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Episode XXV: Wasser.Stand#

(Gläserne Komplexität)#

Von Martin Krusche#

Ich hab vor rund 30 Jahren begonnen, regionale Bahntrassen entlangzugehen, um einen anderen Blickwinkel auf meinen Lebensraum zu erlangen. In der Art gehe ich nun seit Monaten an Bächen und Flüssen entlang. Wie ich erwarten durfte, führt das zu neuen und teils völlig ungewohnten Eindrücken.

Siedlungsräume sind Reaktionen auf bestimmte Erdformationen, in denen sich günstige Gewässer finden, wo schließlich Handelsrouten entstanden. Ich habe mich bemüht, diese Aspekte im Zusammenhang zu deuten und daran wenigstens skizzenhaft abzulesen, wie das in wesentlichen Passagen zu unserer Gegenwart geführt hat.

So entstand unter anderem meine „Matrix der Gewässer“, an der ich noch geraume Zeit zu arbeiten haben werde. Das ist mit jener Geschichte verknüpfbar, die ich unter „Die Mechanisierung der Welt“ zusammengefaßt hab, woran auch noch viel zu tun ist.

Es geht mir darum, besser zu verstehen, wie sich Mensch und Natur verzahnt haben, um einerseits jenen Lebensstandard herbeizuführen, den ich genießen darf und den es in der Menschheitsgeschichte davor nicht gab. Andrerseits haben wir uns in diesen Anstrengungen Fehler erlaubt, aus denen Gefahren für das entstehen, was wir erreicht haben.

Es ist leicht, auf ein Gefühl der Unbehagens mit Stehsätzen und Slogans zu reagieren. Mir nützt das nichts, weil ich verstehen will, in welche Kräftespiele ich verwoben bin. Ich denke, erst aus der Erkenntnis kann Kenntnis entstehen. Das hat aber Vorbedingungen, die nicht mit dem Produzieren markiger Sätze erfüllbar sind.

Der Themenbogen#

Fließgewässer sind in unseren Breiten seit jeher die zentralen Kraftquellen gewesen, bevor im 18. Jahrhundert die Dampfmaschine optimiert wurde, um für die Wirtschaft nützlich zu sein. Das gilt für Mühlen, dem folgten Sägewerke und schließlich Generatoren zur Erzeugung von elektrischem Strom.

Wasser war aber auch für den Bergbau wichtig, so etwa in der Salzgewinnung. (Hallein gehört zu den ältesten Bergwerken der Welt.) Es wurde ebenso für den Abbau und das Aufbereiten von Erz benötigt, woraus unsere Stahlindustrie hervorging. (Stichwort norisches Eisen.) Österreich hat all das in einer weltgeschichtlichen Dimension: reichlich Wasser, Wälder und Bodenschätze.

Dazu kommt, daß Massengüter die längste Zeit nur auf dem Wasserweg transportiert werden konnten, weil unsere Straßen und unsere Fuhrwerke dafür Jahrtausende nicht geeignet waren. Die älteste Achse-Rad-Kombination, von der wir wissen, wurde nahe Ljubljana gefunden (Slowenien, vormals die Untersteiermark) und wird auf rund 5.000 Jahre geschätzt. Der Fund stammt aus einem sumpfigen Areal mit Pfahlbauten, einer besonderen Art in der Nähe von Wasser zu leben. (Dabei hatten natürlich Brücken und Stege besonderes Gewicht.)

Muß ich noch hervorheben, wie das Leben aus dem Wasser kam, aus den Ozeanen, und daß unsere Körper gewissermaßen diese Ozeane in sich eingeschlossen haben? Unsere Leiber bestehen zu ungefähr 50 bis 65 Prozent aus Wasser. (Bei Säuglingen ist der Anteil noch höher.) Wir brauchen es auch tägich als Teil unserer Nahrung. Sind wir von solcher Versorgung abgeschnitten, verdursten wir weit eher, bevor wir verhungern würden.

Damit ist bloß kursorisch ausgeleuchtet, wie groß das Thema ist und wie existenziell Wasser für praktisch alle Lebewesen ist. Außerdem ist es ein Stück vom Paradies, daß ich an meinem Wohnort grenzenlos sauberes Wasser zur Verfügung habe, ohne dafür mehrere Kilometer zu Fuß gehen zu müssen. Meine aktuelle Arbeit hat örtlich derzeit zwei wesentliche Bezugspunkte: Gleisdorf und Neudau. Meine „Matrix“ umfaßt freilich die gesamte Region mit markanten Flüssen wie Feistritz, Lafnitz, Raab etc.