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Družba sv. Cirila in Metoda
ist eine Vereinstätigkeit nicht mehr ausgewiesen. Singer
führte seine Forschungen auf privater Basis fort. Die
Bibliotheksarbeit übernahm die →
Slovenska krščansko
socialna zveza za Koroško [Slowenischer christlich-
sozialer Verband für Kärnten], ab 1936 → Slovenska
prosvetna zveza [Slowenischer Kulturverband], die
volkskundliche Arbeit wurde erst nach dem Zweiten
Weltkrieg wiederaufgenommen. Die Vereinsbibliothek
und wichtige Handschriften und Nachlässe (u. a. von
Urban →
Jarnik) gingen während des Zweiten Welt-
krieges verloren.
Lit.: B. Luschin : Pfarrer Stefan Singer und der nationale Konflikt. Eine
Mikrostudie zur südwestlichen Wörtherseeregion (1900–1914), (Phil.
Diss.). Klagenfurt 2003.
Avguštin Malle
Družba sv. Cirila in Metoda (CMD) [Gesellschaft der
hll. Kyrill und Method] und deren Filialen in Kärnten/
Koroška. Die Družba sv. Cirila in Metoda, auch Ciril-
Metodova družba (CMD) [Gesellschaft der hll. Kyrill
und Method war eine private national-verteidigende
Schulorganisation. Sie war nach dem Muster der tsche-
chischen »Zentralen Schulorganisation« zur Zeit des
slogaštvo [Eintrachtspolitik] anlässlich des 1000. Jah-
restages des 885 gestorben hl. Method im Jahre 1885
in Ljubljana gegründet worden (→ Methodvita). Sie
wurde in den Räumlichkeiten der Narodna čitalnica
[Volkslesehalle] angesiedelt (→ Lesekultur, →
Slo-
vanska čitalnica), wo später auch ihre Administration
untergebracht wurde.
Der Hauptzweck der CMD war die Einrichtung
und Erhaltung privater slowenischer Kindergärten und
slowenischer Volksschulen in jenen slowenischen Ge-
bieten der cisleithanischen Habsburgermonarchie, wo
die Schulgesetzgebung in Bezug auf die Schulsprache
ungeachtet der Sprache der lokalen Bevölkerung den
politisch stärkeren Völkern der Monarchie (Deutschen
und Italienern) ungerechtfertigt den Vorzug gab und
keine Kindergärten und Volksschulen mit slowenischer
Unterrichtssprache vorsah. Neben ihren eigenen schu-
lischen Einrichtungen unterstützte die CMD auch
öffentliche slowenische Volksschulen und deren slowe-
nische Lehrer und Schüler sowohl finanziell als auch
mit Lehrmitteln, Kleidung und bei der Errichtung von
Schulgebäuden. Die CMD erhielt ihre Einrichtungen
fast ausschließlich aus freiwilligen Spenden. Zu diesem
Zwecke gründete sie in → Krain/Kranjska, der Steirer-
mark/Štajerska, Kärnten/Koroška, auf dem Gebiet von → Gorizia/Gorica/Görz, Istrien und → Trieste/Trst/
Triest, in Wien, Leoben und Graz ein Netzwerk von
Filialen. Diese erfüllten neben ihrem Hauptzweck, dem
Sammeln von Geldmitteln, mancherorts auch die Rolle
slowenischer kultureller und volksaufklärender Zentren.
Bis zum Jahre 1914 waren über 330 solcher Filialen ge-
gründet worden. Den Höhepunkt ihrer Aktivität er-
reichte sie 1913 mit 284 Filialen, die meisten Mitglie-
der, nämlich 18.653, zählten sie in im Jahre 1914. Es
gab rein weibliche oder männliche Filialen, aber auch
gemischte (weiblich/männlich) Filialen. In den weib-
lichen Filialen konnten sich die Frauen in der damals
in der Habsburgermonarchie noch extrem patriarcha-
len Gesellschaft erstmals in öffentlichen Funktionen
gleichberechtigte Geltung verschaffen. In Kärnten/
Koroška wirkte die CMD bis zum Zerfall der Habs-
burgermonarchie. Auf dem Gebiet des neu entstande-
nen Staates → Jugoslawien konzentrierte sie ihre Tä-
tigkeit auf die Unterstützung von öffentlichen Schulen
im slowenischen Grenzgebiet und der Angehörigen
der slowenischen Minderheiten, die vom Mutterland
abgeschnitten waren, insbesondere jene in Österreich
und Italien. Bis zum Jahre 1914 gründete die CMD
8 eigene Volksschulen, davon eine in St. Ruprecht/
Šentrupert bei → Völkermarkt/Velikovec (→ Schul-
schwestern, slowenische) und 21 eigene Kindergärten.
Zwei weitere erhielten ihre Unterstützung. Im Schul-
jahr 1913/14 beherbergte sie in ihren Einrichtungen
1.794 Kinder im Vorschulalter und 2.514 Schulkin-
der. Die größten Erfolge konnte die CMD in Trieste/
Trst/Triest verzeichnen, wo bis zum Jahre 1914 18.178
Schüler ihre Einrichtungen besucht hatten.
Die CMD war trotz der bescheidenen slowenischen
Verhältnisse eine Antwort auf das Wirken der deut-
schen privaten Schulorganisation Deutscher Schul-
verein (→ Deutschnationale Vereine) und des itali-
enischen Pro Patria und der Lega Nazionale, hinter
denen neben den heimischen nationalistischen Kreisen
Italien bzw. Deutschland standen. Zum Unterschied
zu deren agressiver Tätigkeit auf slowenischem eth-
nischen Gebiet hatte die Tätigkeit der CMD ausge-
sprochen defensiven Charakter. Sie arbeitete im Geiste
des slogaštvo und war vorwiegend liberal eingestellt.
Im Jahre 1908 war es auch innerhalb der CMD, im
Hinblick auf die allgemeinen slowenischen Verhält-
nisse mit einiger Verspätung, zur Trennung der Geister
zwischen den mehrheitlich liberalen und den minder-
heitlich katholisch-nationalen Mitgliedern gekommen.
Letztere, die Mehrheit katholische Priester, traten aus
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55