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System von beliebig vielen unabha¨ngigen Bestandteilen 175
Hier ist die Zahl der Phasen um Eins geringer als die der unabha¨ngigen
Bestandteile, und die innere Beschaffenheit aller Phasen ha¨ngt also außer
von Temperatur und Druck auch von einer dritten willku¨rlich zu wa¨hlenden
Variabeln ab. So ist z.B. α= 3, β= 2 fu¨r eine wa¨ßrige Lo¨sung zweier
isomorpher Substanzen (Kaliumchlorat und Thalliumchlorat) in Beru¨hrung
miteinemMischkristall,welcheralsphysikalischhomogenerKo¨rpereineeinzige
Phase darstellt. Bei Atmospha¨rendruck und einer bestimmten Temperatur
wird je nach der Zusammensetzung des Mischkristalls die Konzentration
der Lo¨sung eine verschiedene sein, so daß man von einer
”
gesa¨ttigten“
Lo¨sung der beiden Substanzen von bestimmter Zusammensetzung gar nicht
sprechen kann. Erst wenn außer dem Mischkristall sich noch eine zweite
feste Phase, etwa ein zweiter anders beschaffener Mischkristall, aus der
Lo¨sung niederschla¨gt, wird die innere Beschaffenheit des Systems durch
Temperatur und Druck allein bestimmt. Die experimentelle Untersuchung der
Gleichgewichtszusta¨nde solcher Systeme kann auch umgekehrt dazu dienen,
um an der Hand der Phasenregel zu entscheiden, ob ein aus einer wa¨ßrigen
Lo¨sung zweier Stoffe erhaltener fester Niederschlag der beiden Stoffe eine
einzige Phase, also z.B. einen Mischkristall von vera¨nderlicher Konzentration
bildet, oder ob die beiden Stoffe in zwei ra¨umlich aneinandergrenzenden
Phasen anzunehmen sind. Denn offenbar trifft die zweite oder die erste
Annahme zu, je nachdem die Konzentration der angrenzenden wa¨ßrigen
Lo¨sung bei bestimmter Temperatur und bestimmtem Druck eine ganz
bestimmte ist oder nicht.
§ 210. Wenn die Ausdru¨cke der Funktionen Φ′, Φ′′, .. . fu¨r jede einzelne
Phase bekannt sind, so kann man aus den Gleichungen (149) unmittelbar
alle Einzelheiten eines Gleichgewichtszustandes des Systems entnehmen.
Jenes ist aber im allgemeinen durchaus nicht der Fall; wenigstens la¨ßt
sich u¨ber die Abha¨ngigkeit jener Funktionen von den Massen der in
den einzelnen Phasen enthaltenen Bestandteile im allgemeinen nur das
aussagen, was schon oben (§201) hervorgehoben wurde, daß sie na¨mlich
homogen und vom ersten Grade sind. Was dagegen ihre Abha¨ngigkeit von
Temperatur und Druck betrifft, so ist diese insofern bekannt, als sich, wie
wir in §152a, Gleichung (79b), gesehen haben, die Differentialquotienten
der charakteristischen Funktion Φ nach p und T auf meßbare Gro¨ßen
zuru¨ckfu¨hren lassen, und dieser Umstand gestattet weitgehende Schlu¨sse zu
ziehen in bezug auf die Abha¨ngigkeit des Gleichgewichts von Druck und
Temperatur (§211).
Wenn es sich darum handelt, die charakteristische Funktion Φ mit
Hilfe physikalischer Messungen als Funktion aller unabha¨ngigen Variabeln
direkt darzustellen, so geht man am zweckma¨ßigsten aus von dem in
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Buch Vorlesungen über Thermodynamik"
Vorlesungen über Thermodynamik
- Titel
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Autor
- Max Planck
- Verlag
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Ort
- Berlin und Leipzig
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Kategorien
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253