Seite - 103 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Bild der Seite - 103 -
Text der Seite - 103 -
103
Aquileia
nungen des Kastellortes Udine (friul. Udin, slow. Vi-
dem) (983) und des Gutshofes bzw. Weilers →
Gorizia/
Gorica/Görz (1001 : villa quae Sclavorum lingua vocatur
Goriza). Dem aus einer Kärntner Grafenfamilie (Grün-
der des Klosters → Ossiach/Osoje) stammenden Patri-
archen Poppo (1019–1042) ist der machtvolle Neubau
des Doms von A. mit den eindrucksvollen Apsisfresken
zu verdanken (Einweihung der Kirche am 13. Juli 1031).
Im Kontext des »Investiturstreites« erlangte Patriarch
Sigehard 1077 die weltlichen Herrschaftsrechte
(Grafschaft bzw. Mark) in Friaul (it. Friuli, friul. Friûl,
slow. Furlanija), in → Krain/Kranjska und in Istrien/
Istria/Istra (erneuert 1093 und 1209). Diese Machtpo-
sition führte zur Bildung des sog. »Patriarchenstaates«
von A. (1077–1420), dessen Schwerpunkt in Friaul lag
(Patria del Friuli, Patrie dal Friûl). Der »Patriarchen-
staat« konnte seine Landesherrschaft als geistliches
Fürstentum des römisch-deutschen Reiches in der ers-
ten Hälfte des 13. Jh.s unter den Patriarchen Wolfger
von Erla (1204–1218) und Berthold von Andechs-
Meranien (1218–1251) zur Geltung bringen ; Letz-
terer verlegte die Residenz (vorwiegend) nach Udine.
In Nachahmung des Friesacher Pfennigs prägten die
Patriarchen von A. seit 1147 den »Agleier«. Seit dem 13.
Jh. bildete sich allmählich eine als »Parlament« bezeich-
nete Ständeversammlung des Landes Friaul unter Vor-
sitz des Patriarchen bzw. dessen Vertreters heraus. Nach
dem Tod Marquards von Randeck (1365–1381),
der als Gesetzbuch für das Land Friaul die Constitutiones
patriae Foriiulii erließ, verfiel der »Patriarchenstaat« zu-
sehends. Venedig eroberte 1418–1420 die verbliebenen
weltlichen Herrschaftsrechte des Patriarchen (Ludwig
von Teck 1412–1439) in Friaul, auf die dann Ludovico
Trevisan 1445 formell Verzicht leistete. Im umfang-
reichen Diözesangebiet Aquileias wurde 1461/62 – im
Zusammenwirken von Kaiser (Friedrich III.) und
Papst (Pius II.) – das kleine Bistum Ljubljana errichtet.
Nicht verwirklicht wurden eine Reihe frühneuzeitlicher
Bistumspläne, die den Sprengel von A. betrafen. In dem
im Archidiakonat Kärnten/Koroška (Archidiaconatus
Carinthiae) zusammengefassten Verwaltungsbereich
des Diözesansprengels von A. fungierten als Vikare
des Patriarchen der Propst von Eberndorf/Dobrla vas
als Archidiakon für das → Jauntal/Podjuna, der Abt
von → Viktring/Vetrinj als Archidiakon für das Untere
→ Rosental/Spodnji Rož, der Abt von → Arnoldstein/
Podklošter als Archidiakon für die klösterlichen Pfar-
ren im → Val Canale/Kanaltal/Kanalska dolina und im
→ Gailtal/Ziljska dolina. Das Patriarchat Grado (slow. Gradež) – dessen Sitz
bereits seit 1156 auf dem Rialto lag – hatte nur bis 1451
Bestand und wurde dann vom Patriarchat Venedig ab-
gelöst. Hingegen existierte das Patriarchat A. noch drei
Jahrhunderte. Freilich wurde das Patriarchat A., dessen
Diözesangebiet großteils auf habsburgischem Territo-
rium lag, zunehmend von Venedig abhängig, was sich
auch in der Besetzung des Patriarchenstuhles zeigte.
Die habsburgisch-venezianischen Konflikte führten
dazu, dass Kaiser Ferdinand II. 1628 dem Patriar-
chen die geistliche Jurisdiktion auf österreichischem
Gebiet untersagte. Im Jahre 1751 wurde schließlich
– im Zusammenwirken zwischen der habsburgischen
Regentin (Maria Theresia) und dem Papst (Be-
nedikt XIV.) – das Patriarchat A. aufgehoben (Bulle
Iniuncta nobis vom 6. Juli 1751 ; letzter Patriarch war
Daniele Delfino 1734–1751/60). In Nachfolge des
Patriarchats A. wurden zwei Erzbistümer mit Sitz in
Friaul eingerichtet : 1752 Gorizia/Gorica/Görz (für
den habsburgisch-innerösterreichischen Bereich) und
1753 Udine (für den venezianischen Bereich).
Lit.: S. Piussi : Bibliografia aquileiese (Antichità altoadriatiche 11).
Udine 1978 ; K. von Lanckoroński (unter Mitwirkung von G. Nie-
mann und H. Swoboda) : Der Dom von Aquileia. Sein Bau und seine
Geschichte. Wien 1906 ; vgl. Neuausgabe in Übersetzung : K. von
Lanckoroński : La basilica di Aquileia, a cura di S. Tavano. Gorizia
2007 ; H. Schmidinger : Patriarch und Landesherr. Die weltliche Herr-
schaft der Patriarchen von Aquileja bis zum Ende der Staufer (Publika-
tionen des Österreichischen Kulturinstituts in Rom I/1). Graz, Köln
1954 ; M. Ostravsky : Beiträge zur Kirchengeschichte im Patriarchate
Aquileia (Kärntner Museumsschriften 30). Klagenfurt 1965 ; P. Pa-
schini : Storia del Friuli. Udine 42003 ; Poppone. L’età d’oro del patri-
arcato di Aquileia. Catalogo a cura di S. Blason Scarel. Roma 1997 ;
R. Bratož : Il cristianesimo aquileiese prima di Costantino fra Aquileia e
Poe
tovio (Ricerche per la Storia della Chiesa in Friuli 2). Udine, Gori-
zia 1999 ; P. Cammarosano (a cura di) : Il patriarcato di Aquileia – uno
stato nell’Europa medievale. Udine 1999 ; S. Tavano, G. Bergamini (a
cura di) : Patriarchi. Quindici secoli di civiltà fra l’Adriatico e l’Europa
Centrale. Milano 2000 ; S. Tavano, G. Bergamini, S. Cavazza (a cura
di) : Aquileia e il suo patriarcato (Pubblicazioni della Deputazione di
Storia Patria per il Friuli 29). Udine 2000 ; K. H. Frankl : Patriarchat
Aquileia (ecclesia Aquileiensis). In : E. Gatz, unter Mitwirkung von C.
Brodkorb und H. Flachenecker (Hg.) : Die Bistümer des Heiligen
Römischen Reiches von ihren Anfängen bis zur Säkularisation. Ein
historisches Lexikon. Freiburg im Breisgau 2003, 37–51 ; G. Hödl :
Aquileia, Patriarchat und Patriarch von. In : W. Paravicini (bearb. von
J. Hirschbiegel und J. Wettlaufer) (Hg.) : Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Hand-
buch. Teilband 1 : Dynastien und Höfe (Residenzenforschung 15/I).
Ostfildern 2003, 471–475 ; C. Sotinel : Identité civique et christia-
nisme. Aquilée du IIIe au VIe siècle (Bibliothèque des Écoles françaises
d’Athènes et de Rome 324). Rome 2005 ; vgl. dazu : R. Bratož in :
ZČ
61 (2007) 175–200 ; S. Tavano : Da Aquileia a Gorizia. Scritti scelti.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55