Noch ein Imperator mit Cäsarenwahn: Commodus - Aufstieg und unrühmliches Ende#
Von Ernst ZentnerÜber Marcus Aurelius wurde schon viel geschrieben und dazu gedichtet. Er amtierte als "Philosoph auf dem Kaiserthron". Regierte von 160 bis zu seinem Tod 180 in Vindobona (Wien). Es war die Zeit des Ersten Markomannenkrieges. Dazu kam, dass in Italien die Pest grassierte und zufällig der Kaiser entschied, recht weit weg Krieg zu führen. Um 176 wurde sein Sohn Commodus Mitregent. Bisher war ein Adoptivkaisertum üblich. In Geschichtsbüchern heißt es sogar "Wahl des Besten". Zu dieser Zeit hatte Rom seine größte geografische Ausdehnung. Stellen wir uns das vor. Ein Reich das von Mitteleuropa, über Kleinasien bis Afrika reichte. Aber die Reichsgrenzen nach Norden, vor allem wo die germanischen - und sarmatischen Stämme lebten, mussten gesichert und wenn möglich weitergeschoben werden.
Kaiser Marcus Aurelius und sein Sohn Commodus kehrten nach Rom zurück, wo sie am 23. Dezember 176 einen gemeinsamen Triumph feiern konnten ("de Germanis", "de Sarmatis").
Mit dem Erscheinen Commodus in der Führungsspitze Roms wurde auch das Adoptivsystem zugunsten des Dynastieprinzip in der Erbfolge verworfen.
178 bis 180 fand der Zweite Markomannenkrieg statt. Der Hauptgegner Roms saß in den Gegenden wo heute Mähren, Slowakei, Ungarn und Rumänien liegen. Die Hauptführung des römischen Militärs befand sich in Carnuntum (Petronell-Carnuntum/Bad Deutsch-Altenburg, Vindobona (Wien) und Sirmium (Balkanhalbinsel, Südosteuropa). Um die Unterstreichung der Existenz der Reichsgrenze Roms zu Germanien zu vervollkommnen, errichteten die Römer ihr Legionslager Castra Regina (179, Regensburg, Bayern). Das geschah auf Befehl Marcus Aurelius. Die III. Italische Legion mit 6.000 Soldaten fand dort Station.
Am 17. März 180 starb Marc Aurel - angeblich an der Pest - und sein Sohn Commodus wurde Imperator. Commodus ordnete vor Ort - wohl Vindobona - das Begräbnis als Staatsakt an. Die militärischen Berater empfahlen dem jungen Kaiser den Krieg weiterzuführen. Der Feldherr seines Vaters Mark Aurel, Tiberius Claudius Pompeian trat dafür entschlossen ein. Erfolglos. Bislang waren die Feldzüge aggressive Angriffskriege. Doch er kümmerte sich nicht um deren Ratschläge und schloss sofort mit den germanischen Stämmen einen Frieden. Sie hatten sich hinter der Donau zu halten, Gefangene und Überläufer an Rom zu überstellen sowie Waffen abzuliefern. Sie waren bereit an Rom Tribut in Form von Getreidelieferungen zu leisten. 13.000 Krieger sollen in römische Dienste treten. Der Senat war wütend. Die Plebs zeigten Akzeptanz. Für Commodus war die Angelegenheit zum Ärger seiner Feldherren erledigt. Sie waren entsetzt, dass er die Gegner jenseits der Donau wieder bewaffnet. Aus Sicht der Militärstratege war der Friedensschluss mit den Barbaren völlig überstürzt gekommen. Wahrscheinlich lagen zwischen den vorigen Kaiser Mark Aurel und seinem Sohn Commodus politische Welten. Er reiste nach Rom zurück, wo er am 22. Oktober 180 triumphal empfangen wurde. Aber immerhin während seiner Epoche hielten die Germanen Ruhe und Frieden.
Ein Dritter Markomannenkrieg fand statt. Diesmal gegen die Buren ("expeditio Burica"). Nur durch eine Inschrift belegt. Nichts wurde über den Verlauf darüber berichtet. Eigentlich hießen sie Lugier und siedelten in der Gegend um Schlesien. 182 endete der Krieg und Commodus bekam den Siegerbeititel "Germanicus Maximus".
Diese Kriege waren das Ergebnis der durch klimatisch bedingte Wirtschaftskrisen gepeinigten Germanen an den Grenzen Roms zu rütteln.
Ein Kampf mit den Germanen und Sarmaten war kein einfaches Unterfangen. Jenseits der Donau lagen dichte Wälder und Forste. Einen Zermürbungskampf auszufechten war für das römische Militär, das eher Feldschlachten bevorzugte, ein wirklich aussichtsloses Unterfangen. Das hatte Commodus erkannt und das Ganze als Sinnlosigkeit gesehen. Dazu kam noch, dass die Germanen (was sie auch wirklich waren?) als Barbaren eine Ansammlung lockerer Stammesverbände mit einem jeweiligen Häuptling als König waren. Sie waren in sich zerrissen. Noch. Einen nach dem anderen auszuspielen war kein Problem. Aber es war eine Frage der Zeit, wann sie sich zu einer Einheit zusammenfänden und dann wären sie für das Weltreich Rom eine wahrhaft ernsthafte Bedrohung geworden. So gesehen war Commodus Entscheidung im Recht gewesen.
Wenn ich einen Namen wie Commodus übersetzen wollte, das hieße dieser "Der Bequeme". Nun Commodus war das Gegenteil, er wurde zu einem Unbequemen im Römischen Reich, und das an der Führungsspitze.
Commodus war ein schwieriger Charakter. Allen Ernstes glaubte er wirklich, eine Inkarnation des Herkules und des Mithras zu sein. Cäsarenwahn war geradezu eine Tradition in Rom oder eine seltsame Verpflichtung.
Interessant ist nur, dass alle Imperatoren, die dem Senat kritisch gegenüber standen oder sich volksnah gaben, von den intellektuellen Autoren, die gewiss für ein ranghohes und anspruchsvolles Publikum schrieben, als Herrscher mit negativen Exzessen dargestellt wurden. In ihren Werken widerspiegeln sich oft Widersprüche. Biografische Schilderungen vor allem aus der Antike sind deshalb mit Vorsicht zu interpretieren!
Commodus herrschte zwölf Jahre als Kaiser.
Als er nach Rom zurückkam wollte er seine Machtfülle voll ausleben. Das ging nur mit dem Frieden. Leidvolle Kriege hatte er mit seinen Vater erlebt. Der Senat musste zur Kenntnis nehmen, dass er volle Machtausübung bevorzugte. Jeder Bürger Roms bekam 725 Denarii. Das entsprach 1.450 Sesterzen. Damals zählte er 19 Jahre.
In der Politik hatte er kaum etwas zu tun und so ging er auf die Raubtierjagd. Mit dem Schwert und Bogen konnte er bald so umgehen, dass er entschied öffentlich aufzutreten. Er vertauschte den Kaiserpalast mit der Gladiatorenschule. Endlich trat er in der Arena auf. Betätigte sich als Wagenlenker und kämpfte gegen Tiere und Menschen. Es versteht sich von selbst, dass seine Getreuen dafür schon sorgten, dass er jeweils siegen konnte. Aber das hatte er nicht gebraucht. Er war fähig ein Nilpferd oder einen Elefanten niederzukämpfen. Als geübter Bogenschütze erlegte er mit hundert Pfeilen hundert Tiger, falls das überhaupt stimmt. Als ob er nichts anderes zu tun hatte. Er verlangte die Aufzeichnungen seiner Taten in den Acta Diurna - das war ein Nachrichtenbulletin (Zeitung) - und forderte den Lohn als Gladiator ein. Das sah er als selbstverständlich an.
Was von seinen Taten stimmt, das bleibt im Dunkel der Geschichte. Commodus trank und spielte. Er verschwendete große Summen an Staatsgelder. Er soll einen Harem von 300 Frauen und sogar 300 Knaben besessen haben. Manchmal bevorzugte er in Frauenkleidern aufzutreten. Wenn es wahr ist. Seine Grausamkeit soll exorbitant gewesen sein. Er soll Männer und Frauen zur Selbstverstümmelung und Tod gezwungen haben. Mit seinen Herkulesknüppel soll er zahlreiche Menschen erschlagen haben. Auf Bitten seiner Geliebten Marcia - sie soll Christin gewesen sein - ließ er einige Christen begnadigen. Sie hätten als Unfreie in den Bergwerken Sardiniens arbeiten sollen. Eigentlich ein Hinweis, dass er doch kein so brutaler Despot war. Doch in den schriftlichen Überlieferung gab es keinerlei positive Erwähnungen über sein Tun als Imperator. Nur zur Erinnerung: einen Sklaven erging es bei schweren Delikten verhängnisvoll. Oft die grausame Kreuzigung.
Als Alleinherrscher war er auch durch die Angst vor einer möglichen Ermordung geprägt. Ein Attentäter verletzte ihn mit dem Schwert: "Das schickt Dir der Senat!" Commodus entging dem Meuchelmord: Seine eigene Tante Lucilla führte eine Verschwörung gegen ihn an. Er deckte sie auf und ließ sie hinrichten. Auf einem bloßen Verdacht hin ließ er sämtliche Beteiligte ebenfalls beseitigen. In der Führungsschicht war dann kein einziger dabei, der noch unter Mark Aurel Bedeutung hatte. Aus politischen Erwägungen tauchten nach einem Jahrhundert wieder die Methode des Denunzierens auf. Eine Schreckensherrschaft überzog wieder einmal Rom. Und das in einer Zeit, in der Rom eine Wirtschafts- und Staatsmacht war, in deren Randprovinzen endlich Widerstand herrschte. Ein schleichender Verfall des Imperiums begann.
Commodus, obwohl er zuerst milde agierte und regierte, hatte von da an Angst vor Mordanschlägen. Und Angst legte Untiefen frei.
Im Verlauf der Lucilla-Verschwörungen ließ Commodus den Chef der Prätorianer Paternus hinrichten und setzte Tigidius Perennis als Nachfolger ein. Commodus überließ die Verwaltung völlig Perennis, der wiederum eine eigene Herrschaft des Terrors einführte. Commodus gab sich seiner Lieblingsbeschäftigung, sexueller Ausschweifungen hin. Perennis tötete jeglichen Widersacher. Der beunruhigte Kaiser argwöhnte, sein Präfekt wolle sich des Imperatorenthrons bemächtigen. Er lieferte Perennis den Senat aus, der seinerseits grausam reagierte.
Ein ehemaliger Sklave - Cleander - wurde Perennis Nachfolger (185). Er stellte dessen Brutalität noch in den Schatten. Er nahm Bestechungssummen für Ämterbesetzungen und konnte jeden mühevoll erstellten Gerichtsbescheid umwerfen. Damit war es möglich geworden unzufriedene Senatoren oder Ritter mit dem Vorwand des Verrates oder schwerer Staatskritik zum Tod zu verurteilen.
Eines Tages belagerte eine Volksmenge die Villa Commodus und verlangte den Tod Marcus Aurelius Cleanders. Er soll an der Ausbreitung der Pest, der Hungersnot und den mangelhaften Getreideimporten schuld getragen haben. Der Kaiser gab nach, hauptsache die Unruhen hörten auf. Das war um 189 oder 190. Für Commodus war das kein Problem. Auch von Cleander vermutete er Gefahr für sein Amt. Commodus hatte sich in dieser Zeit wieder dem Senat angenähert und reduzierte die Benefizien für das Volk.
So geschehen agierte Commodus eher im Stil der kaiserlichen Machterhaltung.
Ein neuer Prätorianerführer namens Quintus Aemilius Laetus (geb in Thaenae, Africa; Tunesien) erschien. Drei Jahre später glaubte dieser Commodus vernichten zu können. Doch Laetus entdeckte rein zufällig eine Proskriptionsliste (eigentlich eine Schwarze Liste)[1], in der die Namen Laetus und dessen Freunde sowie Anhänger und Marcia eingetragen waren. Nun hieß es für sie alle rasch zu handeln. Es ging ihnen um ihr eigenes Leben.
Geboren wurde Commodus am 31. August 161 in Lanuvium (Lanuvio, Region Latium, Metropolitanstadt Rom) gemeinsam mit einen früh verstorbenen Zwillingsbruder. Als Sohn eines amtierenden Kaisers, Mark Aurel, galt er als eine Purpurgeburt. (Nachkomme, der unter einem regierenden Imperator geboren wurde.) Seine Mutter Faustina die Jüngere war auch Cousine des Kaisers. Im Alter von fünf Jahren bekam er gemeinsam mit seinen jüngeren Bruder Annius Verus (162-169) den Beinamen Caesar. Womit auch schon die Nachfolgefrage im Kaiseramt geklärt war. Mark Aurel hatte mit Faustina der Jüngeren insgesamt dreizehn Kinder. Als 14-jähriger erlebte Commodus die innenpolitische Auseinandersetzung mit einem Ursurpator und dessen Scheitern: 175 erhielt der praefectius aegypti, Avidius Cassius eine Falschmeldung über dem Tod des Kaiser Mark Aurel, worauf Cassius zum Kaiser proklamiert wurde. Ägypten war damals der wichtigste Getreidelieferant Roms. Obwohl Mark Aurel den Krieg gegen Cassius vorbereitete, wollte er ihn begnadigen. Avidius Cassius scheiterte mit seiner Rebellion und wurde drei Monate später von einem Centurio im Juli 175 ermordet.
Noch im gleichen Jahr ging Commodus mit seinem Vater in den Osten des Reiches und lernte die wichtigsten Vertreter der Zweiten Sophistik kennen. Eine philosophische Lehre, mit der niemand so richtig zufrieden war, weil sie einerseits alles scheinbar richtig erklärte und endlich sogar ins Absurde verkehrte und verklärte. Anders formuliert: Einem Argument dafür folgte stets ein Argument dagegen …
Am 31. Dezember 192 wurde Commodus im Verlauf einer Palastverschwörung ermordet. Wahrscheinlich hatte er jemanden in seinem Hofstaat gründlich verärgert. Angeführt wurde diese Verschwörung von einem gewissen cubicularius (Bediensteter der römischen Kaiser) Eclectus unter Beteiligung von Marcia Aurelia Ceionia Demetrias, eine Konkubine Commodus. Vermutlich war Commodus betrunken und wurde in seinem eigenen Bad von einem Athleten namens Narcisscus erwürgt. Überliefert wurde, dass Marcia ihn vergiftete und sein Ringkämpfer - Commodus hatte einen eigenen Ringkämpfer für Kampfspiele - umbrachte.
Die Erblinie herstammend von Antoninus Pius endete hiermit.
Die damnatio memoriae wurde über ihn verhängt. Alles was an ihn erinnerte wurde zerstört, beschädigt oder entfernt. Auf eine Vergottung des ermordeten Imperators legte der Senat keinen Wert.
Eigenartig ist bloß, dass Commodus Regierung ähnlich verlief wie die eines Caligula, Nero …
Und er wurde auch zum Sujet einiger Spielfilme. Auch ihre Inhalte sind unterhaltsam und dennoch zu hinterfragen.
Nach seinem Tod begann der Verfall dieses mächtigen Reiches, schlicht und einfach genannt Rom.
Laetus setzte es umgehend durch, dass der Stadtpräfekt (so ähnlich wie ein Bürgermeister) von Rom, Pertinax zum neuen Kaiser ausgerufen wurde. Mit ihm begann das Vierkaiserjahr. Unklar bleibt ob Pertinax die Fäden zog, die zur Ermordung Commodus führten. Kaiser Pertinax versuchte die Fehler Commodus zu korrigieren, die Ermordeten wurden würdig bestattet, die gefangenen Senatoren in Freiheit gesetzt, unglücksselige Gesetze rückgängig gemacht und die Staatsfinanzen wurden in Ordnung gebracht. Allerdings drei Monate später wurde Pertinax während eines chaotischen Aufstandes der Prätorianergarde erschlagen … Wahrscheinlich eine Reflexion aus der Ära des Commodus.
Anmerkung
[1] Solche Proskriptionslisten wurden schon unter Sulla eingeführt
Quellen
- Karl Christ, Die römische Kaiserzeit. Von Augustus bis Diokletian. 3. Auflage München 2006
- Will Durant, Cäsar und Christus. Lausanne o. J.
- Commodus/Wikipedia
- Edward Gibbon, The History Of The Decline And Fall Of The Roman Empire 1776-1782 (http://www.ccel.org/g/gibbon/decline/index.htm)
Weiterführendes
- Caligula - Wahnsinniger Herrscher am römischen Kaiserthron? (Essay von Zentner E.)
- Nero - Kluger Politiker, Schöngeist und er soll Rom zerstört haben? Wahrhafter Repräsentant des Cäsarenwahns? (Essay von Zentner E.)
- Tiberius - Kaiser und Tyrann? Unter ihm wurde Jesus von Nazareth gekreuzigt (Essay von Zentner E.)
- Mark Aurel/AEIOU