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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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317 »Entethnisierung« Peter Gstettner, Erinnern an das Vergessen, Radio Agora lungen keine Dauerausstellung und auch keine syste- mische Integration slowenischer kulturgeschichtlicher Aspekte in einer an sich dazu berufenen zentralen Lan- deseinrichtung dar.) Wie sehr sich der kärntnerslowenische wissenschaft- liche Diskurs – wenn man ihn so bezeichnen kann – auch von manchen Erscheinungen in Slowenien unter- scheidet (die aber auch nicht zum Mainstream zählen), zeigt ein Beitrag von Kosi (2010) auf. Dieser verneint kategorisch die »tausendjährige« (wie er es nennt) his- torische Kontinuität der Slowenen, da die moderne Nation erst ab der Mitte des 19. Jh.s entstanden sei, weshalb vom Gebrauch des Terminus des slowenischen ethnischen Territoriums als Hilfsmittel für die geogra- fische Einschränkung der historiografischen Forschung Abstand zu nehmen sei. Damit wäre die Grundlage ge- schaffen, gänzlich unbelastet und unvoreingenommen Archivmaterialien zu lesen und man wäre davon befreit, überall national-aufklärerische Intentionen in der ers- ten Hälfte des 19. Jh.s suchen zu müssen. Begründet wird diese Verneinung der Kontinuität etwa damit, dass sich Trubar selbst immer nur als Krainer bezeichnet habe, oder mit der Kritik der Soziobiologie. In seiner suggestiven Form und Botschaft bleibt dieser Ansatz natürlich die Antwort schuldig, ob und inwieweit ältere einschlägige tradierte sprachliche, kulturelle, politische, rechtliche, mythologische u. a. Erscheinungsformen vor der Mitte des 19. Jh.s überhaupt von einer »sloweni- schen« Historiografie behandelt werden dürften und wieweit diese die Grundlage für spätere Erscheinungs- formen bildeten, da sich diese notwendigerweise auf einem – in historischen Phasen durchaus unterschied- lichen – geografischen Gebiet manifestierten. Damit wird gleichsam die gesamte Genese moderner sprachli- cher, kultureller usw. Erscheinungsformen bei den Slo- wenen, aber auch in Kärnten/Koroška und Österreich allgemein der wissenschaftlichen Forschung entzogen, was neben der Tatsache, dass die Slowenen als solche in ihrer historischen Genese, ihren durchaus vielfältigen parallelen territorialen →  Identitäten, infrage gestellt und als Konstrukt des 19. Jh.s dargestellt werden, wis- senschaftlich und epistemologisch nicht zielführend ist. Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass etwa 1999 Fahlbusch auf die besondere Verantwortung der Wissenschaft und der historischen Mittäterschaft von Wissenschaftern im NS-Verbrecherregime hinweist, was von weiteren Autoren wie Svatek (2010) oder Stoy (2007) jeweils in Aspekten oder global bestätigt wird. So beteiligte sich der Slawist Viktor Paulsen (1913–1987) – und Autor einer unveröffentlichten di- alektologischen Dissertation bei Prof. A. →  Trubetz- koy zur Lautlehre des slovenischen Gailtaler dialektes in Kärnten (1935) – bereits vor dem Krieg als Angehöri- ger der Wiener Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft in der Förderung des Deutschtums in Slawonien, aber auch im Gebiet des heutigen Sloweniens. Während des Zweiten Weltkrieges war er in einschlägiger Funktion am Raub von Archivalien in Jugoslawien und in der Sowjetunion beteiligt (er brachte es bis zum SS-Un- tersturmbannführer), wobei diese Archivalien teilweise dazu benutzt wurden, um, wie Svatek (2010 : 133) es mit einem historischen Begriff beschreibt, »ethno- graphische Flurbereinigung« durchzuführen. Zur his- torischen Verantwortung der Germanistik insgesamt äußert sich Krahberger unter Bezugnahme auf die Lebensläufe so mancher ihrer Vertreter in ähnlicher Form. In Übrigen stellt Trummer in Bezug auf das sla- wische/slowenische Erbe in der österreichischen Stei- ermark ebenso eine, wie er es nennt, Verdrängung aus dem Bewusstsein und das Vergessen in der Öffentlich- keit, in der Politik, in der Schule und im fachwissen- schaftlichen Leben fest, was durchaus Analogien zu Kärnten/Koroška aufweist. Gesellschaftspolitische Folge ist u. a. eine fortschrei- tende eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit (kogni- tive Dissonanz) gegenüber dem Slowenischen im Land und eine Minderung der gesellschaftlichen Toleranz gegenüber den Slowenen bzw. die Negation der Grund- und Menschenrechte (→  Schulwesen, →  Amtssprache, →  Ortsnamen) sowie ein tief liegendes Unvermögen, diese als demokratischen Mindeststandard zu akzeptie- ren. Eine solchermaßen eingeschränkte wissenschaftli- che Tätigkeit konnte und kann allerdings auch keinen Beitrag zur allgemeingesellschaftlichen Zukunftsfähig- keit des Landes leisten. Nicht unberücksichtigt gelassen darf in diesem Kon- text die durchaus nachvollziehbare moderne Kritik an einer (sachlich nicht nachvollziehbaren) Ethnisie- rung und ›Kulturalisierung‹ der Geschichtsschreibung. Denn das vermeintliche Gegenstück einer übermäßi- gen Ethnisierung, der regionalhistorische Ansatz in der Geschichtsschreibung, kann, unter dem Vorwand der Überwindung nationaler Geschichtsschreibung, durch- aus seinerseits als ideologisches Mittel der Exklusion und des Ethnozentrismus dienen. Die nationalideolo- gisch bewusste oder aufgrund von kognitiven Disso- nanzen unbewusst transportierte E. der slowenischen
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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