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Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 245
des 1932 gestalteten Zimmers für Anny
Wottitz-Moller in dem von Adolf Loos ent-
worfenen Wohnhaus. In einer Ausführung
mit Stoffbespannung wurde der Stuhl zur
Einrichtung der Wohnung von Hans Heller
und Inge Schön verwendet. Singer bezeich-
nete diesen Stuhl als Typ S9 (Abb. 203).
Ab 1932 wurde die Bespannung mit
Rohrgeflecht variiert. Auf Fotografien der
Wohnung Kronengold sind Stühle mit der
typischen Überkreuzung zu sehen, die eine
Bespannung aus Wiener Geflecht – auch
Achteck- oder Wabengeflecht genannt –
in einem Holzrahmen aufweisen, ähnlich
dem von Breuer entwickelten Stuhl B32
von 1928 (Abb. 185). Für das Gästehaus
von Hildegard Auersperg-Hériot entstand
eine Variante mit Armlehnen. Ein Proto-
typ dieses Modells ist heute noch erhalten
(Abb. 204).
Eine andere Fußkonstruktion wies der 1933 entwickelte, sogenannte „V-Stuhl“ auf.
Bei diesem stapelbaren Stuhl waren die Beine v-förmig ausgebildet und liefen nach hin-
ten aus, wie bei dem etwas früher 1932/33 für die Firma Metz & Co entstandenen Stuhl
o7c des niederländischen Entwerfers J. J. P. Oud (Abb. 205–206). Die V-Form wurde
von Singer 1937 in Frankreich zum Patent angemeldet.179
Um auf den vormals noch verwendeten Holzrahmen zur Befestigung des Geflechts
verzichten zu können, wurde für dieses Modell eine Technik entwickelt, um das Rohr-
geflecht direkt im Stahlrohr zu befestigen. Diese Einflechtung in das mit weicherem
Material gefüllte Stahlrohr wurde 1936 in Österreich und 1938 in Frankreich zum Patent
angemeldet (Abb. 207).180 Im April 1936 hatte Singer Leopoldine Schrom von dieser
Idee aus London berichtet: „Wegen der Sessel würde ich Sie bitten, Versuche zu ma-
chen. Wir werden diese auch für hier brauchen. Es handelt sich darum, eine Methode
179 Franz Singer, Chaises en porte-à-faux pouvant être empilées et autres meubles en porte-à-faux simi-
laires, Patentamt Frankreich, 838240, angemeldet: 22.5.1937, veröffentlicht: 1.3.1939.
180 AGS, Franz Singer, Metallrohrmöbel und Verfahren zu deren Herstellung, Patentamt Deutsches
Reich, Zweigstelle Österreich, 156087, angemeldet: 09.12.1936, Beginn: 15.12.1938, ausgegeben:
10.05.1939; Franz Singer, Meubles en tubes métalliques et procédé pour leur fabrication, Patentamt
Frankreich, 840764, angemeldet: 16.7.1938, veröffentlicht: 3.5.1939.
Abb. 204: Armlehnstuhl Prototyp, Stahlrohr,
Rohrgeflecht, Holz, 75 x 56 x 54 cm, um
1932/33, AGS.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Title
- Bauhaus in Wien?
- Subtitle
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Author
- Katharina Hövelmann
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Size
- 17.4 x 25.6 cm
- Pages
- 492
Table of contents
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482