Page - 24 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Einleitung24
Singer innerhalb der Ateliergemeinschaft. Hier besteht ein eklatanter Widerspruch zu
der vermeintlich offiziellen Bezeichnung „Atelier Singer-Dicker“, die bis heute von der
Literatur ohne Hinterfragen verwendet wird. Diese Bezeichnung wurde jedoch, wie sich
nun herausstellte, nie von Dicker und Singer geführt. Aus diesen Gründen wird im Fol-
genden der Begriff „Ateliergemeinschaft“ bzw. „Atelier“ gewählt. Da Dicker 1931 aus der
Arbeitsgemeinschaft austrat, wird bei nachfolgenden Projekten auch der Begriff „Atelier
Franz Singer“ verwendet.
Darüber hinaus gilt es zu klären, wie die Ateliergemeinschaft zu Aufträgen gelangte
und wer zur Auftragsklientel gehörte. Zeichnungen, Modelle, Publikationen und Aus-
stellungen waren strategische Hilfsmittel, um neue KundInnen zu akquirieren. Durch
die auf der von Singer erstellten Werkliste angegebenen Adressen und Namensinitia-
len konnten die zumeist jüdischen AuftraggeberInnen, ihre Berufsstände und Schicksale
während des Nationalsozialismus im historischen Wiener Adressbuch Lehmanns Woh-
nungsanzeiger und im Österreichischen Staatsarchiv recherchiert werden. Hilfreich war
zudem das Nachschlagewerk Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800 –
193868 des Historikers Georg Gaugusch sowie die Internet-Datenbank www.geni.com69.
Darauf folgt die Analyse des Werks mit einführenden Kapiteln über das Bauhaus und
den Entwicklungen in Wien sowie den zentralen Kapiteln „Einrichtungsgegenstände:
Möbel, Leuchten und Kachelöfen“ sowie „Raumgestaltungen und Architektur“. Die Un-
tergliederung der Kapitel über die Möbel ergab sich aus der Untersuchung von Dickers
und Singers Verhältnis zu Materialien, Herstellern und Produktionsmethoden. Eine
Aufteilung in Möbel-Gruppen nach Material und eine jeweils separate, dem Material
entsprechende Abhandlung der Hersteller erschien sinnvoll, um die Entwicklungsten-
denzen darzustellen. Das Kapitel wird abgerundet durch Betrachtungen der Kindermö-
bel, Leuchten und Kachelöfen. Im anschließenden Teil über „Raumgestaltungen und
Architektur“ werden zunächst die Farbkonzepte behandelt, um nachfolgend die in Ver-
bindung mit dem von Adolf Loos geplanten Wohnhaus realisierten Aufträge für das
Ehepaar Wottitz-Moller näher zu untersuchen und die neuen Forschungsergebnisse zu
präsentieren. In den folgenden Kapiteln über Wohnkonzepte auf kleinster Fläche werden
neben Bezügen zu ArchitektInnen des sozialen Wohnbaus auch Verbindungen zu Adolf
Loos herausgearbeitet. Den Abschluss bildet ein Kapitel über das Gästehaus Auersperg-
Hériot, bei dem es sich um den einzigen realisierten Wohnbau des Ateliers handelt. Eine
kritische Betrachtung der multifunktionalen und raumsparenden Möbel und Raumge-
staltungen rundet schließlich die Analyse ab.
68 Gaugusch 2011.
69 www.geni.com ist eine genealogische Website, die von der israelischen Firma MyHeritage 2007
gegründet wurde.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Title
- Bauhaus in Wien?
- Subtitle
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Author
- Katharina Hövelmann
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Size
- 17.4 x 25.6 cm
- Pages
- 492
Table of contents
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482