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Star-Architekt feiert Geburtstag#

Theophil Hansen hatte die Zweckmäßigkeit im Auge, aber auch stets der Schönheit entsprochen#


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Wiener Zeitung (Samstag/Sonntag, 13./14. Juli 2013)

Von

Michael Palfinger


Parlamentsgebäude, Herrenhaus-Saal
Hansens "Krönungsbau", das Parlamentsgebäude, seinerzeit Sitz des Herren- und des Abgeordnetenhauses, heute Sitz von Nationalrat und Bundesrat. Der frühere Herrenhaus-Saal, wie er vor der weltkriegsbedingten Zerstörung aussah.
© Parlamentsdirektion

Wien. Heute vor 200 Jahren, am 13. Juli 1813, wurde Theophilos Edvard Hansen als eines von sieben Kindern des Rasmus Hansen Braathen (1774 bis 1824) und der Sophie Elisabeth Jensen geboren. Er studierte ab 1827 an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen; sein ihn nachhaltig prägender Lehrer war Gustav Friedrich Hetsch (1788 bis 1864). Hansen absolvierte parallel eine Maurer-Ausbildung, erhielt 1836 das akademische Diplom und verließ die Anstalt, nachdem er als Auszeichnung für richtungsweisende Entwürfe ein Reise-Stipendium der Regierung erhalten hatte, 1838. In Berlin studierte Hansen die Werke des Karl Friedrich Schinkel (1781 bis 1841), hat jedoch nicht bei diesem studiert. Seine Studienreise führte ihn über Dresden und München nach Norditalien. Hansen trifft im Oktober 1838 in Athen ein, wo er zum Neo-Hellenisten wird, um sich später wieder dem Alt-Hellenismus bzw. der Polychromie zuzuwenden. Erste berufliche Athener Jahre an der Seite seines begabten Bruders Hans Christian Hansen (1803 bis 1883), der unter anderem an der Errichtung der Universität beteiligt war, machte sich 1842 selbständig und mit eigenen Projekten bemerkbar: Kathedrale (1842) und Sternwarte (1843) werden große Erfolge.

Hansen war mittlerweile auch dem Architekten, Universal-Unternehmer und Akademie-Professor Ludwig Förster (1797 bis 1863) aufgefallen; dieser war auch Gründer und Herausgeber der "Allgemeinen Bauzeitung", an die Hansen Pläne zur Veröffentlichung gesandt hatte. Förster erkannte Hansens Talent, lud ihn ein, bei ihm "Kompagnie-Architekt" zu werden und verpflichtete ihn für die Akademie der Bildenden Künste. Hansen kam 1846.

Hier wurde er zu Theophil und ehelichte Förster-Tochter Marie Sophie (Jahrgang 1831) im April 1851; die besonders innige Beziehung des Paares endete, als die Frau in Folge einer Schwangerschaftskomplikation bereits drei Monate später verstarb.

Das Meisterstück#

Es ist bemerkenswert, dass der Witwer seiner Frau die Treue hielt. "Zweimal ist kein Traum zu träumen" wurde er, der keine Zweite mehr suchte, zitiert. Aus diesem Grunde nahm er seine Schwester Anna Marie Berthilde Hansen (1826 bis 1895) nach Wien, die ihm fortan Stütze war. Das Ehedrama dürfte auch die Beziehung zwischen Hansen und Förster gestört haben; bei den Arsenal-Projekten ergab sich massiver Dissens, sodass die Arbeitsbeziehung 1852 endete.

Parlamentsgebäude, Herrenhaus-Saal
Herrenhaus-Saal im späterer Zustand, nach dem Umbau zum Nationalratsplenum in den 50er Jahren.
© Parlamentsdirektion

Das Waffenmuseum auf dem Arsenal-Gelände wurde zu Hansens Meisterstück; die Öffentlichkeit war über den byzantinisch ausgerichteten Prachtbau begeistert. Später werkte er auch in romanischer, gotischer und Renaissance-Ausrichtung stilsicher, um letztlich wieder zum Ur-Hellenismus zurückzukehren.

Ziegel-Orientierung#

Seine nordische Herkunft war eine Voraussetzung für die Ziegel-Orientierung, aus der sich auch ein enges Verhältnis mit dem Wiener Ziegel-Fabrikanten Heinrich Drasche (1811 bis 1880) ergab. Für ihn entwickelte er nicht nur den Prototypen einer neuen Wohnbau-Generation, den "Heinrich(s)hof" gegenüber der zeitgleich erbauten Staatsoper, sondern ging mit ihm auch eine unternehmerische Beziehung ein.

1868 wurde er Akademie-Professor (bis 1883), später auch Österreicher und Ehrenbürger Wiens sowie in den Adelsstand erhoben. Die "Wiener Zeitung" vom 18. Februar 1891 meldet in ihrer Chronik für den 17. Februar: "Heute um 7 ¾ Uhr Abends ist in seiner Wohnung, Amalienstraße Nr. 3, Oberbaurath Theophil Freiherr von Hansen verschieden."

Hansen wurde übrigens provisorisch in einer Gruft beigesetzt, die er mit dem wenige Wochen früher verstorbenen und mit ihm freundschaftlich verbundenen Friedrich von Schmidt (1825 bis 1891) bis zur Fertigstellung des eigenen Ehrengrabes teilen musste. Schwester Marie verwaltete den Nachlass mit Weitblick; die Königlich Dänische Botschaft in Wien, die sich verdienstvoll um die Hansen-Erinnerung bemüht, weist zudem auf die von Marie eingerichtete und bis heute bestehende Stiftung "Theophilos Hansen Stipendium" hin.

Der bisherige Höhepunkt des Hansen-Jahres war ein dreitägiges Symposion zu Ehren des Jubilars, das von der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste organisiert wurde und selbst für Fachleute viel Neues bot. Die Tagung wird in Form einer opulenten Festschrift dokumentiert und bildet den dritten Teil eines dreibändigen Hansen-Überblicks. Band 1 ist bereits erschienen ("Theophil Hansen und die Bibliothek der Akademie der bildenden Künste"), Band 2 wird die Dokumentation der Ausstellung "Theophil Hansen - Architekt und Designer", die ab 20. September zu sehen ist. Von Theophil Hansens zahlreichen Bauwerken seien hier nur einige wenige besonders bedeutsame genannt: Palais Erzherzog Wilhelm (heute OPEC OFID), Palais Epstein, Palais Ephrussi, Musikverein, Akademie der bildenden Künste, Börse, Parlament; zahlreiche weitere in anderen Städten, zum Beispiel Akademie der Wissenschaften sowie Bibliothek und Zappeion in Athen, Vereinshaus und Krankenhaus in Brünn, Invalidenhaus in Lemberg.

Wissen: Hansen-Jahr 2013#

Das Hansen-Jahr 2013 bietet zahlreiche Aktivitäten, die in einer Broschüre der Königlich Dänischen Botschaft zusammengefasst sind.

Wiener Zeitung, Samstag/Sonntag, 13./14. Juli 2013