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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Seite - 356 -
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356 Frauen im ländlichen Raum in Südkärnten/Južna Koroška sitzer landwirtschaftlicher Güter weniger als 5  ha Land und 21 % mehr als 20  ha. Die erhaltenen →  Quellen aus dieser Zeit bezeugen die wirtschaftliche Rolle der Frauen und gleichzeitig ihre gesellschaftliche Unterordnung. Eine Darstellung der Rolle der Frau im agrarisch geprägten Zeitalter auf- grund von Einkommensnachweisen außerhalb des fami- liären Rahmens würde die Auffassung ihrer Minderwer- tigkeit ihrer Arbeit reflektieren, da sie bis heute nicht in Geldwert ausgedrückt wird. Die Geschlechterteilung bei der Arbeit und die Diskrepanz zwischen der tatsächli- chen Bedeutung der Frauenarbeit und ihrer gesellschaft- lichen Wertung erfordern eine umfassende Sichtweise, bei der alle von Frauen verrichteten Arbeiten berück- sichtigt und bewertet werden. Die neuzeitige Teilung in bezahlte und nicht bezahlte Arbeit hat nämlich das Bild der Frauenarbeit geprägt und den Marktpreis des- sen beträchtlich verfälscht, was bezahlt wird und was als Beitrag zur Haushalts- und Selbstversorgung angesehen wird. Die Frauen verrichteten nämlich immer jede Ar- beit, unabhängig von deren geschlechtlicher Zuordnung, während die Männer keine Frauenarbeit übernahmen. Trotz der kulturellen Unterschiede ist das Modell von Margaret Mead universell, wonach alle alles tun kön- nen, solange es nicht als Frauenarbeit angesehen wird. Mit der Industrialisierung wurden jene Tätigkeiten, die mit der Selbstversorgung für das Überleben der Fami- lie verbunden waren und die keinen unmittelbaren Ver- dienst generierten, zu Frauenarbeit. Jene Tätigkeiten, die marktorientiert und gut bezahlt waren, wurden zu Män- nerarbeit, obwohl in allen Gesellschaften die Frauen mit ihren Überlebensstrategien die Lebenshaltungskosten im weitesten Sinn deutlich verringerten. Nach der Proletarisierung der männlichen Arbeits- kraft wurden zwar die ersten Industriearbeiter bereits in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jh.s als Inwoh- ner bzw. Untermieter in den Personenstandsbüchern eingetragen (in den angeführten Orten bereits 1888), doch können ihre Familien noch nicht als typische Arbeiter- oder Handwerksfamilien betrachtet werden. Sieder meint zwar, dass die ersten Arbeiter die Fa- milie als wirtschaftliche Einheit durch die bezahlte Beschäftigung ersetzten, dass aber ihre Frauen für das Überleben Arbeiten verrichteten, die die Mutterschaft und den Haushalt weit übertrafen, weshalb das Über- leben der Familie wegen des agrarischen Hintergrunds noch lange auf einer dualen Wirtschaft beruhte. Da die bäuerliche Wirtschaft auf dem Grundbesitz beruhte und gleichzeitig arbeitskräfteintensiv war, war die Erbschaft Voraussetzung für die Heirat und die ei- gene Unabhängigkeit. In den untersuchten Orten bzw. im unersuchten Gebiet Südkärntens galten die Unteil- barkeit bzw. das Alleinerbrecht. In der Regel erbte der älteste Sohn, der nach der Übernahme des Hofes sog. Pflichtteile auszahlte. Frauen erbten nur, wenn kein männlicher Nachfahre vorhanden oder wenn dieser nicht geschäftsfähig war. Die Pflichtteilsempfänger, sog. weichende Kinder, bildeten eine vielfältige Gruppe, die sich von den Bauern durch ihre gesellschaftliche Lage unterschied. Der gesellschaftliche Status der zukünftigen Ehe- leute zeigt die soziale Endogamie auf, doch wurde die Grenze zwischen dem bäuerlichen Stand und den Landarbeitern oft überwunden. Ein zeitweiliges Aus- scheren aus dem solchermaßen privilegierten Bauern- stand war vor allem vor der Hochzeit die Regel, da sich zahlreiche Bauernsöhne und -töchter vor der Hofüber- nahme oder Hochzeit ihren Lebensunterhalt anderswo verdienten. Auch die Wahl der Ehepartner kann nicht getrennt von der bäuerlichen Wirtschaft gesehen werden. Der unteilbare landwirtschaftliche Besitz verhinderte die Gründung neuer, eigenständiger Existenzen und führte zu einer großen Zahl von unverheirateten Personen. Erst Mitte des 20. Jh.s ermöglichte erstmals in der eu- ropäischen Geschichte ein regelmäßiges monatliches Gehalt, sofern sie eine regelmäßige Arbeit hatten, allen erwachsenen Staatsbürgern die Ehe und die Gründung einer Familie. Die ersten Hebammenkurse wurden z. B. in Kla- genfurt/Celovec 1753 organisiert und der Unterricht soll bis 1893 in slowenischer Sprache abgehalten worden sein. Die allgemeine Landeskrankenanstalt mit einer Geburtenstation wurde 1784 errichtet. In den Geburtenstationen wurde bis zu den ersten Jahr- zehnten des 20. Jh.s praktischer Unterricht der Heb- ammen nur unverheirateten Müttern und Frauen in Not erteilt, nicht aber verheirateten Frauen und Witwen. Bis aber eine bäuerliche Frau aus St.  Johann im Rosental/Šentjanž v Rožu erstmals die Gebur- tenstation in Anspruch nehmen konnte, vergingen 149 Jahre. In Österreich wurden erstmals 1842 im Strafgesetzbuch Strafen für Geburtshilfe von Per- sonen ohne Ausbildung oder Genehmigung vor- gesehen ; bis dahin halfen ungeprüfte Hebammen Frauen bei der Geburt. Kinder wurden in die häusliche Wirtschaft je nach ihren Fähigkeiten eingebunden. Ihre Sozialisierung war
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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