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Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Page - 170 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer

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Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938170 sein Verwurzeltsein hier. Man kriegte ihn nicht raus. [...] Dann Theresienstadt: Da waren Friedl und die Schwestern Quittner262 (Mutter Quittner starb Gott sei Dank 2 Monate früher in Wien) Nur Friedls Mann Paul Brandeis ist nach Prag zurückgekommen. Aber das werden Sie wohl schon genauer geschrieben bekommen haben. [...] Der Hass der eine Lösung verhindert hat war kein Hass, sondern Neid, dass der eine mehr hat als der andere. [...]“263 Sarkastisch führt sie fort: „Früher hatte man seinen Hausjuden, jetzt hat man seinen Hausnazi – man hat ja ein menschliches Herz und somit ist man salviert und sieht und hört [...] nix. Also Prosit. [...] Ich will nur noch sagen, dass ich ein ziemlich kaputtes Atelier habe und es mir nicht gelungen ist, es gerichtet zu bekommen. Was kein Wunder ist. Aber da die gesamte Familie bis auf paar Möbel und was auf dem Leib hatte, alles dem Krieg opfern musste, ist es nicht einfach vor der Zeit etwas zu erreichen. [...] Ansonsten wird noch viel zu schreiben sein. Erhalten haben sich die reduzierten Akten, alle Patentakten und diverse Möbel in verschiedenen Lagern.“264 In einem im Januar 1947 verfassten Brief an Singer wird Schroms inneres Befinden deutlich. Sie bittet ihren ehemaligen Chef um Zusendung zuversichtlicher Literatur und seiner in London ent- standenen Arbeiten: „Ich aber bin erledigt. [...] Neues ist inzwischen nichts eingetroffen – das ich noch mitteilen sollte. Und mir fällt auch nicht mehr ein. Sie werden fragen müssen – mein Kopf ist ein Gefängnishof – immer im Kreis herum. [...] Ja– eine Bitte hätte ich: Das Buch Anatomy of Peace265 von Emery Reves, ausser den erbetenen Repro- duktionen oder Ähnlichem Ihrer Arbeiten.“266 Singer arbeitete nach dem Krieg nur noch etwa neun Bau- und Innenraumgestal- tungsprojekte in Großbritannien aus, die jedoch zumeist über das Entwurfsstadium nicht hinausgingen. Wien besuchte Singer nach dem Krieg vermutlich nicht mehr. Er starb am 5. Oktober 1954 bei seiner langjährigen Freundin Margit Téry-Buschmann in Berlin, bei der er zu Besuch war, um die Einrichtung ihres Hauses zu planen. Téry- 262 Bei den „Schwestern Quittner“ handelt es sich vermutlich um die Töchter des Metallwarenfabri- kanten Leopold Quittner (1847–1892) der Firma Josef & Leopold Quittner und seiner Frau Emilie Quittner, geb. Löwit (Lebensdaten unbek.): Henriette (1882–unbek.), Martha (1886–unbek.) He- lene (1889–unbek.) und Margarethe (1889–unbek.) Quittner. Siehe: Geni 2017d; Neue Freie Presse 1892, S. 18. Im Theresienstädter Gedenkbuch finden sich eine am 29.1.1889 geborene Helene Quittner, gestorben am 20.3.1943 in Theresienstadt und eine am 10.8.1890 geborene Margarete Quittner, gestorben am 23.1.1943 in Auschwitz. Es könnte sich dabei um die Töchter von Leopold und Emilie Quittner handeln. Siehe: Institut Theresienstädter Initiative/Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands 2005, S. 409. 263 AGS, Brief Leopoldine Schrom an Franz Singer, 31.12.1946. 264 Ebd. 265 1945 wurde das Buch The Anatomy of Peace von Emery Reves veröffentlicht. Darin plädierte Reves für die Idee eines föderalen Weltstaates mit international gültigem Recht, um so Kriege zu verhin- dern. 266 AGS, Brief Leopoldine Schrom an Franz Singer, 30.1.1947. © 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
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Bauhaus in Wien? Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Title
Bauhaus in Wien?
Subtitle
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Author
Katharina Hövelmann
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-205-21316-1
Size
17.4 x 25.6 cm
Pages
492

Table of contents

  1. 1 Einleitung 9
  2. 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
  3. 1.2 Forschungsstand 10
  4. 1.3 Quellenlage 15
  5. 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
  6. 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
  7. 2.1 Die Zeit in Wien 27
  8. 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
  9. 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
  10. 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
  11. 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
  12. 2.2.2 Unterricht 56
  13. 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
  14. 3 Berufliche Anfänge 89
  15. 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
  16. 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
  17. 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
  18. 3.2.2 Die Auflösung 114
  19. 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
  20. 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
  21. 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
  22. 4.3 AuftraggeberInnen 140
  23. 4.4 Strategien der Bewerbung 147
  24. 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
  25. 4.4.2 Fotografie 154
  26. 4.4.3 Publikationen 157
  27. 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
  28. 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
  29. 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
  30. 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
  31. 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
  32. 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
  33. 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
  34. 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
  35. 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
  36. 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
  37. 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
  38. 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
  39. 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
  40. 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
  41. 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
  42. 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
  43. 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
  44. 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
  45. 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
  46. 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
  47. 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
  48. 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
  49. 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
  50. 5.4.5 Kachelöfen 302
  51. 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
  52. 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
  53. |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
  54. 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
  55. 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
  56. 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
  57. 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
  58. 5.5.3.1 Einwohnräume 339
  59. 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
  60. 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
  61. 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
  62. 6 Resümee und Ausblick 417
  63. 7 Anhang 425
  64. 7.1 Quellentexte 425
  65. 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
  66. 7.3 Archive und Sammlungen 431
  67. 7.4 Literatur 436
  68. 7.5 Webseiten 473
  69. 7.6 Bildnachweis 477
  70. 7.7 Abkürzungen 480
  71. 7.8 Abstract 481
  72. 7.9 Register 482
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