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Strategien der Bewerbung 149
ein unverzerrtes Grundrissbild in seiner maß-
stäblichen Größe war.148 Die häufige Verwen-
dung dieser Darstellungsmethode verdeutlicht
Dickers und Singers Verbundenheit mit dem
Bauhaus. Zum Einsatz kamen die Zeichnungen
auch bei Ausstellungen. Auf einer Fotografie,
die den „Schrankraum“ bei der von Dezember
1929 bis Februar 1930 im Österreichischen
Museum für Kunst und Industrie veranstalte-
ten Ausstellung „Wiener Raumkünstler“ zeigt,
sind an der Wand angebrachte Axonometrien
des Einbaumöbels erkennbar.149
Auch Modelle der im Atelier entworfenen
Möbel dienten der Veranschaulichung. Dazu
gehören das „Diwanbett“150 Li11, der begeh-
bare „Schrankraum“ Li/Sch9 mit herausdreh-
barem Doppelbett, der Schreibtisch Ti15 und
Ti16, das Bett Li5 für den Auftraggeber Viktor
Kraus, die Stahlrohrstühle S1 und S9, Möbel
des Projekts „Möbelhilfe“ sowie drei Modelle
nicht realisierter Möbel (Abb. 97–107).151 Das
„Diwanbett“, der „Schrankraum“ und das Bett
für Viktor Kraus sind aus Sperrholz herge-
stellt. Die Betten des „Schrankraums“ und die
Liegeflächen des „Diwanbetts“ und des Bettes
Li5 sind hingegen aus Messing und Drahtnetz gefertigt. Am „Diwanbett“ konnte ur-
sprünglich der Effekt der Hebefunktion nachvollzogen werden, darauf weisen die noch
erhaltenen Scharniere hin, wobei der Mechanismus heute nicht mehr funktioniert. Die
Liegefläche ist wie bei der großen Ausführung mit farbigen Gurten bespannt. Das Mo-
dell wurde demnach neben dem Mechanismus auch in Bezug auf die Materialien in
Miniatur originalgetreu nachgebaut. Die Stühle und Tische wurden aus Draht in Form
gebogen. Um Bezüge von Sitzfläche und Rückenlehnen zu imitieren, wurden die Stühle
148 Tusch 2005, S. 53, 57.
149 Siehe: BHA, Fotosammlung, Franz Singer, Ausstellung „Wiener Raumkünstler“, Inv.-Nr. 7917/19.
150 Der Möbeltyp „Diwan“ leitet sich aus seinem orientalischen Ursprung ab und ist eine alternative
Bezeichnung für das Kanapee, das zentrale Sitzmöbel im Biedermeier. Die heutige Bezeichnung
„Sofa“ kam erst wesentlich später auf. Siehe: Ottomeyer/Schlapka 2000, S. 202–203.
151 Nicht realisiert wurden der Stahlrohrstuhl „S3“, der Tisch „Ti11“ und ein Hocker.
Abb. 96: Gästezimmer II., Gästehaus
Auersperg-Hériot, Axonometrie, 1931/32,
Bleistift, Farbstift, Tempera, Stoff, Papier,
Silberpapier, Glanzpapier auf Papier unter
Kartonmaske, 41,5 x 34 cm, BHA.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Title
- Bauhaus in Wien?
- Subtitle
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Author
- Katharina Hövelmann
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Size
- 17.4 x 25.6 cm
- Pages
- 492
Table of contents
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482