Seite - 92 - in Vorlesungen über Thermodynamik
Bild der Seite - 92 -
Text der Seite - 92 -
Der zweite Hauptsatz der Wa¨rmetheorie 92
sich dann in ganz derselben Weise die entsprechenden U¨berlegungen,1 so
daß wir uns nun darauf beschra¨nken ko¨nnen, gleich das allgemeine Resultat
auszusprechen: Es ist auf keinerlei Weise mo¨glich, die Entropie
eines Systems von Ko¨rpern zu verkleinern, ohne daß in an-
deren Ko¨rpern A¨nderungen zuru¨ckbleiben. Wenn also irgend ein
System von Ko¨rpern auf irgend eine Weise, durch beliebige physikalische
und chemische A¨nderungen, in einen anderen Zustand u¨bergegangen ist,
ohne in anderen Ko¨rpern A¨nderungen zuru¨ckzulassen, so ist die Entropie
des Systems im Endzustand entweder gro¨ßer, oder, im Grenzfall, ebensogroß
wie im Anfangszustand. Im ersten Fall ist der Prozeß irreversibel, im
zweiten reversibel.
§ 133. Die bisher stets notwendige Beschra¨nkung, daß in anderen
Ko¨rpern keine Vera¨nderungen zuru¨ckgeblieben sind, la¨ßt sich einfach
dadurch aufheben, daß man alle von etwaigen Vera¨nderungen betroffenen
Ko¨rper mit in das betrachtete System hineinbezieht. Dann lautet der
Satz folgendermaßen: Jeder in der Natur stattfindende physi-
kalische und chemische Prozeß verla¨uft in der Art, daß die
Summe der Entropien sa¨mtlicher an dem Prozeß irgendwie
beteiligten Ko¨rper vergro¨ßert wird. Im Grenzfall, fu¨r reversible
Prozesse, bleibt jene Summe ungea¨ndert. Dies ist der allgemeinste Ausdruck
des zweiten Hauptsatzes der Wa¨rmetheorie.
§134. Wie die Unmo¨glichkeit des perpetuum mobile erster Art zum
ersten Hauptsatz, dem Prinzip der Erhaltung der Energie, fu¨hrt, so hat uns
die Unmo¨glichkeit des perpetuum mobile zweiter Art zum zweiten Hauptsatz
gefu¨hrt, den wir daher passend als das Prinzip der Vermehrung der
Entropie bezeichnen.2 Man kann diesem Prinzip in speziellen Fa¨llen noch
andere Formen geben, welche fu¨r die praktische Anwendung gewisse Vorzu¨ge
1Bezu¨glich der Verallgemeinerung des in §124 fu¨r ein ideales Gas bewiesenen
Satzes auf beliebige Substanzen erhebt sich eine gewisse Schwierigkeit fu¨r den Fall
einer inkompressibeln Substanz, weil eine solche ihr Volumen u¨berhaupt nicht a¨ndern
kann und daher auch keiner irreversibeln Ausdehnung fa¨hig ist. Fu¨r diesen Fall la¨ßt
sich aber der Beweis leicht erga¨nzen durch Zuhilfenahme eines idealen Gases, welches
man mit der Substanz in wa¨rmeleitende Verbindung bringt und dadurch die Entropie
der Substanz in passender Weise vera¨ndert.
2Daß der erste Hauptsatz durch eine Gleichung, der zweite aber nur durch
eine Ungleichung ausgedru¨ckt wird, ru¨hrt natu¨rlich daher, daß der Satz von der
Unmo¨glichkeit des perpetuum mobile erster Art auch umkehrbar ist, d. h. Arbeit la¨ßt
sich weder absolut schaffen noch absolut vernichten, wa¨hrend dagegen der Satz von
der Unmo¨glichkeit des perpetuum mobile zweiter Art keine Umkehrung zula¨ßt, da es
sehr wohl mo¨glich ist, eine Maschine zu konstruieren, welche weiter nichts bewirkt als
Verbrauch von Arbeit und entsprechende Erwa¨rmung eines Reservoirs.
zurück zum
Buch Vorlesungen über Thermodynamik"
Vorlesungen über Thermodynamik
- Titel
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Autor
- Max Planck
- Verlag
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Ort
- Berlin und Leipzig
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Kategorien
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253