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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Page - 85 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

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85 der regelmäßigen Profilierungen dürfte ein Werk- zeug, vielleicht eine Spachtel oder Ähnliches ein- gesetzt worden sein. Im Gegensatz dazu dürfte die unregelmäßigere und gröbere Profilierung des Typs 1.2 vorwiegend durch Einsatz der Finger erzeugt worden sein. Die beiden Typvertreter Kat. 5 und Kat. 7 weisen sehr starke formale Ähnlichkeiten und nahezu ent- sprechende Abmessungen sowie herstellungs- technische Merkmale auf. Abgesehen von zu ver- nachlässigenden, auf Handarbeit beruhenden Unterschieden der Wandstärke lassen sich deshalb kaum weitere Merkmale anführen, die eine formale Bandbreite innerhalb des definierten Typs 1.1 fest- legen. Sowohl Deckel als auch Dreifußschüssel ent- sprechen jeweils Fabrikat II und sind scheibenge- dreht. Die Füße wurden jeweils aus einem Standring ausgeschnitten. Der Mündungsdurchmesser ist bei beiden Schüsseln mit 22 cm identisch, die Höhen schwanken geringfügig zwischen 10,6 und 11,2 cm. Die geringe Höhendifferenz kann auf zwei Faktoren zurückgeführt werden: Einerseits liegt Handarbeit vor, andererseits ist die geringfügige Deformierung der Dreifußschüssel Kat. 7 durch partielle sekun- däre Brandspuren nachweisbar. Die auch in Details vorliegenden Ähnlichkeiten legen nicht nur eine zeit- liche Annäherung nahe, sondern dürfen auch als Beleg für die Herkunft aus derselben Produktion, vermutlich desselben Töpfers, aufgefasst werden. Die beiden vorliegenden Dreifußschüsseln Kat. 5 und Kat. 7 illustrieren damit die Routine und Wie- derholung bestimmter Produktionsschritte zur Her- stellung weitgehend identischer Dreifußschüsseln. Neben der zunehmenden Routine des Produkti- onsprozesses darf die starke formale Ähnlichkeit vielleicht auch mit einem gewissen ›Wiedererken- nungswert‹ der Dreifußschüsseln vom Typ 1.1 sei- tens des antiken Benutzers und/oder Kunden ver- knüpft werden. Die jeweils erhaltenen zugehörigen Deckel Kat. 4 und 6 legen nahe, dass es sich bei den Deckeln vom Typ 1 primär um Deckel von Dreifußschüsseln des Typs 1.1 handelt. Lediglich ein einziger weite- rer, den formalen Kriterien des Typs 1.1 relativ gut entsprechender Typvertreter konnte im – bezüg- lich Dreifußschüsseln durchaus als umfangreich zu bezeichnenden – bislang vorgelegten südost- norischen Gefäßkeramikmaterial aus Flavia Solva- Wagna253 identifiziert werden. Eine Ausdehnung der Mindestlaufzeit des Typs 1.1 ist von dieser Par- allele, die nach Datierung des Grabbefundes mit gleicher Wahrscheinlichkeit der zweiten Hälfte des 2. Jahr hunderts n. Chr. zuzuweisen sein mag wie einem jüngeren Datum des 3. oder einem älteren 253 Fuchs 1980, 74 Taf. A 14, 6 (Gräberfeld Marburgerstraße, Grab 48, Lazar 10.2.2, 1.–3. Jh. n. Chr.). Datum des 1. bis beginnenden 2. Jahr hunderts n. Chr., nicht zwingend abzuleiten. Dreifußschüssel Typ 1.2 (Kat. 8  –  10) Die Dreifußschüssel Kat. 8 ist dem Typ 1.2 zuzu- rechnen. Dieser ist dem Typ Dr 2/7b von Gleisdorf ähnlich254. Die Mündungsfragmente der Schüsseln Kat. 9  –  10 können nicht mit Sicherheit als Dreifuß- schüsseln angesprochen werden, da die Boden- partie fehlt. Die formalen Ähnlichkeiten sprechen jedoch für eine Zuordnung an den Typ 1.2. Dieser ist gegenüber Typ 1.1 durch das in allen Details wesentlich ›weicher‹ abgerundet ausgeführte Mün- dungsprofil gekennzeichnet. Der Rand ist nicht schnabelförmig horizontal, sondern schräg aufwärts nach innen geneigt. Eine spezifische weitere Aus- formung der Mündung liegt insofern nicht vor, als die Wandstärke des übrigen Gefäßkörpers in etwa beibehalten wird und zu einem lediglich einfachen abgerundeten Abschluss ausgeführt ist. Das obere Drittel des Gefäßkörpers ist außen mit mehreren Profilierungen versehen, von denen die oberste, am deutlichsten akzentuierte das Deckelauflager bildet. Dieses Deckelauflager kann von einer horizontalen Rille (Kat. 9) begleitet sein. Vielleicht handelt es sich bei Deckeln wie Kat. 183 vom Typ 3 um die entsprechenden Deckel der Dreifußschüsseln vom Typ 1.2, wie Dreifußschüssel-Deckel-Garnituren aus Gleisdorf nahelegen255. Dass es sich bei dem Deckel Kat. 183 tatsächlich um den Deckel der Dreifußschüssel Kat. 9 handelt, wie der gemein- same Fundumstand in Raum F nahelegt, ist jedoch durch die unterschiedlichen Durchmesser ausge- schlossen. Weitere Typvertreter sind in Flavia Solva-Wagna256, Gleisdorf 257 und Saaz258 nachgewiesen. Die ange- führten Parallelen erlauben eine plausible Ausdeh- nung der Mindestlaufzeit von Dreifußschüsseln vom Typ 1.2 vorwiegend auf die Zeitspanne des gesam- ten 2. Jahr hunderts n. Chr., vielleicht bis Mitte des 3. Jahr hunderts n. Chr. Die aus Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna stammenden Typvertreter liegen sowohl in Fabrikat I als auch in Fabrikat II vor. 254 Artner 1994, 24 f. Abb. 11; 67 f. Taf. 5, 4. 6 (Grab 7b, 1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.); 76 Taf. 19, 8  –  9 (Grab 32, Ende 1.–1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.). 255 Artner 1994, 67 f. Taf. 5, 4. 6 (Grab 7b); 76 Taf. 19, 8  –  9 (Grab 32). 256 Seehauser 2007, 136 f. 152. 170 Taf. 8, 53 (Insula XLIII, Pla- nierschicht SE 11, Mitte 3. Jh. n. Chr.). 257 Jeschek 2000, 92 f. Abb. 3, 3 Taf. 98, 249  –  250 (Mitte 2.–Mitte 3. Jh. n. Chr.). 258 Artner 2003, 151 f. Abb. 6, 4 (Hügel 41, Bestattung 1, 1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.).
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Title
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Author
Christoph Hinker
Publisher
Österreichisches Archäologisches Institut
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
344
Keywords
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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