Episode XXIII: Aber Porsche!#
(Zum Beispiel der 356er)#
Von Martin Krusche#
Ich kenne vermutlich alle Einwände, die eine Befassung mit Luxusautomobilen bei Menschen auslösen kann. Der pferdelose Wagen brauchte eine Weile, um in die Gänge zu kommen, wurde dann aber sehr zügig zu einem Generalfetisch unserer Kultur. Wer einwendet, dies sei eigentlich bloß ein Vehikel, um von A nach B zu kommen, ignoriert soziokulturelle Aspekte des Themas.
Wer das Auto als Fetisch nicht entschlüsseln kann, wird vermutlich daran scheitern, die ökologischen Probleme, wie sie aktuell diskutiert werden, als Thema voranzubringen. In eben diesem Zusammenhang spielt Porsche als Sportwagenmarke eine besondere Rolle.
Ich war mit Fotograf Richard Mayr in Wiener Neustadt, um mit ihm die Sonderschau „60 Jahre Porsche 911“ durchzunehmen. Von ihm stammen die Fotos für die Episode XXIII im Zeit.Raum. Wir haben die 356er im markanten Komenda-Design herausgegriffen, denn damit begann die Serienproduktion einer eigenständigen Marke, die den Namen des Gründers trug.
Ich sehe darin eine Besonderheit. Ferdinand Porsche hatte sich schon als junger Mann mit dem Thema Automobil befaßt, nahm in seinem Werk auch benachbarte Themen mit. (Vom Panzer bis zum Traktor.) Er reüssierte als ein Automobilkonstrukteur von derart hohem Rang, da gibt es im 20. Jahrhundert wenig vergleichbare Größen.
Daß sich Porsche unterwegs Adolf Hitler gegenüber merklich distanzlos gezeigt hatte, dürfte weniger ideologische Gründe gehabt haben. Der Mann hatte zu jener Zeit schon eine rege Vorgeschichte von wechselnden Engagements, denn wo man seine Entwicklungsarbeit nicht mit den nötigen Ressourcen ausstattete, ging er weg.
Nun hatte Porsche zwar über die Jahrzehnte auch reichlich Erfahrungen gesammelt, was im Rennsport tauglich ist und was nicht, doch auf dem Weg zur eigenen Sportwagenproduktion steht er in einem interessanten Kontrast etwa zu Enzo Ferrari. Der Italiener war gelernter Schmied, wurde zum Rennfahrer, gründete folglich seinen eigenen Rennstall, die Scuderia Ferrari. Wenn ich es recht verstanden hab, produzierte er schließlich ab zirka 1946 Sportwagen für die Straße, um bei wohlhabender Kundschaft Gelder für die Entwicklungen im Rennsport zu erwirtschaften.
Der Porsche 356 Nr. 1 Roadster von 1948 war ein Schritt des umgekehrten Verlaufs. Porsche, Sohn eines Schmieds, ging mit seinem Team vom VW Typ 1 („Käfer“) aus, den er während der Nazi-Ära als „KdF-Wagen“ konstruiert hatte. Dazu kamen Erfahrungen mit der Version eines allradgetriebenen Kommandeurswagens (Typ 87) sowie mit dem Kübelwagen Typ 82 und dem Schwimmwagen Typ 166.
Ferdinand Porsche erhielt nach dem Krieg Lizenzgebühren vom Verkauf der „Käfer“, durfte Käfer-Teile für die Porsches verwenden und konnte für den Porsche-Vertrieb VW-Händler nutzen. Ich meine, er baute Sportwagen für Privatpersonen und von diesem Genre her gelangten die Porsches in den Rennsport. Also – grob gesehen - Ferrari: vom Rennport auf die Straße, Porsche: von der Straße auf die Rennstrecke.
Das Design des 356ers geht im Kern auf die Arbeit von Erwin Komenda zurück, der auch den Typ 1 „Käfer“ gestaltet hat. In solchem Sinn ist der Porsche 356 quasi ein Käfer im Kampfgewand.
- Zeit.Raum: Slot II
- 60 Jahre Porsche 911 (Notizen zu einer Sonderschau)
- Fotos: Richard Mayr
- 60 Jahre Porsche 911 (Notizen zu einer Sonderschau)