisch damnativen Sinn Jagićs) benennen, auch wenn die älteste erhaltene Kopie erst aus dem 10. Jh. stammt. Wegen der grundlegenden Voraussetzungen für das Entstehen der ältesten slawischen Schriftsprache in la- teinischen Buchstaben im karantanisch-pannonischen Raum und der Tätigkeit der Salzburger (→  Modestus in Maria Saal/Gospa Sveta) und der karantanischen Priester in den 100 Jahren vor den »Slawenaposteln«, ganz abgesehen von der dominant ladinisch gepräg- ten christlichen Terminologie, die in alle slawischen Sprachen übernommen wurde, wäre das Glottonym altbulgarisch für das Weiterleben der Sprache der Me- thod-Bibel und ihres Textes in der südöstlichen und östlichen Slavia den irreführenden Glottonymen alt- kirchenslawisch und altslawisch vorzuziehen. Die älteste slawische Schriftsprache vorher (und in Karantanien auch nachher) aber ist erwiesenermaßen nicht irgend- ein Slawisch oder Altkirchenslawisch, sondern →  Karan- tanerslowenisch. Die Benennungen mit dem Element slawisch sind im 19. Jh. im Geist eines romantisch dif- fusen Panslawismus entstanden und im 20. Jh. oft aus nationaler Eifersüchtelei bewusst und unbewusst zur ideologischen »Entslowenisierung« (→  »Entethnisie- rung«) verwendet worden. Lit.: V. Jagić : Entstehungsgeschichte der kirchenslavischen Sprache. Wien 1900 ; W. Vondrák : Altkirchenslavische Grammatik. Berlin ²1912 ; A. Leskien : Handbuch der altbulgarischen Sprache. Heidelberg 1919 ; N. Trubetzkoy († 1938) : Altkirchenslawische Grammatik. Wien 1954 (hg. durch R. Jagoditsch) ; I. Boba : Moravia’s History Reconsidered. The Hague 1971 ; J. Hamm : Staroslavenska čitanka. Zagreb 1971 und Staroslavenska gramatika. Zagreb 1974 ; F. V. Mareš : An Anthology of Church Slavonic Texts of Western (Czech) Origin. München 1979 ; I. Boba : Wo war die »Megale Moravia« ? In : Die Slawischen Sprachen 8 (1985) 5–19 ; O. Kronsteiner : Virgil als geistiger Vater der Slawen-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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