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vom 05.06.2012, aktuelle Version,

Heinrich von Srbik

Heinrich Ritter von Srbik, ca. 1938

Heinrich Ritter von Srbik (* 10. November 1878 in Wien; † 16. Februar 1951 in Ehrwald, Tirol) war ein österreichischer Historiker.

Leben

Heinrich von Srbik begann seine Professorenlaufbahn nach Studien an der Universität Wien (Promotion 1901[1]) mit der Ernennung 1912 zum außerordentlichen Professor für Allgemeine Geschichte an der Universität Graz, 1917 wurde er zum ordentlichen Professor für neuere Geschichte und Wirtschaftsgeschichte ernannt, 1922 erfolgte seine Berufung zum Ordinarius für Geschichte der Neuzeit an die Universität Wien. Zu seinen Studenten gehörten der Schriftsteller Heimito von Doderer, der Student der Rechtswissenschaften und spätere Bundeskanzler Josef Klaus sowie der Historiker Taras Borodajkewycz.

Heinrich von Srbiks Arbeit über Klemens Wenzel Lothar von Metternich gilt noch immer als ein Standardwerk zum Thema. Er prägte den Begriff Metternich'sches System. Srbik sah Metternich als einen Konservativen aus vorrevolutionärer Zeit, der auf die Verteidigung des monarchisch-ständischen gegenüber dem revolutionär-egalitären Prinzip abzielte. Auch wenn er die „reine Monarchie“ propagierte und das konstitutionelle System ablehnte, war er nach Srbik doch auch Feind einer monarchischen Willkürherrschaft. Diese war für Metternich vielmehr an das Recht gebunden.[2]

Vom 16. Oktober 1929 bis zum 30. September 1930 bekleidete er das Amt des österreichischen Unterrichtsministers im Kabinett von Johann Schober.

Srbik stand für eine "gesamtdeutsche Geschichtsauffassung"; zum deutschen Reichsgedanken existiert ein Schriftverkehr zwischen Srbik und Arthur Seyß-Inquart. In einer Rede vom 27. April 1938 begrüßte er den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 als die „Verwirklichung des tausendjährigen Traums der Deutschen“. Während der nationalsozialistischen Herrschaft 1938 bis 1945 war Srbik Mitglied des Großdeutschen Reichstags in der Fraktion der NSDAP.[3]

Nach dem „Anschluss“ war Srbik der NSDAP beigetreten,[4] wobei die Partei ihn durch Zuteilung einer Mitgliedsnummer, die ihn als „Altparteigenossen“ ehrte, aufgenommen hatte.[5] Dem klassischen Bild eines kämpferischen Nationalsozialisten entsprach er jedoch nicht, denn das Gauschulungsamt Wien urteilte folgendermaßen: „Keine aktive Mitarbeit in der Ortsgruppe“, außerdem: „Er lehnt eine Bewertung rassischer Triebkräfte in der Geschichte ab.“[6]

Während der Jahre 1938-45 war Srbik Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.[7] Dabei versuchte er, der Akademie ihren wissenschaftlichen Freiraum zu erhalten, und scheute auch Konflikte mit NS-Autoritäten nicht. Als z.B. die NSDAP-Reichspressestelle die Bezeichnung „Archiv für österreichische Geschichte“ beanstandete, verteidigte Srbik diesen Namen erfolgreich.

Srbik war auch Präsident der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1942-45).

1945 wurde er aus politischen Gründen aus dem Hochschuldienst entlassen und geriet danach an seinem Wohnort Ehrwald/Tirol kurzfristig in französische Haft.[8]

1951 war er als Kandidat des VdU für die Wahl zum Bundespräsidenten im Gespräch; Srbik starb jedoch noch vor einer eventuellen Nominierung.[9]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (Auswahl)

  • Wallensteins Ende, Wien 1920.
  • Metternich. Der Staatsmann und der Mensch, München 1925 (2 Bände).
  • Das österreichische Kaisertum und das Ende des Heiligen Römischen Reiches, Berlin 1927.
  • Quellen zur deutschen Politik Österreichs 1859-1866, Oldenburg 1934-1938 (5 Bände).
  • Deutsche Einheit. Idee und Wirklichkeit vom Heiligen Reich bis Königgrätz, München 1935-1942 (4 Bände).
  • Österreich in der deutschen Geschichte, München 1936.
  • Aus Österreichs Vergangenheit, Salzburg 1948.
  • Geist und Geschichte vom deutschen Humanismus bis zur Gegenwart, Salzburg / München 1950.

Literatur

  • Fritz Fellner/Doris A. Corradini: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biografisch-bibliographisches Lexikon (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, Bd. 99), Wien 2006, S. 385f, ISBN 3-205-77476-0
  • Fritz Fellner: Srbik, Heinrich Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 773–775 (Digitalisat).
  • Fritz Fellner: Heinrich Ritter von Srbik (1878-1951), in: Hartmut Lehmann u. James Sheehan(Hrsg.): Paths of Continuity. Central European Historiography from the 1930s to the 1950s. Washington D.C. 1994, S. 171-186.
  • Franz Graf-Stuhlhofer: Opportunisten, Sympathisanten und Beamte. Unterstützung des NS-Systems in der Wiener Akademie der Wissenschaften, dargestellt am Wirken Nadlers, Srbiks und Meisters. In: Wiener Klinische Wochenschrift 110 (1998) Heft 4-5 (= Themenheft Zum 60.Jahrestag der Vertreibung der jüdischen Kollegen aus der Wiener medizinischen Fakultät), S.152-157.
  • Jürgen Kämmerer (Hg.): Heinrich Ritter von Srbik. Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912-1945, Boppard am Rhein 1988, ISBN 3-7646-1872-8
  • Karen Schönwälder: Heinrich von Srbik. "Gesamtdeutscher" Historiker und "Vertrauensmann" des nationalsozialistischen Deutschland, in: Doris Kaufmann (Hg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahmen und Perspektiven der Forschung, Göttingen 2000, S. 528-544.
  • Gesamtdeutsche Vergangenheit. Festgabe für Heinrich Ritter von Srbik zum 60. Geburtstag am 10. November 1938. München 1938.
  • Michael Derndarsky: Österreich und die „Deutsche Einheit“. Studien zu Heinrich von Srbik und seiner gesamtdeutschen Geschichtsauffassung. Ungedruckte Habil.-Schrift, Klagenfurt 1989.
  • Jan Zimmermann: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935–1945. Darstellung und Dokumentation. Hamburg 2000 (zu Srbik als Träger des „Wolfgang Amadeus Mozart-Preises“ von 1935, bestimmt für das „bairische Stammestum des Alpenraumes“ sowie als Kuratoriumsmitglied des „Prinz Eugen von Savoyen-Preises“).
  • Erich Stockhorst: 5000 Köpfe. Wer war was im 3. Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1 (Unveränderter Nachdruck der ersten Auflage von 1967).
  • Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich?, Fischer Tb., Frankfurt/M. 1987, ISBN 3-596-24373-4

Nachrufe

  • Werner Näf: Heinrich Ritter von Srbik (1878-1951); in: Historische Zeitschrift (HZ) 173 (1952), S. 95-101.
  • Jacques Droz: Heinrich von Srbik †, in: Revue Historique 207 (1952), S. 171f.
  • Silvio Furlani: La scomparsa di un grande storico: Heinrich von Srbik, in: Nuova Rivista Storica 35 (1951), S. 166-172.
  • Hugo Hantsch: Heinrich v. Srbik †, in: Wissenschaft und Weltbild 34 (1951), S. 131f.
  • Theodor Schieder: Heinrich von Srbik †, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 2 (1951), S. 129-132.
  • Franz Schnabel: Heinrich Ritter von Srbik. 10.11.1878-16.2.1951, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften. Jahrbuch 1951 (München 1952), S. 163-170.
  • Wilhelm Schüssler: Zum Gedächtnis Heinrichs Ritter von Srbiks (1878-1951), in: Südostforschungen 12 (1953), S. 287-291.
  • Adam Wandruszka: Heinrich Ritter von Srbik †, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 59 (1951), S. 228-236.

Einzelnachweise

  1. Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien
  2. Wolfgang Fleischer: Heimito von Doderer - Das Leben - Das Umfeld des Werks in Fotos und Dokumenten. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00603-1, S. 77.
  3. Kienast Ernst: Der Großdeutsche Reichstag: 4. Wahlperiode (nach dem 30. Januar 1933) - Mit Zustimmung des Herrn Reichstagspräsidenten. von Decker, Berlin 1938, S. 413, 543.
  4. Günter Fellner: Die Österreichische Geschichtswissenschaft vom „Anschluss“ zum Wiederaufbau. In: Kontinuität und Bruch 1938 - 1945 - 1955: Beiträge zur österreichischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Geyer, Wien 2004, S. 135156.
  5. Zur Praxis der Mitgliedsnummernvergabe: Gerhard Botz: Nationalsozialismus in Wien. Machtübernahme und Herrschaftssicherung 1938/39. Buchloe 3.Aufl. 1988, S. 210“
  6. Graf-Stuhlhofer: Opportunisten, S.154 und 157. Dort wird auch Srbiks Mitgliedsnummer angegeben: 6.104.788, mit Aufnahmedatum 1. Mai 1938.
  7. Franz Graf-Stuhlhofer: Die Akademie der Wissenschaften in Wien im Dritten Reich, in: Christoph J. Scriba (Hg.): Die Elite der Nation im Dritten Reich. Das Verhältnis von Akademien und ihrem wissenschaftlichen Umfeld zum Nationalsozialismus (= Acta historica Leopoldina 22), Halle a.d. Saale 1995, S.133-159.
  8. Walther Killy: Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 9. Saur, München 1988, S. 324.
  9. Lothar Höbelt: Von der vierten Partei zur dritten Kraft. Die Geschichte des VdU. Leopold Stocker Verlag, Graz/Stuttgart 1999, ISBN 3-7020-0866-7, S. 144