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vom 30.05.2022, aktuelle Version,

Peter Puller

Peter Puller (* 28. Jänner 1980 in Graz) ist ein österreichischer Journalist und PR-Berater. Bekannt wurde er 2005 mit politischem Dirty Campaigning als Mitarbeiter der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) im Wahlkampf zur Landtagswahl in der Steiermark[1][2] und erneut 2017 im Wahlkampf zur Nationalratswahl als Mitarbeiter des für die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) tätigen Politikberaters Tal Silberstein.[3]

Berufliche Karriere

Nach der Matura inskribierte Puller zunächst an der Universität Innsbruck Politikwissenschaft, kehrte aber mit Anfang 20 nach Graz zurück und begann als Journalist bei der steirischen Kronen Zeitung zu arbeiten.[4]

Von dort wechselte er 2004 in das Pressebüro der steirischen ÖVP, wo er für den Wahlkampf zu Landtagswahl 2005 einen Leitfaden für Kampagnenmitarbeiter verfasste, in dem beschrieben wurde wie Dirty Campaigning mittels Leserbriefen geführt werden kann, die ein „probates Mittel“ seien, „um Informationen bzw. Gerüchte zu streuen, die im Rahmen der offiziellen Medienarbeit nicht eingesetzt werden dürfen“. Empfohlen wurde darin unter anderem, Franz Voves, den Spitzenkandidaten der SPÖ, mit gefälschten Leserbriefen, die um authentischer zu wirken auch Rechtschreibfehler enthalten sollen, als Faulpelz und Verhinderer darzustellen oder mit sachlich unqualifizierten Internet-Postings die Stimmung zu manipulieren. Der damalige ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka erklärte, verantwortlich für diesen Leitfaden seien „übereifrige junge Mitarbeiter“ gewesen.[3][5] Als Hannes Missethon, bis dahin Landesgeschäftsführer der steirischen ÖVP, Lopatka als Generalsekretär der Bundespartei nachfolgte wechselte Puller mit ihm 2007 nach Wien und wurde Chefredakteur des ÖVP-Pressedienstes, danach zuerst Kabinett-Sprecher und dann 2010 Kabinettchef[6] der ebenfalls aus der Steiermark kommenden Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) im Wissenschafts- und dann im Justizministerium.[4]

2011 machte er sich als PR-Berater selbstständig und betreute weiterhin Projekte des Wissenschaftsministeriums.[4] 2013 gründete er zwei Einzelunternehmen für Publik-Relations-Beratung und Handel mit Heimtieren.[7]

Zur Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2015 leitete Puller den Wahlkampf der Neos und begann seine Zusammenarbeit mit Silberstein.[8] Diskussionen und eine Untersuchung durch die Fernmeldebehörde hatte eine Massen-SMS an, nach Angaben Pullers, ca. 10.000 Empfänger zur Folge, die am Wahltag von den Neos versandt wurde.[9] Ab 2015 befand er sich mit rund 65.000 Euro Schulden in einem Insolvenzverfahren. Für die FPÖ zu arbeiten lehnt er ab.[3][2] Der Beratungsvertrag mit den Neos wurde im Herbst 2017 im Zuge der „Silberstein-Affäre“ beendet.[10]

Im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2017 war er als Mitarbeiter des SPÖ-Beraters Silberstein nach eigenen Angaben für die „strategische Planung und Analyse“, nach Medienberichten auch operativ für die Facebook-Seiten Wir für Sebastian Kurz und Die Wahrheit über Sebastian Kurz verantwortlich, auf denen Dirty Campaigning gegen Sebastian Kurz, den Bundesparteiobmann und Spitzenkandidaten der ÖVP betrieben wurde. Die Facebook-Auftritte bedienten teils rassistische, antisemitische und fremdenfeindliche[11] Schemata und sollten Kurz diskreditieren.[12][13] Nach der vorübergehenden Verhaftung Silbersteins in Israel wegen des Verdachts auf Bestechung und der darauf folgenden Auflösung des Beratungsvertrages durch die SPÖ hat Puller die Seiten nach Rücksprache mit Paul Pöchhacker, einem der Wahlkampfmanager der SPÖ, weiterbetrieben.[14][15] Puller verneinte Kontakte zur SPÖ.[16] Der damalige Bundeskanzler Christian Kern bezeichnete Puller hingegen noch am 5. Oktober 2017 als „einen Mitarbeiter unseres Teams“.[17][18] Die SPÖ behält sich rechtliche Schritte gegen Puller vor.[19] Ende Oktober 2017 wurde Puller als Administrator der Facebook-Seiten Wir für Sebastian Kurz und Die Wahrheit über Sebastian Kurz von der Staatsanwaltschaft ausgeforscht.[20]

Im Verlauf der „Silberstein-Affäre“ warf Puller seinerseits Gerald Fleischmann, dem Sprecher von Kurz in dessen Funktion als Außenminister, vor, ihm bereits am 17. Juli 2017 100.000 Euro dafür geboten zu haben, Interna aus dem Wahlkampf der SPÖ an die ÖVP weiterzugeben.[21] Von deren Seite wurde die Kontaktaufnahme bestätigt, deren Zweck sei es aber gewesen Puller anzuwerben und nicht, von ihm interne Unterlagen der SPÖ zu kaufen.[22] Puller wollte seine Angaben mit einem gerichtlich nicht anerkannten Lügendetektortest belegen.[23][24] Die ÖVP klagte Puller, neben der „SPÖ, Christian Kern, Georg Niedermühlbichler, Tal Silberstein, […], Paul Pöchhacker und Robert L. wegen der Verbreitung von kreditschädigenden, beleidigenden, rassistischen, antisemitischen und verhetzenden Inhalten“. Gerald Fleischmann klagte ihn wegen übler Nachrede.[25] Im Jänner 2018 bot die ÖVP „ewiges Ruhen“ der zivilrechtlichen Verfahren an, was die SPÖ vorerst prüfen wolle. Mit Puller habe man einen Vergleich durchgesetzt.[26]

Der Schauspieler und Kabarettist Florian Scheuba persiflierte Pullers Verantwortung in der Silberstein-Affäre. Dieser beschreibe „die von ihm im Auftrag Silbersteins gestalteten Schmutzkübelkampagnen als ‘professionelles Marktforschungsprojekt’“.[27]

Von Juli bis September 2017 bestand ein Beratungsvertrag mit der Österreichischen Gesellschaft für Politikanalyse (ÖGP), die in Österreich das von Efgani Dönmez (ehemals Die Grünen, 2017 Kandidat der ÖVP) initiierte Projekt „Stop Extremism“ unterstützt.[28] Aufgabe Pullers sei unter anderem der „Aufbau eines Teams zur Unterstützung des Projektes ‘Europäische Bürgerinitiative gegen Extremismus’“ gewesen. Vereinbart wurde ein Honorar von 180.000 Euro für ein Jahr. Der Vertrag wurde am 17. Juli 2017 unterzeichnet, jedoch nach ungefähr acht Wochen wieder beendet. Puller erhielt eine Aufwandsentschädigung von 1.906,17 Euro. Davor und danach habe es keine finanzielle Transaktion oder Zusammenarbeit mit Puller gegeben.[29] Das Honorar für die 8-wöchige Tätigkeit stand nach Aussage von Puller am 6. Oktober noch aus.[16]

2018 kampagnisierte Puller für den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten von Mazedonien, Zoran Zaev.[30]

Werke

Einzelnachweise

  1. Edith Meinhart, Rosemarie Schwaiger: Der Pfui-Faktor. In: profil. Nr. 30, 25. Juli 2005, S. 14 (Online [abgerufen am 20. Oktober 2017]).
  2. 1 2 Kid Möchel: Sudel-Wahlkampf: Die anrüchigen Geschäfte des Silberstein-Söldners. In: Kurier. 6. Oktober 2017, S. 4 (Online).
  3. 1 2 3 Der Standard: Peter Puller: Ein Grenzgänger spielt mit dem Feuer, 6. Oktober 2017, abgerufen am 8. Oktober 2017.
  4. 1 2 3 Philipp Aichinger: Der schrecklich nette Herr Puller. In: Die Presse. 7. Oktober 2017, S. 6 (Online [abgerufen am 24. Oktober 2017]).
  5. Die Presse: Tal Silberstein und die Wahrheit über die Schmutzkübel-Kampagnen der SPÖ, 30. September 2017.
  6. Karl-Pressesprecher wird Kabinettschef. derstandard.at, 30. November 2010, abgerufen am 20. April 2020.
  7. WKO Firmen A–Z. (Nicht mehr online verfügbar.) Wirtschaftskammer Österreich, archiviert vom Original am 21. Oktober 2017; abgerufen am 9. Juli 2019.
  8. Othmar Pruckner: Jagd auf das rote Phantom. In: trend. Nr. 1-3, 20. Januar 2017, S. 36, 37 (Online [abgerufen am 27. Oktober 2017]).
  9. Kurier: Behörde soll Massen-SMS der NEOS untersuchen, 15. November 2015.
  10. Der Standard: Ein Mann mit vielen Kontakten, 1. Oktober 2017.
  11. Gernot Bauer, Michael Nikbakhsh: Schmutzschichtarbeiten. In: profil. Nr. 40, 9. Oktober 2017, S. 18–20, 23–24.
  12. Silberstein-Mitarbeiter: „Bekam von der ÖVP 100.000 € angeboten“ diepresse.com, abgerufen im Oktober 2017.
  13. Schmutzkampagne gegen Kurz kam von SPÖ-Berater heute.at, abgerufen am 8. Oktober 2017.
  14. Katia Wagner: Politberater wichtiger als Ideale? In: Kronen Zeitung. 23. August 2017, abgerufen am 10. Oktober 2017.
  15. Christian Böhmer: Silberstein: Entlastungsoffensive der SPÖ gerät erneut ins Wanken. In: Kurier. 4. Oktober 2017, S. 2 (Online Der Print-Artikel enthält eine Faksimile zum Schriftverkehr.): „Aus der Korrespondenz zwischen Pöchhacker (SPÖ) und Puller (Silberstein) geht hervor, dass Silbersteins Team nachgefragt hat, was mit den untergriffigen Facebook-Seiten passieren soll. Die Antwort Pöchhackers: Die Seiten müssen vorerst online bleiben – ansonsten würde man die Verbindung zwischen Silberstein und den Seiten sofort sehen.“
  16. 1 2 Günther Oswald: „Sehe Klage entspannt entgegen“. In: Der Standard. S. 4, 5 (Online [abgerufen am 13. Oktober 2017] Interview mit Peter Puller. Online-Titel: Silberstein-Mitarbeiter Puller will 100.000-Euro-Angebot der ÖVP vor Gericht beweisen).
  17. Der Videobericht von Donaukanal über den gestrigen Besuch von Christian Kern (in Oberwaltersdorf). (Video) SPÖ Niederösterreich, 5. Oktober 2017, abgerufen am 15. Oktober 2017 (ab 2:12; am 6. Oktober auf Facebook veröffentlicht).
  18. Kern: „Werden Wahrheit ans Licht bringen“. orf.at, 5. Oktober 2017, abgerufen am 15. Oktober 2017 (Der ORF berichtete von einem Mitarbeiter Silbersteins und verweist auf Peter Puller).
  19. Anna Thalhammer: Silbersteins Rolle und Honorare. In: Die Presse. 6. Oktober 2017, S. 1 (Online [abgerufen am 11. Oktober 2017]).
  20. Wahlkampf: Ex-ÖVP-Funktionär betrieb Anti-Kern-Facebookseite. In: Die Presse. 31. Oktober 2017 (Online [abgerufen am 31. Oktober 2017]).
  21. Falter: PR-Experte Peter Puller behauptet, dass ÖVP ihm für Insider-Informationen Geld geboten hat, 5. Oktober 2017.
  22. Kurier: Causa Puller, auf der Suche nach der Wahrheit, 6. Oktober 2017.
  23. Katrin Burgstaller: Puller lädt zur Lügendetektor-Show. In: Der Standard. 12. Oktober 2017, S. 5 (Online [abgerufen am 20. Oktober 2017] Online-Titel: Puller und die Lügendetektor-Show).
  24. Florian Gasser: Eine österreichische Tragödie. Die Zeit-Online, 15. Oktober 2017, abgerufen am 20. Oktober 2017.
  25. Der Silberstein-Skandal. In: Thomas Hofer, Barbara Tóth (Hrsg.): Wahl 2017. Loser, Leaks & Leadership. ÄrzteVerlag, Wien 2017, ISBN 978-3-9503276-4-9, S. 150 (Handelsgericht Wien, GZ D089/17, 10. Oktober 2017; siehe FN 33, 36).
  26. Katharina Mittelstaedt, Nina Weißensteiner: Causa Silberstein und Co: SPÖ lässt noch nicht locker. In: Der Standard. 10. Januar 2018, S. 7 (Online [abgerufen am 9. Juli 2019]).
  27. Florian Scheuba: Forschung durch Fälschung. In: Der Standard. 12. Oktober 2017, S. 36 (Online [abgerufen am 24. Oktober 2017]).
  28. Der Standard: Die „Baustellen“ des Peter Puller, 2. Oktober 2017.
  29. Die Presse: ÖGP: Kein Honorar an Puller-Agentur für Dönmez-Projekt, 4. Oktober 2017.
  30. Oliver Pink: Peter Puller kampagnisierte nun in Skopje. In: Die Presse. 2. Oktober 2018, S. 2 (Paywall [abgerufen am 9. Juli 2019]).