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vielleicht zu entsprechenden Schüssel-Topf-Ensem-
bles zusammengefasst werden dürfen.
Der Topf Kat. 147 wird als Variante 6.1 angespro-
chen. Diese ist durch einen insgesamt vergleich-
baren Gefäßaufbau mit Ausformung der Mündung
ohne Verdickung gekennzeichnet.
Die Funktion der Töpfe Typ 6 und Variante 6.1 ist
nicht sicher zu bestimmen. Vielleicht handelt es sich
um Kochgeschirr. Die Gestaltung der Mündung mit
Profilierung oder konkavem Einzug legt jedenfalls
die Verwendung von Deckeln mit entsprechenden
Randprofilen, wie sie z. B. Deckel vom Typ 3 auf-
weisen, nahe.
Topf Typ 7 (Kat. 148)
Der Topf Kat. 148 ist durch den akzentuierten Wan-
dungsumbruch und die eingezogene zylindrische
Halszone sowie das leicht verdickte, aufwärts nach
außen geneigte Mündungsprofil gekennzeich-
net. Der Dekor im oberen Gefäßdrittel besteht
aus alternierend angebrachten horizontalen Strei-
fen von Rollrädchenabdrücken und Wellenlinien.
Gewisse formale Ähnlichkeiten sind an Gefäßen
aus Bedaium-Seebruck349, Faschendorf350, Gab-
romagus-Windischgarsten351, Immurium-Moos-
ham352, Iuvavum-Salzburg353, Katsch354 und Viru-
num-Zollfeld355 festzustellen. Diese sog. Urnen mit
zylinderförmigem oder kegelförmigem Hals wurden
nach Grabfunden aus Hallstatt-Lahn definiert und
mit Funden, primär aus dem oberen Murtal und aus
Slowenien, verglichen356. Insofern lässt sich der
aus Insula XLI von Flavia Solva-Wagna vorliegende
Topf Kat. 148 gut in die skizzierte Verbreitung einbe-
ziehen. Zu diesen eventuell vergleichbaren Töpfen,
z. B. auch aus der Nekropole von Šempeter, beste-
hen konkret bezüglich Kat. 148 aber auch deutliche
Unterschiede hinsichtlich Dekor, Wandungsum-
349 Fasold 1993, 74 Tab. 54 Taf. 26, 7 (Grab 47, flavisch [?]) Beil.
4, T4.
350 Polleres 2008, 66 f. 189 f. Taf. 1, 16 (Brandgrab 1, mittlere
Kaiserzeit); 202 f. Taf. 6, 67 (mit Vergleichen aus Immurium-
Moosham, Katsch, Šempeter).
351 Kaltenberger 2000, 190 – 193 Taf. 32, 265 (Graben mit Münz-
reihe Ende 1.–Anfang 4. Jh. n. Chr.). Mündungsbereich ähn-
lich den Fragmenten: Taf. 31, 264; Taf. 32, 266 zu ergänzen.
352 Fleischer – Moucka-Weitzel 1998, 144. 252 Taf. 78, 6 (Kör-
pergrab 1, Datierung –, Einzelstück).
353 Kaltenberger 1996, 168 f. Taf. 25, 1 (vgl. Schörg. 319); 170 f.
Taf. 26, 1. Kaltenberger 1998, 266 – 268. 356 – 358 Taf. 14,
84 (Enghalstopf 3.3.3 vgl. Schörg. 318); 360 – 362 Taf. 15, 88
(Enghalstopf 3.2.4 vgl. Schörg. 319).
354 Ehrenreich 1993, 21. 24. 36 Taf. 7, 5 (Grab X/6, t.p.q.: Consp.
34); 15. 22. 24. 37 Taf. 8, 7 (Grab X/9, t.p.q.: A 68; mit weite-
ren formal lediglich bedingt ähnlichen Vergleichsstücken aus
Poetovio-Ptuj).
355 Zabehlicky-Scheffenegger 1997, 192 f. Abb. 7, 67. Zabehli-
cky-Scheffenegger – Gostenčnik 2002, 149 f. Abb. 6, 12.
356 Zabehlicky – Zabehlicky-Scheffenegger 1990, 137 f. 146 f.
Abb. 6 – 7 (Grab 1, ≈ Mitte 2. Jh. n. Chr.; Grab 3, ≈ 2. Hälfte 2.
Jh. n. Chr.). Vgl. Farka 2008, 164 f., Nr. 3.5.3 – 3.5.4. bruch und der an den Gefäßen aus Šempeter ange-
brachten Profilierung der Halszone357.
Der bislang in Flavia Solva-Wagna, abgesehen von
einem lediglich bedingt ähnlichen Topf358, singuläre
Beleg sowie die fehlende Evidenz im Stadtterrito-
rium sprechen vielleicht dafür, dass es sich nach
Ausweis der angeführten Vergleichsstücke mög-
licherweise um eine eher aus dem inneralpinen
norischen oder südnorischen, vielleicht auch nord-
westnorischen als aus dem südostnorischen Raum
stammende Gefäßform handeln könnte. Das Fab-
rikat des Topfes lässt sich jedoch makroskopisch
grundsätzlich nicht vom definierten Fabrikat II unter-
scheiden, weshalb die Möglichkeit einer zwar formal
von Vorbildern aus anderen Regionen beeinfluss-
ten, aber dennoch lokal-autochthonen Produktion
in Betracht zu ziehen wäre. Bezüglich der Funktion
des Gefäßes spricht die zur Vergrößerung des Volu-
mens deutlich verbreiterte Bauchzone des Gefäßes
dafür, dass vielleicht von einem Vorratstopf ausge-
gangen werden darf.
Schörg. 361 (Kat. 149 – 157)
Die Form Schörg. 361 ist durch eine verdickte,
schräg aufwärts nach außen orientierte Mündung
gekennzeichnet. Der Gefäßkörper ist ovoid und mit
horizontalen Bändern von rechteckigen bis bogen-
förmigen Rollrädchenabdrücken, die durch horizon-
tale Rillen gegliedert sind, dekoriert. Die Gefäßzone
knapp unter dem Mündungsbereich ist mehrfach
profiliert.
Die Becher oder Töpfe mit Rollrädchendekor Kat.
149 – 157 entsprechen der Form Schörg. 361 und
dem Typ »Becher mit ausgebogenem (kantigem)
Rand 2.2 bzw. 1« aus den Vici von Favianis-Mau-
tern359 und Saaz360. Weitere Vergleichsbeispiele
sind in Aichegg361, Kalsdorf 362, Kapfenstein363,
357 Kolšek 1976, Taf. 15. 42.
358 Seehauser 2007, 140. 155. 181 Taf. 19, 110 (Inula XLIII,
Raum B, SE 9, Mitte 3. Jh. n. Chr.). Die angeführten Ver-
gleichsbeispiele aus dem Vicus von Gleisdorf sind m. E. nicht
mit diesem Topf zu vergleichen.
359 Sedlmayer 2006a, 327 f. Beil. 29 (mit Nachweisen aus
Cannabiaca-Zeiselmauer, Immurium-Moosham, Pons Aeni-
Pfaffenhofen, Teurnia-St. Peter in Holz, Virunum-Zollfeld und
Ovilavis-Wels).
360 Sedlmayer 2006, 149 f. Abb. 99 (Hauptvorkommen: Perio-
de 4, 170 – 230 n. Chr., mit weiteren Nachweisen aus Eichfeld,
Flavia Solva-Wagna, vom Frauenberg [Heiligtum, 70 – 100 n.
Chr.], Gleisdorf, Kalsdorf [Grube 4, 1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.;
Grube 6, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.; Grube 12, 2. Hälfte 2. Jh. n.
Chr.], St. Martin an der Raab, Stallhofen und Velenik [Grab,
80/100 n. Chr.]).
361 Bauer u. a. 1995, 93. 114, Nr. 86 (Zeitstufe I: 1.–Mitte 3. Jh. n.
Chr.).
362 Jeschek – Lehner 1994, 193. 199, FNr. 49.
363 Urban 1984, 75 f. Taf. 53, B4 (Hügel 3, 2. Jh. n. Chr.); 76 f.
Taf. 53, C1 (Hügel 4, 2. Hälfte 1.–2. Jh. n. Chr.); 100 f. Taf. 59,
D1 (Hügel 33, 2. Jh. n. Chr.); 123 – 125 Taf. 66, B4 (Hügel 54,
2. Jh. n. Chr.).
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Title
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Author
- Christoph Hinker
- Publisher
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321