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Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Page - 268 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer

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„Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 268 Kindes propagiert wurden.240 Obwohl Buscher den reformpädagogischen Ansätzen nahe kam, ordnete sie sich jedoch nicht dort ein und ging sogar darüber hinaus: „Die Spiele, die ich für Kinder baute, nenne ich freie Spiele, im Gegensatz zu den Fröbel- und Pes- talozzispielen, die aus rein pädagogischen Überlegungen geschaffen wurden.“241 Dicker und Singer hingegen waren mit den reformpädagogischen Strömungen enger verbun- den. Die italienische Medizinerin und Reformpädagogin Maria Montessori pflegte eine besondere Beziehung zu Wien und war seit 1924 regelmäßig dort zu Gast, 1926 schrieb sie in der Neuen Freie Presse: „Zwischen meiner pädagogischen Methode und der Wiener Schulreform besteht eine so innige geistige Verwandtschaft, dass es für mich einen beson- deren Reiz hat, die Analogien und Verschiedenheiten beider Systeme immer wieder zu prüfen und zu untersuchen. Beide Methoden streben auf ähnlichen Wegen dem gleichen Ziele zu: der Befreiung des Kindes.“242 In Wien hatte Lili Roubiczek der Montessori- Pädagogik mit ihrer 1921/1922 eingerichteten Montessori-Schule in der Troststraße im 10. Bezirk den Weg bereitet.243 Im Herbst 1930 eröffnete das „Haus der Kinder“ am Rudolfsplatz 2, das nach Plänen von Franz Schuster in Zusammenarbeit mit Montessori- Pädagoginnen entstanden war.244 Auch Eugenie Schwarzwald richtete an ihren der Reformpädagogik verpflichteten „Schwarzwaldschen Schulanstalten“ 1927 einen Kindergarten ein, der sich an der Mon- tessori-Pädagogik orientierte.245 Dicker und Singer standen ihrem Kreis nahe. So belegte Dicker 1918 das dortige von Schönberg geleitete Kompositionsseminar und Franz Sin- gers Sohn Michael Peter besuchte die fortschrittliche Schule ab etwa 1927.246 Der wäh- rend der Studienzeit am Bauhaus geborene Sohn von Franz Singer und Emmy Heim war möglicherweise auch ein Grund für Singers fortwährend ausgeprägtes Interesse für Kin- dermöbel und -spiele, wobei dieser tragischerweise bereits mit acht Jahren verstarb. An die Freundin und Studienkollegin Anny Wottitz berichtet Singer begeistert von seinem frisch geborenen Nachwuchs: „Aber von ihm zu erzählen ist nicht leicht, denn das kann man wohl nur erleben aber nicht schreiben. Sein Leben u[nd] alle Äußerungen desselben sind ja vorläufig wirklich rein physischer Natur u[nd] nie kann ich dir beschreiben, daß, trotzdem [...], diese Handlungen doch noch irgend etwas enthalten, – eben weil sie doch ‚Leben‘ sind – das unendlich rührend ist u[nd] so sehr als Wunder erscheint, daß man nichts damit vergleichen möchte und sehr geneigt ist, alles aufzugeben und nichts mehr zu tun, als diesem Leben zuzusehen. [...] Schon die winzigen Proportionen des Ganzen 240 Baumhoff 2009, S. 244. 241 Glemnitz 2006, S. 223. 242 Montessori 1926, S. 7. 243 Hammerer 1997, S. 44. 244 Hammerer 1997, S. 106; Hammerer 1995, S. 269. 245 Vgl. Neue Freie Presse 1927, S. 16. 246 AGS, Schulzeugnis von Michael Peter Singer, Schuljahr 1927/1928. © 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
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Bauhaus in Wien? Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Title
Bauhaus in Wien?
Subtitle
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Author
Katharina Hövelmann
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-205-21316-1
Size
17.4 x 25.6 cm
Pages
492

Table of contents

  1. 1 Einleitung 9
  2. 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
  3. 1.2 Forschungsstand 10
  4. 1.3 Quellenlage 15
  5. 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
  6. 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
  7. 2.1 Die Zeit in Wien 27
  8. 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
  9. 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
  10. 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
  11. 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
  12. 2.2.2 Unterricht 56
  13. 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
  14. 3 Berufliche Anfänge 89
  15. 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
  16. 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
  17. 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
  18. 3.2.2 Die Auflösung 114
  19. 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
  20. 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
  21. 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
  22. 4.3 AuftraggeberInnen 140
  23. 4.4 Strategien der Bewerbung 147
  24. 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
  25. 4.4.2 Fotografie 154
  26. 4.4.3 Publikationen 157
  27. 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
  28. 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
  29. 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
  30. 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
  31. 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
  32. 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
  33. 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
  34. 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
  35. 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
  36. 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
  37. 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
  38. 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
  39. 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
  40. 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
  41. 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
  42. 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
  43. 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
  44. 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
  45. 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
  46. 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
  47. 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
  48. 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
  49. 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
  50. 5.4.5 Kachelöfen 302
  51. 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
  52. 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
  53. |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
  54. 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
  55. 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
  56. 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
  57. 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
  58. 5.5.3.1 Einwohnräume 339
  59. 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
  60. 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
  61. 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
  62. 6 Resümee und Ausblick 417
  63. 7 Anhang 425
  64. 7.1 Quellentexte 425
  65. 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
  66. 7.3 Archive und Sammlungen 431
  67. 7.4 Literatur 436
  68. 7.5 Webseiten 473
  69. 7.6 Bildnachweis 477
  70. 7.7 Abkürzungen 480
  71. 7.8 Abstract 481
  72. 7.9 Register 482
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