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Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 225
Der Stuhl S10
Erstmals erscheint der stapelbare, bis 1935 stets weiter
entwickelte Holzstuhl S10 in der Wohnungseinrichtung
von Margit Téry-Buschmann in Berlin aus dem Jahr
1929/1930 (Abb. 176). Der Stuhl wurde mit farbigen,
ein Würfelmuster ergebenden Gurten bespannt. Die
Hinterbeine sind im unteren Bereich seitlich der Lehne
angebracht und stehen etwas über die Breite der Sitzfläche
hinaus, wodurch das Stapeln ermöglicht wird. Bei dem
noch erhaltenen Stuhl sind die Hinterbeine und eine zwi-
schen den Vorderbeinen eingesetzte Quersprosse optisch
durch die schwarze Beize von den holzsichtigen Elemen-
ten getrennt. Neben diesen Stühlen aus der Wohnung
von Téry-Buschmann gab es auf demselben Prinzip basie-
rende Armlehnstühle und Hocker.134 Die noch erhaltenen
Stühle zeigen allerdings die Schwächen der Konstruktion.
Da die Hinterbeine nicht direkt mit dem Rahmen des
Sitzes verbunden sind, haben sich die Hinterbeine und
Lehne aufgrund der Sitzbelastung verzogen. Es sind je-
doch auch Sitzmöbel dieses Typs erhalten, die eine höhere
Belastbarkeit aufgrund der Verarbeitung von stärkeren
Holzteilen aufweisen und daher bis heute als Speisezim-
merstühle verwendet werden.135
Der „Schrankraum“
1929 wurde auf der Ausstellung „Wiener Raumkünstler“ der „Schrankraum“ mit her-
ausdrehbarem Bett, Nachttisch und Lesefläche sowie einer schmalen Klapptreppe, die in
den Schrank führte, präsentiert (Abb. 166). Der „Schrankraum“ weist Ähnlichkeiten zu
den Einbauschränken mit Schiebebetten auf, die Le Corbusier und Pierre Jeanneret mit
Alfred Roth für die Weissenhof-Siedlung 1927 entwarfen (Abb. 177). Übereinstimmung
besteht auch mit dem Wandverbau des Kleinstwohnungtyps „ZWOFA“ von Schütte-
Lihotzky aus dem Jahr 1928, bei dem ebenfalls unterhalb eingeschobene Betten heraus-
134 Jeweils zwei Stühle aus dem Besitz Margit Téry-Buschmanns befinden sich heute in der SBD und im
UAKKA. Zwei Armlehnstühle gehören zur Sammlung des AAD/V&AM.
135 Sechs dieser Stühle befinden sich heute im Privatbesitz in Wien und werden als Speisezimmerstühle
genutzt. Abb. 176: Stapelstuhl S10, um 1930,
Buche, teilweise schwarz gebeizt, weißes
Gurtband, 70,5 x 49 x 45 cm, SBD.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Title
- Bauhaus in Wien?
- Subtitle
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Author
- Katharina Hövelmann
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Size
- 17.4 x 25.6 cm
- Pages
- 492
Table of contents
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482