Inklusive Regionen in Österreich #
Bildungspolitische Rahmenbedingungen zur Umsetzung der UN-Konvention #
Freundlicherweise zu Verfügung gestellt von der Zeitschrift: Behinderte Menschen, Heft 2 - 2013
Von
Ewald Feyerer
Die österreichische Bildungspolitik schlägt in ihrem Nationalen Aktionsplan vor, bis zum Jahr 2020 flächendeckend inklusive Regionen einzurichten. Der Artikel beschreibt, was damit gemeint sein könnte und welche Spannungsfelder sich bei der Umsetzung dieser Maßnahme auf gesamtgesellschaftlicher, nationaler und regionaler Ebene aufgrund der vorhandenen Rahmenbedingungen ergeben und welche Lösungsmöglichkeiten angedacht werden könnten.
Ausgangslage #
Bei der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 dachte die österreichische Regierung, dass mit der bisherigen Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf bereits alle Ziele erreicht seien. Dementsprechend gab es lange Zeit keinerlei bildungspolitische Aktivitäten zur Umsetzung der UN-Konvention seitens der Regierung. In seiner Stellungnahme zur Inklusiven Bildung vom 10. Juni 2010 erinnerte der Unabhängige Monitoringausschuss daran, dass es einer tiefgreifenden Strukturreform des österreichischen Bildungswesens bedarf und zeigte Besorgnis, „dass die Ratifizierung der Konvention im Oktober 2008 noch keine Diskussion über diesen Reformbedarf ausgelöst hat. Es wäre jedenfalls zu erwarten, dass Pläne über eine sukzessive Abschaffung von Sonderschulen achtzehn Monate nach Ratifizierung zumindest im Entwurf vorliegen. Dem Monitoringausschuss sind auf Anfrage keine solchen Pläne oder Entwürfe vorgelegt worden.“[1]
Erst der „Stufenplan zur inklusiven Schule“[2] der Lebenshilfe Österreich bewirkte eine erste öffentliche Diskussion im September 2010. Laut diesem Plan sollten bis zum Jahr 2016 alle Sonderschulen zu Gunsten inklusiver Schulen aufgelassen werden, die Sonderschullehrkräfte an inklusiven Schulen gemeinsam mit anderen Lehrerinnen und Lehrern unterrichten. Sonderpädagogische Zentren sollten in Pädagogische Zentren umgewandelt werden, die allen Schulen nützen. Im Dezember 2011 wurde der Entwurf eines Nationalen Aktionsplans (= NAP) vorgelegt, der die damalige Haltung der zuständigen Bundesministerin widerspiegelte, dass Sonderschulen ein wesentlicher, zusätzlicher Teil zu einem voll ausgebauten inklusiven Schulsystem seien. Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage dazu im Jänner 2012 zeigt auch deutlich, dass die zuständige Ministerin noch einen völlig unklaren Begriff von Inklusion hat: „Die schulische Förderung der Selbstbestimmung, insbesondere für körper- und sinnesbehinderte Kinder, ist ein besonderes Anliegen. (...) Artikel 24 der UN-Konvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten ein integratives Bildungssystem einzurichten. (...) Ausgehend davon, dass Sonderschulen unerwähnt bleiben, kann dies nur bedeuten, dass neben einem voll ausgebauten inklusiven System derartige Schulen als zusätzliche Angebote bestehen dürfen. Auch Artikel 24 Abs. 2 lit. a, der bestimmt, dass Menschen mit Behinderung nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden dürfen, steht der Existenz von Sonderschulen solange nicht im Weg, wie ein Überwechseln ins inklusive System jederzeit ohne Probleme möglich ist.“[3]
Parallel dazu erfolgte eine intensive Diskussion im Rahmen eines vom Bundesministerium organisierten partizipativen Prozesses. Im endgültigen Nationalen Aktionsplan steht zwar nichts von einer Auflösung bzw. Umwandlung der Sonderschulen und auch nichts von einem Aufnahmestopp an Sonderschulen, sehr wohl aber wird als Ziel die flächendeckende Verankerung „inklusiver Regionen“ bis zum Jahr 2020 angeführt (bmask 2012, 64). Was damit genau gemeint sein könnte und welche bildungspolitischen Spannungsfelder sich bei der Umsetzung vor allem durch die gesamtgesellschaftlich noch immer vorherrschende medizinische Sichtweise von Behinderung, die segregative und defizitorientierte Ausrichtung des österreichischen Schulsystems und die Unverbindlichkeit bundesgesetzlicher Regelungen auf regionaler Ebene ergeben, will der folgende Artikel näher beleuchten[4].
Gesamtgesellschaftliches Spannungsfeld Behinderungsbegriff #
Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ergibt sich das größte und grundlegendste Spannungsfeld durch die in weiten Teilen der Gesellschaft noch immer vorherrschende, medizinisch dominierte Sichtweise von Behinderung. Ursula Naue (2009), die die österreichische Behinderungspolitik im Kontext ihrer historischen und kulturellen Entstehung analysiert, zeigt auf,
- „dass Menschen, die von Geburt an behindert sind, benachteiligt sind und aus dem sozialen Netz mehr oder weniger herausfallen (280),
- „dass sich der Fokus auf Defizite bei behinderten Menschen gegenüber anderen Sichtweisen gesellschaftlich, rechtlich und politisch festgesetzt hat“ (...)
- „dass zwar in den letzten Jahren einige neue Akteursgruppen – nämlich Behindertenorganisationen – politisch relevant geworden sind, dass es jedoch nach wie vor hierarchische Unterschiede zwischen staatlichen politischen AkteurInnen und diesen neuen Gruppen gibt“ (281),
- dass „behinderte Menschen über lange Zeiträume hinweg als ‚unnötiger Kostenfaktor‘ (Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim) angesehen [wurden], was sich immer noch nachhaltig auf gegenwärtige Behindertenpolitik auswirkt“, (...) und
- „dass behinderte Menschen nur sehr langsam politisch aktiv werden konnten – was eben nicht an ihnen selbst lag oder liegt, sondern eine Folge des nicht vorhandenen Interaktionsverständnisses zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen ist“ (290).
Zusammenfassend beschreibt sie die österreichische Situation so: „Tatsächliche Barrieren und solche ‚im Kopf‘ bewirken bis heute, dass behinderte Menschen als eine Randgruppe der Gesellschaft betrachtet werden. Barrieren führten und führen dazu, dass behinderte Menschen ‚unsichtbar‘ waren und teils immer noch sind – auf der Straße, im Alltag, wie auch insgesamt als Teil der Gesellschaft“ (Naue 2009, 290)
Aufbauend auf dieser medizinischen Sichtweise von Behinderung erscheint es folgerichtig zu sein, Menschen mit Beeinträchtigungen Sonderinstitutionen zuzuführen, die über besondere Kenntnisse und Ressourcen verfügen, die in den Regelinstitutionen nicht zur Verfügung stehen. Je größer die Abweichung von der Normalität ist, desto wichtiger wird die besondere Unterstützung, desto selbstverständlicher die Absonderung.
Dem diametral entgegen stehen die Anforderungen und Zielsetzungen der UN-Konvention. Mit der Zielstellung „Full and effective participation and inclusion in society“ (BRK 2006, 5) verfolgt die UN-Konvention das Ziel der Überwindung medizinischer Sichtweisen von Behinderungen und bestehender Diskriminierungspraktiken auch im Erziehungsund Bildungssektor. Behinderung wird als unzureichende Partizipation beschrieben, benennt aber zugleich fehlende Möglichkeiten, das eigene Potenzial zu entwickeln und angemessene Herausforderungen für den Entwicklungs- und Bildungsprozess zu erhalten. Inklusion hat somit nicht die individuellen Lerndefizite einzelner Kinder im Blick sondern die Barrieren, die verhindern, das Burschen und Mädchen mit verschiedensten Biografien und Lernausgangslangen sich gemeinsam die Welt aneignen und sich dabei selbst weiterentwickeln.
„Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristig körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ (BRK 2006, Artikel 1).
Eine solche Sichtweise würde im Sinne einer ökosystemischen Sichtweise von Behinderung nach Sander (1994, 105) den Fokus auf die Teilhabe und die Barrieren anstatt auf die Behebung individueller Defizite lenken. Eine solche Sichtweise ist aber noch nicht common sense in Österreich. Trotzdem sieht Naue Chancen für einen wirklichen Paradigmenwechsel: „Von den ersten Behindertengesetzen in Österreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zum BGStG des Jahres 2006 wurde viel erreicht. Jedoch ist es noch ein weiter Weg, bis die UN-Konvention mit ihren Forderungen und Verpflichtungen für Nationalstaaten tatsächlich umgesetzt sein wird. Die UN-Konvention und ihre Implementierung in österreichische gesetzliche und politische Praxis bieten aber zugleich eine Chance und Möglichkeit für eine zukünftige Neuorientierung österreichischer Behindertenpolitik. Wichtig dabei wird sein, dazu beizutragen, dass die Aussage der Europäischen Kommission zur UN-Konvention ‚Disabiltiy is a rights issue and not a matter of discretion!‘ – also ‚Behinderung ist eine Frage des Rechts und keine Frage des Ermessens!‘ – nicht auf der Ebene einer bloßen Feststellung stecken bleibt“ (Naue 2009, 288f.).
Dass dies politisch ein schwieriges Unterfangen ist zeigen die vorsichtigen Formulierungen des NAP. Insgesamt spiegelt er aber klar den Paradigmenwechsel hin zur Inklusion wider. So werden gleich zu Beginn die wesentlichen Grundsätze zeitgemäßer Behindertenpolitik wie z.B. Partizipation, Barrierefreiheit und Selbstbestimmung festgehalten (bmask 2012, 7). Auf rund 100 Seiten werden dann 250 Maßnahmen aufgelistet, die alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens behandeln. Lag beim letzten umfassenden Strategiepapier zur Behindertenpolitik, dem Behindertenkonzept der österreichischen Bundesregierung vom 22. Dezember 1992 der Fokus noch mehr auf Fürsorge und Versorgung, steht nunmehr der Menschenrechts- und Gleichstellungsansatz im Vordergrund (bmask 2012, 13).
Die Maßnahmen für den Bereich Bildung, die seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (= bm:ukk) unter Einbeziehung aller Systemebenen mit ExpertInnen aus ganz Österreich erarbeitet wurden, sind im Kapitel 4 aufgelistet (bmask 2012, 61-70). Inklusion soll von der vorschulischen über die schulische und universitäre Bildung bis hin zur Erwachsenenbildung verankert werden, was sowohl in den Zielsetzungen als auch in den Maßnahmen erkennbar ist, wenngleich auch hier die Formulierungen sehr vage bleiben.
Mit Naue (2009) kann abschließend festgehalten werden, „dass die Basis und Möglichkeit vorhanden ist, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Allerdings fehlt derzeit in einem gewissen Ausmaß noch die Erkenntnis aus den Erfahrungen anderer Staaten, dass dieser Wandel langsam vorangeht und dass er überhaupt nur stattfinden kann, wenn sich Einstellungen und Haltungen sowohl der Bevölkerung als auch politischer Entscheidungsträger ändern“ (286).
Eine der wichtigsten Maßnahmen für eine erfolgreiche Umsetzung der UN-Konvention wird daher sein, das Verständnis von Behinderung und damit den Begriff Inklusion auf allen Eben immer wieder im Sinne der UN-Konvention zu definieren, diese umfassend zu kommunizieren und sowohl die legistische Begründung als auch die konkrete Ausgestaltung von Maßnahmen konsequent zu überprüfen und stetig anzupassen.
Segregatives Schulsystem auf nationaler Ebene #
Die österreichische Gesetzgebung zur schulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf spiegelt die medizinische Sichtweise von Behinderung wider. Bis 1993 wurden „Kinder, die infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volks- oder Hauptschule oder der Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermögen und nicht gemäß §15 Schulpflichtgesetz 1985 vom Schulbesuch befreit sind“[5], als SonderschülerInnen in eine Sonderschule überwiesen. Mit der Implementierung der Integration wurde das Schulpflichtgesetz zwar insoweit erweitert, dass „Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf“[6] nun ihre Schulpflicht sowohl in der Regelschule als auch in der Sonderschule erfüllen können. Die medizinisch ausgerichtete Definition des Sonderpädagogischen Förderbedarfs wurde aber nicht verändert sondern wörtlich übernommen.
Auch in Bezug auf die Schulorganisation erfolgte keine wesentliche Veränderung der seit den 60er Jahren bestehenden Strukturen des österreichischen Schulwesens. Obwohl die Integrationsbewegung mit dem Anspruch der Unteilbarkeit[7] antrat, musste sie sich mit einer additiven Verankerung zusätzlich zum Sonderschulsystem zufrieden geben, da sie nur erfolgreich sein konnte, wenn die bestehende Gliederungssystematik keinesfalls angetastet wurde, denn das Motto der damaligen Regierung lautete: „Innere Schulreform ja, äußere Schulreform nein“. Die in der Folge gesetzlich fixierte Zweigleisigkeit ermöglichte zwar ein ständiges Wachsen der Integration bis 2001/02 auf ein international sehr hohes Maß, verhinderte aber auch eine grundsätzliche Diskussion über die Grenzen der Integration, die Effektivität von Sonderschulen und die strukturelle Neuordnung der Sonderpädagogik.
So ist auch heute das Paradigma der Segregation noch immer strukturell bestimmend für die gesetzliche Verankerung und Praxis sowohl der getrennten als auch der gemeinsamen Beschulung. Die Integration wurde zu einem „normalen“, alltäglichen Bestandteil der österreichischen Schullandschaft, allerdings mit starken regionalen Unterschieden mit regionalen Segregationsquotienten zwischen 0,7% und 3% (Flieger 2012).
Die Vision der UN-Konvention trifft somit auf nationaler Ebene heute auf folgende Realität:
a. ein sehr segregativer Grundcharakter des Schulsystems (elf Sonderschularten, schularten- und jahrgangsbezogene Lehrpläne, Klassenwiederholungen, Noten ab der 1. Schulstufe, Trennung der Schüler/innen in Hauptschule / NMS und Gymnasium ab dem 10. Lebensjahr, drei Leistungsniveaus in der Hauptschule, zwei Leistungsniveaus in der Neuen Mittelschule) mit einer parallelen Verankerung der Systeme Sonderschule und Integration bis zum Ende der Pflichtschulzeit.
b. Bezüglich der Errichtung einer Gesamtschule gibt es in Österreich noch immer eine bildungspolitische Pattstellung zwischen ÖVP und SPÖ. Bildungsministerin Claudia Schmied konnte zwar die Neue Mittelschule gesetzlich verankern, allerdings nur um den Preis der Beibehaltung der Gymnasien, also der Aufgabe der komprehensiven Idee für die Sekundarstufe I. Die Idee der inklusiven Schule setzt aber pädagogisch eine echte Gesamtschule voraus. Einerseits stimmt die inklusive Idee mit den aktuellen bildungspolitischen Intentionen der Individualisierung und Differenzierung überein und darf daher heute thematisiert werden. Damit verbundene Strukturdiskussionen bzgl. Abschaffung der Unterstufen der Gymnasien und alternativer Formen von Leistungsbeurteilung sind aber andererseits mit der Übernahme der Neuen Mittelschule wieder für Jahre auf Eis gelegt worden.
c. Mit der Verankerung der NMS wird die Heterogenität und Diversität und damit die Individualisierung und innere Differenzierung als pädagogischer Grundsatz massiv eingefordert. Ebenso ist dies in der Neuausrichtung der Schulaufsicht mittels des Projektes SQA (= Schulqualität Allgemeinbildung)[8] zu bemerken. Mit der Novellierung des § 18 Bundes-Schulaufsichtsgesetz, die am September 2012 in Kraft getreten ist, werden die Eckpunkte eines Nationalen Qualitätsrahmens definiert, die in einem partizipativen Prozess weiter konkretisiert werden sollen. Als Rahmenzielvorgabe für den Zeitraum 2012/13 bis 2015/16 definiert das bm:ukk die Weiterentwicklung des Lernens und Lehrens in Richtung Individualisierung und Kompetenzorientierung. SQA versteht sich dabei als organisatorischer Rahmen und Werkzeug zur Zielerreichung und definiert zwei tragende Strukturelemente auf bzw. zwischen allen Ebenen des Schulsystems: Entwicklungspläne (EP) und periodische Bilanz- und Zielvereinbarungsgespräche (BZG) als Grundlage für eine dialogische Führung und Vereinbarungskultur. Die Umsetzung der UN-Konvention und die Errichtung inklusiver Regionen ist dabei aber noch kein Thema.
d. Die langjährige Kultur der Absonderung und besonderen Betreuung behinderter Kinder, die generell als wichtig und gut eingeschätzt wurde, wirkt immer noch, insbesondere bei Kindern mit schweren Beeinträchtigungen. Aufgrund von sinkenden Ressourcen und fehlendem Qualitätsmanagement in der Integration scheint heute der Schonraum Sonderschule wieder interessanter zu werden und zu einem Anstieg der Schülerzahlen an Sonderschulen zu führen.
e. Auch die langjährige Tradition einer individualtheoretisch und caritativ-fürsorglich ausgerichteten Sonderpädagogik ist noch immer in der Alltagspraxis wirksam, was sowohl die Praxis der Förderplanarbeit seitens der Lehrer/innen als auch der Ruf nach Schonraum und Therapien seitens der Eltern bestätigt, wie der öffentlich ausgetragene Streit um die Schließung einer Sonderschule in Kärnten im Jahr 2012 recht deutlich gezeigt hat.
f. Befürworter (z.B. die Lebenshilfe Österreich, inklusiv ausgerichtete Pädagog/ innen) und Gegner der Inklusion (z.B. VertreterInnen der heilpädagogischen Gesellschaft, Eltern, die für ihre Kinder öffentlich wirksam Nachteile durch Abschaffung der Sonderschule befürchten) stehen sich heute wieder wie zu Beginn der Debatte um Integration gegenüber. Während die Befürworter vor allem über den – relativ nüchternen – Appell an die Verpflichtung zur Umsetzung der UN-Konvention argumentieren, sorgen die Gegner politisch und medial wirksamer für Druck auf die Bildungspolitik, wie ebenfalls die Prozesse rund um die geplante Auflösung der Sonderschule in Klagenfurt zugunsten dezentraler Zentren zur Unterstützung der Inklusion in ganz Kärnten im Jahr 2012 zeigten. Gegner und Befürworter finden sich noch immer über alle politischen Parteien gestreut, während aber in den 90ern die Integration nicht für parteipolitischen Zank genutzt wurde, wird die Umsetzung der UN-Konvention heute auch für parteipolitische Querelen genutzt, wie ebenfalls Kärnten deutlich zeigt[9].
g. Langjährige und stetige Verringerung der sonderpädagogischen Ressourcen aufgrund der sogenannten § 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zur Finanzierung der LandeslehrerInnen. Diese Personalreduktion lässt den Eindruck, dass die Inklusion von der Regierung als Sparprogramm missbraucht werden könnte, nur schwer widerlegen. Neben entsprechenden Willensbekundungen und öffentlichkeitswirksamen Auftritten im Sinne der Inklusion ist vor allem darauf zu achten, dass in den anstehenden § 15a-Verhandlungen zusätzliche Personalressourcen für die Entwicklung und Implementierung inklusiver Regionen sowie für die Umsetzung inklusiver Schulen zur Verfügung gestellt werden.
h. Regional sehr große Unterschiede in Bezug auf die Umsetzung der Integration (quantitativ und qualitativ, sehr stark abhängig von den Einstellungen und Werten der handelnden Personen).
i. Kein klares Verständnis des Begriffs Inklusion im Sinne der UN-Konvention seitens der Bildungspolitik, der Schulverwaltung, der SPZ-LeiterInnen, SchulleiterInnen und LehrerInnen. Zumeist wird Inklusion einfach als Synonym für Integration verwendet. Erfolgt eine Differenzierung, dann oft in der Art, dass Inklusion als unerreichbare Utopie gesehen wird.
In Anbetracht dieser Situation hat sich die Bundesregierung entschlossen, mit dem Nationalen Aktionsplan (bmask 2012) einen Weg zu eröffnen, der einerseits in die richtige Richtung weist, andererseits aber weite Interpretationsspielräume zulässt, was folgende Auszüge aus dem gesamten Bildungsbereich exemplarisch zeigen sollen:
- „Inklusive Konzepte zum Übergang vom Kindergarten in die Volksschule sollen entwickelt werden. (S. 62) (...)
- Entwicklung von Inklusiven Modellregionen. Erfahrungssammlung und darauf aufbauend Erstellung eines detaillierten Entwicklungskonzeptes sowie flächendeckender Ausbau der Inklusiven Regionen bis 2020. (S. 64) (...)
- Inklusive Pädagogik als Teil der zukünftigen Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer an Pädagogischen Hochschulen und für Studierende der Lehrämter an Allgemeinbildenden und Berufsbildenden Höheren Schulen (S. 65) (...)
- Allen Schülerinnen und Schülern soll die barrierefreie Teilhabe am Unterricht gewährleistet werden. (S. 66) (...)
- Die Inklusion behinderter Studierender soll im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten und den Begleitgesprächen zu ihren Umsetzungen verstärkt als bildungspolitisches Ziel thematisiert werden. (S. 68) (...)
- Das Prinzip der Barrierefreiheit soll bei der Vergabe von Fördermitteln verstärkt berücksichtigt werden“ (S. 69). Mit dem Begriff der Inklusiven Regionen und deren flächendeckenden Verankerung bis 2020 wurde ein Ausweg gefunden, der einerseits eine Schließung von Sonderschulen nicht explizit verlangt, andererseits aber eine solche durchaus zulässt. Eine genauere Definition des Begriffes wurde im NAP nicht angeführt, im unveröffentlichten „3. Arbeitspapier zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ (Gasteiger-Klicpera, Wohlhart 2012), welches im Rahmen des vom bm:ukk gesteuerten partizipativen Prozesses zur Erstellung des NAP entstanden ist und damit als wichtige inhaltliche Grundlage des Umsetzungsprozesses gesehen werden muss, wurde die Inklusive Region aber sehr wohl ausführlicher definiert:
„Eine Inklusive Region ist eine Region, die das Ziel verfolgt, in ihrem Einflussbereich den Artikel ‚24. Bildung‘ der UN-Behindertenrechtskonvention vollständig umzusetzen. Im Zentrum steht das Anliegen, in einem definierten Zeitraum die Qualität der Bildungseinrichtungen in der Region hinsichtlich inklusiver Bildung so anzuheben, dass Sondereinrichtungen wie Sonderschulen oder Sonderkindergärten geöffnet oder nicht mehr gebraucht werden. Der Begriff ‚Region‘ lässt deren geografische Ausdehnung zunächst offen. Eine inklusive Region umfasst im Allgemeinen einige Schulbezirke. Einige österreichische Bundesländer haben bereits (Bildungs-)Regionen dieser Größenordnung eingerichtet oder planen dies. Wenn bereits Bildungsregionen eingerichtet sind, empfiehlt es sich, diese zu inklusiven Regionen auszubauen. Die über die Bezirksgrenzen hinausgehende Erstreckung ist darin begründet, dass in diesen Regionen die wichtigsten professionellen Kompetenzen für die Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems und für die individuelle Förderung vertreten sein sollen“ (Gasteiger-Klicpera, Wohlhart 2012, 3).
Inwieweit die vom Bund definierten Zielsetzungen und Maßnahmen im NAP auch von ihm selbst ernst genommen und damit auch für die weitere Entwicklung verpflichtend und wirksam werden, wird sich ganz konkret an folgenden zwei politischen Ereignissen im Jahr 2013 ablesen lassen: bei den nach der Wahl im Herbst anstehenden Verhandlungen zum Regierungsprogramm und den § 15a-Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Nur wenn dort die im NAP festgelegten Ziele und Maßnahmen weiter ausdifferenziert und auch mit entsprechenden Mitteln versehen werden, kann mit einer positiven Umsetzung der UNKonvention gerechnet werden, denn:
„Die Maßnahmen, die aus künftigen Bundeshaushalten zu finanzieren sind, müssen nach Maßgabe der einzelnen Ressorthaushalte budgetiert werden. Die für die jeweiligen Maßnahmen zuständigen Bundesministerien haben entsprechende Vorkehrungen im Ressortbudget zu treffen“ (bmask 2012, 9).
Unverbindlichkeit nationaler Gesetze auf regionaler Ebene #
Österreich ist insbesondere im Pflichtschulwesen sehr föderalistisch organisiert. Obwohl die Gesetze in Bezug auf Integration und sonderpädagogische Förderung national einheitlich sind, entwickeln sich die Bundesländer sehr unterschiedlich. Ja selbst zwischen den politischen Bezirken innerhalb eines Bundeslandes zeigen sich große Unterschiede. Erklärt kann dies nur mit den unterschiedlichen Einstellungen und den regional unterschiedlichen schulischen Angeboten werden. Mit dem NAP wurden nun Maßnahmen festgelegt, die unbedingt eine Beteiligung der Länder erfordern, eine konkrete Verpflichtung der Länder kann aber mit dem NAP nicht erfolgen. Letztendlich ist die Entwicklung und Implementierung Inklusiver Regionen daher vor allem eine regionalpolitische Aufgabe.
Innerhalb der Regionen ist daher – genauso wie auf nationaler Ebene – eine entsprechende Unterstützung durch die Bildungspolitik, ideell und monetär, von großer Bedeutung. Bisher hat allerdings erst ein Bundesland, nämlich die Steiermark, also jenes Land, das mit einem Integrationsquotienten von 80% schon sehr weit fortgeschritten ist, die Aufforderung, einen Regionalen Aktionsplan auf Basis des Nationalen Aktionsplans zu entwickeln, ernst genommen. Im „Aktionsplan des Landes Steiermark, Phase 1: 2012–2014“ wurden zuerst neun allgemeine Leitlinien und dann konkrete Umsetzungsmaßnahmen für die Phase 1 bis 2014 formuliert. Im Bereich Bildung sind dabei folgende messbare Ziele festgelegt worden:
- „Eine einheitliche Zuständigkeit für die Zusatzbetreuung an Schulen und Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen ist umgesetzt. (Land Steiermark 2012, 76)
- Ein Konzept für mindestens eine Modellregion ist bis Ende 2014 fertiggestellt.“ (77)
Für den Bereich der barrierefreien Erwachsenbildung ergaben sich die folgenden drei Teilziele bis 2014:
- „Aktive Mitwirkung von acht bis zehn Bildungseinrichtungen sowie von drei bis fünf Bibliotheken im konkreten Entwicklungsprozess
- Ausbildung von TrainerInnen
- Durchführung einer Fachtagung“ (78)
Das Bundesland Kärnten hat zwar noch keinen Regionalen Aktionsplan wie die Steiermark publiziert, aber im Zusammenhang mit der Schließung des Sozialpädagogischen Zentrums bfz in Klagenfurt „Wege und Schritte zu einer inklusiven Bildungslandschaft“10 definiert. Ein erstes Ziel ist es, die bisher in der Landeshauptstadt konzentrierte sonderpädagogische und therapeutische Unterstützung auf sogenannte „regionale Inklusionszentren“ zu verteilen. An vier regional gut verteilten Schulstandorten mit Integrationserfahrung sollen Kleinklassen für fünf bis sieben Kinder mit einer Doppelbesetzung im Unterricht, Nachmittagsbetreuung und der Installierung eines mobilen therapeutischen Dienstes optimale Bedingungen auch für schwerer beeinträchtigte SchülerInnen garantieren und damit die Ängste von Eltern minimieren. Gemeinsame Unterrichtung ist möglich, muss aber nicht sein. Mit dem Regierungswechsel im März 2013 wurden die bisher gesetzten Schritte aber wieder in Frage gestellt.
Ansonsten hat noch kein Bundesland konkrete und sichtbare Schritte zur Entwicklung von Inklusiven Regionen gesetzt, aber auch die Bundesregierung ist nicht wirklich aktiv darum bemüht, zu konkreten Vereinbarungen mit den Ländern zu kommen und die noch offenen Aspekte zu klären.
Als inhaltliche Richtlinie für die Umsetzung Inklusiver Regionen laut NAP ist auf das „3. Arbeitspapier zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ (Gasteiger-Klicpera, Wohlhart 2012) zurückzugreifen. Entgegen den sehr vagen Formulierungen im NAP steht dort klarer, welche Zielsetzungen mit dem Konzept der Inklusiven Regionen verfolgt werden sollen:
„Das Szenario der ‚Inklusiven Region‘ wird als Konkretisierung bisheriger, allgemeiner Überlegungen verstanden. Es gilt als Ausgangspunkt für die flächendeckende Weiterentwicklung des inklusiven Schulsystems in Österreich. (:::) Die stufenweise Einrichtung inklusiver Regionen steht am Beginn eines Implementierungsprozesses, der im Jahr 2012 beginnen soll und an dessen Ende im Jahr 2020 die inklusive Kompetenz des allgemeinen Schulsystems bundesweit so erweitert wurde, dass eine Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in Sondereinrichtung nicht mehr erforderlich ist“ (Gasteiger-Klicpera, Wohlhart 2012, 1f.).
Damit ist ein Zeitpunkt, nämlich das Jahr 2020 definiert, an dem Sondereinrichtungen nicht mehr erforderlich sein sollen, weil sich die Qualität des Bildungswesens insgesamt entsprechend verbessert hat. Gemäß der Idee, dass die Entwicklungen vor allem in den Regionen und mit den Regionen gestaltet werden sollen, wird bezüglich der konkreten Umsetzung auch im 3. Arbeitspapier vieles offen gelassen, wie z.B.
- die genaue Definition der regionalen Ausdehnung (3),
- die Beauftragung eines Konsortiums mit der Entwicklung eines regionalen Aktionsplans sowie der Festlegung von Indikatoren (3)
- die Festlegung der ersten Modellregionen noch im Jahr 2012 (4)
- die Errichtung eines externen Evaluationsteams zur Prüfung der Konzepte (4)
- die Finanzierung und Einrichtung von Projektkoordinatoren pro Modellregion (4)
- die Finanzierung und Errichtung eines externen Teams zur wissenschaftlichen Begleitung (4) oder
- die Finanzierung und Errichtung „regionaler Inklusionszentren“, die als zentrale Einrichtung die Entwicklung zur inklusiven Region treiben, steuern, unterstützen und koordinieren sollen (4).
Das 3. Arbeitspapier zur Umsetzung erkennt damit sehr klar, dass für die geplanten regionalen Entwicklungen Unterstützungssysteme notwendig sind, womit zwei wichtige Player ins Spiel kommen: die Pädagogischen Hochschulen in ihrer Verantwortung der regionalen LehrerInnenfort- und -weiterbildung und die Sonderpädagogischen Zentren mit ihrem Auftrag zur Unterstützung und Koordination der Integration. Nur bei entsprechender Beglei tung der Prozesse auf regionaler Ebene kann auf lokaler Ebene wirksame Schulentwicklung stattfinden. Da es kaum neue Ressourcen geben wird, sieht das 3. Arbeitspapier in pragmatischer Weise die Zusammenführung der vorhandenen Institutionen vor:
„Alle bisher vorhandenen Unterstützungssysteme, wie z.B. sonderpädagogische Zentren, IZBTeams, … sowie deren Ressourcen werden in die regionalen Inklusionszentren eingemeindet oder durch Kooperationsverträge eingebunden, wodurch einerseits die übergreifende Förder-, Entwicklungs- und Beratungskompetenz gesteigert wird, andererseits aber auch ineffiziente Doppelgleisigkeiten abgebaut werden“ (Gasteiger-Klicpera, Wohlhart 2012, 5).
Conclusio #
Österreichs Bildungspolitik strebt mit dem Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012 – 2020 eine flächendeckende Implementierung inklusiver Regionen und damit indirekt die Umwandlung des noch immer sehr segregativ strukturierten Schulsystems an. Dabei stößt sie auf eine gesamtgesellschaftliche Situation, die Behinderung zumeist noch medizinisch und defizitorientiert definiert und Inklusion als Synonym für Integration oder unerreichbare Utopie denkt. Eine zu rasche Auflösung von Sonderschulen und der gymnasialen Unterstufe würde daher auf große gesellschaftliche Widerstände stoßen, was eine erste Initiative in Kärnten sehr deutlich gezeigt hat. Der Umwandlung des Schulsystems ist daher Zeit zu geben. Das Konzept der Inklusiven Regionen basiert auf dieser Erkenntnis und auf der Einsicht, dass die Auflösung von Sonderschulen noch nicht als Erfüllung der UN-Konvention angesehen werden kann. Dies kann nur ein Teilstück einer grundlegenden strukturellen Reform hin zu einem inklusiven Bildungssystem sein, denn es geht insgesamt darum, schrittweise zu einem Bekenntnis zum Grundprinzip der Diversität und der Abschaffung von sozialen, kulturellen und sozio-ökonomischen Barrieren im Bereich Bildung durch eine Reform der Regelschulen zu kommen. Damit diese Reform gelingen kann ist eine entsprechende Steuerungspolitik notwendig, die Entwicklungen in Richtung inklusiver Regionen klar und deutlich unterstützt – ideell, personell, finanziell und gesetzlich. Konkrete bildungspolitische Maßnahmen dafür wären:
- Fort- und Weiterbildungen zur Umsetzung von Kompetenzorientierung, Individualisierung und innerer Differenzierung
- Alternative Formen der Leistungsbeurteilung anstatt Ziffernoten (zumindest in den ersten sechs Pflichtschuljahren)
- Keine schulformen- und jahrgansbezogene Lehrpläne und damit keine Klassenwiederholungen oder Rückstellungen
- Keine unterschiedlichen Schulformen in der Sekundarstufe I, keine Leistungsgruppen
- Jahrgangsgemischte Lerngruppen anstatt jahrgangshomogener Klassen
- Rhythmisierung des Tagesablaufs anstelle der Aneinanderreihung 50-minütiger Lehreinheiten
- Ganztagesschulen mit verschränkter Form von Lern- und Freizeit
- Umwandlung von Sonderschulen und allgemeinen Schulen zu Schulen für alle
- Zuweisung zusätzlicher Förderressourcen, nicht an das Kind gebunden, sondern über eine indexbasierte Mittelzuweisung (ausgenommen für Kinder mit Sinnes- oder körperlichen Beeinträchtigungen)
- Öffnung der Schulen, Einbindung der Schulen in das kommunale Leben
- Schaffung von Zeit, Raum und Strukturen für erhöhte Kooperation und Partizipation von LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen
- Mehr Interdisziplinarität und Teamarbeit
- Förderung und Unterstützung interner Schulentwicklungsprozesse, aber auch externe Evaluierungen
Für diese Prozesse müssen einerseits zusätzliche Ressourcen ins System gebracht werden, andererseits vorhandene Ressourcen neu gebündelt werden. Eine entscheidende Rolle in diesem Zusammenhang werden die noch zu kreierenden regionalen Inklusionszentren, aber auch die bereits vorhandenen Sonderpädagogischen Zentren sowie die Pädagogischen Hochschulen spielen.
Die Verwirklichung der schulischen Integration im Sinne eines Parallelsystems erschien in den 80er-Jahren völlig unerreichbar. Seit rund 10 Jahren ist sie in Österreich Realität. Die Entwicklung eines inklusiven Systems erscheint heute vielen unerreichbar. Ob sie in rund 20 Jahren umgesetzt ist, wird sich zeigen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende bildungspolitische Steuerung und Unterstützung auf allen Ebenen. Der NAP und das 3. Arbeitspapier zur Umsetzung der UN-Konvention geben die Richtung vor. Wie bereits bei der Einführung der Integration in den 90ern gilt dabei auch heute noch: „Alles ist möglich, aber nichts ist fix.“ Dies mag für den Entwicklungszeitraum wichtig und gut sein. Für eine flächendeckende Implementierung müssen dann aber sehr wohl eindeutige Regelungen erarbeitet und legistisch umgesetzt werden, damit die Inklusion das Schulsystem verändert und nicht das Schulsystem die Inklusion.
[1] http://www.monitoringausschuss.at/sym/monitoringausschuss/Stellungnahmen [21.03.2013]
[2] http://www.lebenshilfe.at/index.php?/de/Aktuelles/Stufenplan-zur-inklusiven-Schule [21.03.2013]
[3] Anfragebeantwortung 9730/AB XXIV.GP vom 13. Jänner 2012, kursive Hervorhebung durch den Autor, http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_09730/imfname_240727.pdf [21.03.2013]
[4] Wichtige Faktoren wie Indexbasierte Mittelzuweisung oder eine entsprechende Lehreraus-, fort- und -weiterbildung sind aufgrund der notwendigen Kürzung hier nicht erwähnt, können aber unter der oben angegebenen URL nachgelesen werden.
[5] Definition laut § 8, Schulpflichtgesetz
[6] SpF ist die Abkürzung für Sonderpädagogischer Förderbedarf
[7] These 3: „Integration ist unteilbar. Sie lässt keine Ausnahmen zu.“ (Muth 1992, 186)
[8] Vgl.: http://www.schule.at/news/detail/sqa-schulqualitaet-allgemeinbildung-1.html [05.03.2013]
[9] Der für die Umsetzung der UN-Konvention zuständige Landesrat gehört in Kärnten der FPK an. In der Diskussion über die Abschaffung der Gutenberg-Sonderschule traten sowohl SPÖ als auch die Grünen medial für den Erhalt der Sonderschule ein, obwohl sie ansonsten für ein inklusives Schulsystem sind. Nach dem im März 2013 erfolgten Regierungswechsel war eine der ersten Beschlüsse der Koalitionsregierung von SPÖ, Grünen und ÖVP die Aufrechterhaltung und Renovierung der Landesweiten Sonderschule, also die totale Umkehrung der bereits eingeleiteten Schritte in Richtung Inklusion.
[10] [24.05.2012]
Literatur #
- bmask (2012): Nationaler Aktionsplan Behinderung 2012–2020. Strategie der österreichischen Regierung zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention. Inklusion als Menschenrecht und Auftrag. Wien: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Kostenlos bestellbar beim Broschürenservice des ehem. bmask [Anm. d. Red.] bzw. downloadbar unter https://broschuerenservice.sozialministerium.at
- Flieger, P. (2012). Es läuft was falsch bei der Schulintegration. URL: http://bidok.uibk.ac.at/library/flieger-segregationsquotient.html [13. Mai 2012].
- Gasteiger-Klicpe ra, B./Wohlhart, D. (2012). 3. Arbeitspapier zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wien: unveröffentlichtes Dokument.
- Muth, J. (1992). Schule als Leben. Prinzipien – Empfehlungen – Reflexionen. Eine pädagogische Anthologie. Baltmannsweiler: Schneider Verlag.
- Naue, U. (2009). Österreichische Behinderungspolitik im Kontext nationaler Politik und internationaler Diskurse zu Behinderung. In: SWS-Rundschau, 49. Jg., Heft 3, S. 274–292.
Der Autor #
Prof. Dr. Ewald Feyerer, seit 2007 Leiter des Instituts Inklusive Pädagogik an der PH Oberösterreich, Linz. Arbeitsschwerpunkte: LehrerInnenbildung, Curriculumsentwicklung, Schulentwicklung und Evaluationsforschung, Assessment PH Oberösterreich Institut Inklusive Pädagogik Kaplanhofstraße 40 4020 Linz, Österreich