Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast
vom 07.04.2020, aktuelle Version,

Basaltsteinbruch Weitendorf

Basaltsteinbruch Weitendorf (2018), mit Splitt brecher und Sortieranlage

Der Basaltsteinbruch Weitendorf ist ein Steinbruch in den Marktgemeinden Wildon und Dobl-Zwaring im österreichischen Bundesland Steiermark. Das Basaltvorkommen geht auf den Vulkan von Weitendorf, einen mittelmiozänen Schildvulkan, zurück. Bekanntheit erlangte er als Minerallagerstätte und Fundort zahlreicher Fossilien. Teile des Steinbruchs sind seit 1985 als Naturdenkmal ausgewiesen.

Lage und Umgebung

Der Steinbruch liegt im unteren Kainachtal am Südende des Kaiserwaldes. Die Steinbruchoberkante direkt an der Weitendorferstraße (L603) befindet sich auf einer Seehöhe von 305 m ü. A. am linken Flussufer. An dieser Stelle weist das südseitig vom Steinbruchriegel (369 m) begrenzte Tal – vor seiner Mündung ins Grazer Feld – eine geologisch bedingte Verengung gegenüber dem breiten Kainachboden flussaufwärts auf. Die namensgebende Ortschaft Weitendorf, bis Ende des Jahres 2014 eine eigenständige Gemeinde, gehört zur Marktgemeinde Wildon und liegt gut 1 km östlich des Basaltbruchs. Etwa 700 m nordwestlich des Steinbruchrandes befindet sich die Ortschaft Steindorf, deren Name vermutlich in Zusammenhang mit dem Basaltvorkommen steht.[1][2] Die Landeshauptstadt Graz ist rund 19 km entfernt.

Vulkan von Weitendorf

Geologie

Weitendorfer Basalt als „Steindorfer Stein“ 2000 bei Steindorf gesetzt

Vor etwa 18 Mio. Jahren begann sich das Steirische Becken im Zuge tektonischer Prozesse zu senken. Mit der fortschreitenden Absenkung drang das Wasser der Paratethys von Südosten her in das Becken ein und es bildete sich eine Meeresbucht mit aktivem Vulkanismus. Erdbeben und am Meeresgrund auftretende heiße Quellen ließen glutflüssiges Magma durch Spalten und Klüfte an die Erdoberfläche gelangen und den Meeresboden um Weitendorf und Wundschuh auf einer Fläche von 10 km² mit einer bis zu 40 m mächtigen Basaltdecke überziehen. Der Vulkan, dessen Existenz erstmals in den 1830er-Jahren vermutet wurde, war nur kurze Zeit aktiv und verzeichnete nur wenige Ausbrüche. Wie auch in der Oststeiermark wird die Krustenausdünnung am Rand des Pannonischen Beckens bei gleichzeitiger Emporhebung der Alpen als Auslöser angenommen. Mithilfe der Radiometrie konnte ein Alter von 14,5 bis 15 Mio. Jahren ermittelt, anhand der dünnflüssigen Lava, ähnlich der hawaiianischen Vulkane, der Typus Schildvulkan bestimmt werden.[3] Eine Folgeerscheinung des Vulkanismus ist die anerkannte Heilquelle Sauerbrunn bei Hengsberg.[4]

Schichtfolge im Steinbruch

Der Weitendorfer Basalt ist genau genommen ein kaliumbetonter basaltischer Trachyandesit (Shoshonit, Feld S2 im TAS-Diagramm).[5] Dieses dunkelgraue bis schwarze Eruptivgestein bildet die unteren zwei Drittel der Steinbruchwand und zeigt teilweise eine säulige Absonderung, die Oberfläche ist 2 bis 3 m tief kugelig verwittert. Das Hangende bilden blaugraue Mergel und Sande des unteren Badeniums, die wiederum 4 bis 5 m mächtig von den eiszeitlichen Schottern und Lehmen der Kaiserwaldterrasse überlagert werden. Unter dem Basalt befindet sich eine Schicht fossilführender ebenso unterbadenischer Tonmergel, die erstmals im Zuge der Tieferlegung der Steinbruchsohle in den 1950er-Jahren freigelegt wurde.[3][5]

Mineralogie und Paläontologie

Funde besonders formschöner und farbenprächtiger Minerale sowie seltener Fossilien brachten dem Weitendorfer Vulkan unter Wissenschaftlern und Mineralsammlern ab dem frühen 20. Jahrhundert[5] internationales Renommee ein.

Durch schnelles Erstarren der Lava unter Wasser und dem daraus resultierenden Gasverschluss entstanden Geoden im Basalt, die durch eine reichhaltige Mineralführung charakterisiert sind. An den Wänden bildeten sich aus wässrigen Mischphasen Kristalle verschiedener Karbonate sowie einiger Siliciumdioxid-Modifikationen, Sulfide und seltene Zeolithe. Verschiedenfarbige Calcite und über 10 cm lange Aragonite in Verbindung mit Chalcedon und/oder Quarzkristallrasen waren ebenso von Interesse wie von Sepiolithfasern citrinfarbene Quarze, gebänderte Achate und intensiv blau gefärbte Krusten von CT-Opal mit kleinen, darauf verteilten Pyritkristallen. Letztere erhielten von Sammlern den Namen „Weitendorfer Sternenhimmel“. Seltener aufgefunden wurden die Minerale Hyalit, Klinoptilolith und Harmotom sowie – in mikroskopischen Dosen – Tief-Cristobalit, Pseudobrookit, Granat, Malachit, Brochantit und Antlerit.[3]

Der Bereich zwischen Weitendorf, Pöls, Preding und Groß Sankt Florian präsentierte sich im mittleren Miozän als tropische Lagune, die durch die Mittelsteirische Schwelle vom offenen Meer abgeschirmt war. Dadurch bestand ein Habitat für Muscheln, Schnecken, Krabben und Seeigel. In den Tonmergeln des Steinbruchs wurden über 100 verschiedene Spezies nachgewiesen, wovon die Turmschneckenart Turritella badensis in einem bis zu 50 cm mächtigen Horizont geradezu gesteinsbildend auftritt. Die Langschnabelschnecke Tibia dentata und die Flügelschnecke Strombus schröckingeri konnten österreichweit nur in Weitendorf und Wetzelsdorf gefunden werden. Außerdem gelang mit einem Zahnfund der Nachweis der bis über 15 m langen Riesenhaiart Otodus megalodon. Die Fossilienfunde ermöglichten nicht nur eine biostratigraphische Einordnung der Gesteinsschichten in die Lageniden-Zone des Badeniums (Florianer Schichten), sondern lieferten auch einen Beleg für die Verbindung zwischen Paratethys und Indischem Ozean, wo heute die nächsten Verwandten der versteinerten Arten leben.[3]

Geschichte

Funde von Spinnwirteln belegen, dass das Weitendorfer Basaltvorkommen bereits in der Jungsteinzeit aktiv genutzt wurde. Ab dem 16. Jahrhundert erfolgte ein geregelter Steinbruchbetrieb, wobei der Weitendorfer Basalt anfangs vor allem als Bau- und Pflasterstein diente. Während in der näheren Umgebung etwa das Fundament des Schlosses Wildon aus dem Stein errichtet wurde, war er in Graz als besonders abriebfestes Pflaster gefragt.[3]

Alte Steinbrechanlage an der L603, Holzbau mit Zyklon-Staubabscheider

1943 war der Steinbruch das größte Basaltwerk Österreichs.[6] 1977 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz eine betriebseigene Dieseltankanlage bewilligt sowie Bestimmungen zum Arbeitnehmerschutz erlassen.[7][8] Zweimal kam es zu schweren Explosionen im Steinbruch: 1972 explodierte das Sprengmitteldepot mit 227 kg Sprengstoff und über 600 Sprengkapseln aus ungeklärten Gründen, 1984 wurden zwei Einbrecher beim Versuch, den Werkstresor mithilfe eines Schweißbrenners und Sauerstoffflaschen zu öffnen, getötet.[9] Im selben Jahr wurde die Ernennung des Steinbruchs zum Naturdenkmal diskutiert. Die Gemeinde Weitendorf sah darin die Chance, eine geplante Mülldeponie der Stadt Graz zu verhindern, forderte als Bedingung aber die Aufrechterhaltung des Steinbruchbetriebs.[10] Im März 1985 stellte die BH schließlich 0,6 ha im südlichen Grubenbereich unter Denkmalschutz, wobei verfügt wurde, dass die fossilführenden Tonmergel, um zugänglich zu bleiben, nicht verschüttet werden dürfen.[11] Die Berufung des Grazer Magistrats gegen den Bescheid wurde abgewiesen.

Der Steinbruch befindet sich im Besitz der Stadt Graz und wird als eines von drei steirischen Basaltwerken (neben Mühldorf bei Feldbach und Hochstraden)[12] von der Appel Steinbruch GmbH & Co. KG betrieben. Verwendung findet der Weitendorfer Basalt als Edelsplitt, Asphalt-Zuschlagstoff und besonders verwitterungsresistenter Wasserbaustein.[3]

Literatur

  • Fritz Ebner & Walter Gräf: Die Fauna von Weitendorf. In: Jahresbericht 1976, Landesmuseum Joanneum, Graz 1977, S. 157–183.
  • Helmut Flügel, Alois Hauser & Adolf Papp: Neue Beobachtungen am Basaltvorkommen von Weitendorf bei Graz. In: Sitzungsbericht der Akademie der Wissenschaften, Math. Naturwiss. Kl., Abt. 1, 161, Wien 1952, S. 173–184.
  • Hartmut Hiden: Der Vulkan von Weitendorf. In: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Heft 2 (2006), S. 4–9. Online-PDF
  • Bernhard Krainer: Sedimentation und Shoshonit von Weitendorf, Badenien, Steirisches Becken. In: Mitteilungen der Österreichischen Geologischen Gesellschaft Band 80, Wien 1987, S. 143–155. Online-PDF
Commons: Basaltsteinbruch Weitendorf  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fritz Lochner von Hüttenbach: Steirische Ortsnamen. Zur Herkunft und Deutung von Siedlungs-, Berg-, Gewässer- und Flurbezeichnungen. Grazer Vergleichende Arbeiten, Leykam 2008, ISBN 978-3-7011-0116-0, S. 123.
  2. Plakette am „Steindorfer Stein“. Steindorf 2000. Foto
  3. 1 2 3 4 5 6 Hartmut Hiden: Der Vulkan von Weitendorf. In: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Heft 2 (2006), S. 4–9. Online-PDF, abgerufen am 29. November 2018.
  4. Hilmar Zetinigg: Die Mineral- und Thermalquellen der Steiermark. In: Mitteilungen der Abteilung für Geologie und Paläontologie am Landesmuseum Joanneum, Heft 50/51 (1992/93), S. 186–188. Online-PDF, abgerufen am 29. November 2018.
  5. 1 2 3 Herbert Paschinger: Steiermark. Steirisches Randgebirge, Grazer Bergland, Steirisches Riedelland. Sammlung Geographischer Führer Band 10. Gebrüder Borntraeger, Berlin-Stuttgart 1974, ISBN 3-443-16006-9, S. 146.
  6. Steirischer Basalt, das härteste Gestein der Ostmark. In: Kleine Zeitung, Ausgabe vom 16. August 1943, S. 4.
  7. Bezirkshauptmannschaft Leibnitz: Bescheid vom 6. Oktober 1977. GZ 4, Scha 4/1977, S. 1.
  8. Bezirkshauptmannschaft Leibnitz: Bescheid vom 6. Dezember 1977. GZ 4, Scha 10/1977, S. 1.
  9. Doris Nager: Gemeinde Weitendorf – Eine wirtschaftsgeschichtliche Analyse. Masterarbeit am Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte der Universität Graz 2009, S. 18 u. 21.
  10. Gemeinde Weitendorf: Rundschreiben vom 26. Juli 1984, S. 2.
  11. Bezirkshauptmannschaft Leibnitz: Bescheid vom 4. März 1985. GZ 6.0 B 10, S. 1.
  12. Werke. Appel Steinbruch GmbH, abgerufen am 29. November 2018.