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System von beliebig vielen unabha¨ngigen Bestandteilen 167
und daß der Sauerstoff des Knallgases von flu¨ssigem Wasser sta¨rker
absorbiert wird als der Wasserstoff, erha¨lt man, trotzdem nur vollsta¨ndige
H2O-Moleku¨le zum Aufbau des Systems verwendet worden sind, verschiedene
Gewichtsverha¨ltnisse der beiden Elemente H und O in beiden Phasen des
Systems Wasser — Wasserdampf, und damit nicht einen, sondern zwei
unabha¨ngige Bestandteile im System. Dasselbe gilt natu¨rlich, wenn von
vornherein H oder O im U¨berschuß vorhanden ist.
Eine wa¨ßrige Lo¨sung von Schwefelsa¨ure bildet ein System von drei
chemisch einfachen Stoffen: S, H, O, aber nur von zwei unabha¨ngigen
Bestandteilen, da die Masse des O durch die von S und von H in jeder
Phase (z.B. flu¨ssige Lo¨sung, Dampf, Eis) von vornherein mitbestimmt ist,
wa¨hrend S und H sich nicht in jeder Phase von vornherein gegenseitig
bestimmen. Ob nun in der Lo¨sung sich das Moleku¨l H2SO4 irgendwie
dissoziiert oder ob sich Moleku¨lkomplexe oder Hydrate bilden oder nicht,
a¨ndert an der Zahl der unabha¨ngigen Bestandteile des Systems nichts.
§ 199. Bezeichnen wir die Zahl der unabha¨ngigen Bestandteile eines
Systems mit α, so ergibt sich aus der fu¨r diese Zahl aufgestellten Definition,
daß der Zustand einer bestimmten Phase des Systems im thermodynamischen
Gleichgewicht bestimmt ist durch die Massen der α in ihr enthaltenen
unabha¨ngigen Bestandteile, und außerdem durch die Temperatur T und
den Druck p. Dabei nehmen wir der Gleichfo¨rmigkeit halber an, daß ein
jeder der α unabha¨ngigen Bestandteile in jede Phase des Systems mit einer
gewissen Menge eingeht, welche in speziellen Fa¨llen auch verschwindend
klein sein kann. Die Wahl der Temperatur und des Druckes als unabha¨ngige
Variable bedingt in der Form der folgenden Gleichungen eine gewisse
Abweichung von denen des vorigen Kapitels, wo neben der Temperatur
das spezifische Volumen als unabha¨ngige Variable diente. Doch ist hier die
Einfu¨hrung des Drucks bequemer, weil derselbe im Gleichgewichtszustande
allen frei aneinandergrenzenden Phasen des Systems gemeinsam ist und
deshalb auch in der Regel leichter gemessen werden kann.
§ 200. Wir denken uns nun die Gesamtmassen der α unabha¨ngigen
Bestandteile des ganzen Systems: M1, M2,... Mα als gegeben und fragen
nach dem thermodynamischen Gleichgewicht. Von den verschiedenen fru¨her
fu¨r ein beliebiges System aufgestellten Formen der Gleichgewichtsbedingung
benutzen wir hier am besten diejenige, welche in der Gleichung (79)
ausgesprochen ist:
(141) δΦ = 0,
gu¨ltig fu¨r jede beliebige mit den gegebenen Bedingungen vertra¨gliche
Zustandsa¨nderung, bei der die Temperatur T und der Druck p ungea¨ndert
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Buch Vorlesungen über Thermodynamik"
Vorlesungen über Thermodynamik
- Titel
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Autor
- Max Planck
- Verlag
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Ort
- Berlin und Leipzig
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Kategorien
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253