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Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszusta¨nde 228
Die namentlich bei starken Elektrolyten beobachteten Abweichungen
vom Ostwaldschen Verdu¨nnungsgesetz lassen sich durch den Umstand
erkla¨ren, daß die elektrische Leitfa¨higkeit einer Lo¨sung nicht immer ein
Maß fu¨r den Dissoziationszustand liefert. Nach J. C. Ghosh1 sind na¨mlich
in den verdu¨nnten Lo¨sungen starker Elektrolyte, wie KCl und NaCl, die
Salzmoleku¨le so gut wie vollsta¨ndig in ihre Ionen dissoziiert, aber von
den Ionen tra¨gt dennoch nur ein gewisser Bruchteil zur Elektrizita¨tsleitung
bei, weil die langsamer bewegten Ionen durch die Anziehungen der ihnen
benachbarten entgegengesetzt geladenen Ionen zuru¨ckgehalten werden. Mit
steigender Verdu¨nnung der Lo¨sung wa¨chst dieser Bruchteil, wegen der
Abnahme des Einflusses jener Anziehungskra¨fte, und daraus ergibt sich
eine Zunahme der Leitfa¨higkeit mit der Verdu¨nnung, nach einem Gesetz,
dessen Begru¨ndung hier nicht gegeben werden kann, weil es sich bei der
elektrischen Leitung nicht um Gleichgewichtszusta¨nde handelt. Dasselbe
weicht sowohl vom Ostwaldschen Verdu¨nnungsgesetz als auch von dem
unten in §273 abgeleiteten Gesetz der Gefrierpunktserniedrigung bzw. des
osmotischen Druckes starker Elektrolyte in wesentlichen Punkten ab.
§ 263. Gewo¨hnlich wird in der Lo¨sung eines Stoffes nicht eine einzige,
sondern eine große Anzahl von chemischen Reaktionen mo¨glich sein, und
dementsprechend entha¨lt das vollsta¨ndige System eine lange Reihe von
Moleku¨larten. Wir wollen hier beispielsweise noch den Fall eines Elektrolyten
behandeln, der sich auf verschiedene Weise in Ionen spalten kann, na¨mlich
eine wa¨ßrige Lo¨sung von Schwefelsa¨ure.
Das System ist nach (216):
n0H2O, n1H2SO4, n2 +
H, n3 −
HSO4, n4 −−
SO4.
Die Gesamtzahl der Moleku¨le ist:
n=n0 +n1 +n2 +n3 +n4 (nahe gleich n0).
Die Konzentrationen sind:
c0 = n0
n , c1 = n1
n , c2 = n2
n , c3 = n3
n , c4 = n4
n .
Hier kommen zwei verschiedenartige Umwandlungen:
ν0 :ν1 :ν2 :ν3 :ν4 = δn0 : δn1 : δn2 : δn3 : δn4
1Inanendra Chandra Ghosh, Trans. Chem. Soc. 1918, vol. 113, p. 449.
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Buch Vorlesungen über Thermodynamik"
Vorlesungen über Thermodynamik
- Titel
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Autor
- Max Planck
- Verlag
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Ort
- Berlin und Leipzig
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Kategorien
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253