Page - 108 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Image of the Page - 108 -
Text of the Page - 108 -
108
11.1.2.5 Importierte Gefäßkeramik
Aus dem Fundmaterial der Periode II/II+ der
Insula XLI von Flavia Solva-Wagna liegen mindes-
tens 108 Gefäße, die sicher als Importware zu deter-
minieren sind, vor: Kat. 326 – 417 und 625 – 640.
Darüber hinaus wurden weniger signifikante Kera-
mikscherben, die von einer lediglich annähernd
schätzbaren Zahl an Gefäßen aus importierter Fein-
keramik stammen, summarisch im Katalogteil (vgl.
Kap. 19.4) erfasst (Kat. 804 –
813).
11.1.2.5.1 Transportamphoren
Das Henkelfragment Kat. 326 (Groh 1996, AM
6) stammt von einer Amphore der Form Dres-
sel 6B, die primär für den Export von Olivenöl aus
Istrien diente. Die statistische Auswertung der in
Insula XXII von Flavia Solva-Wagna vertretenen
Amphorentypen hat gezeigt, dass Typvertreter
Dressel 6B nach Typvertretern der Form Schörg.
558 mit deutlichem Abstand gegenüber anderen
Amphorentypen zu den häufigsten Transportam-
phoren im Munizipium zählen508. Dieses Bild wurde
zuletzt durch die Auswertung der Transportampho-
ren aus den Altgrabungen von Flavia Solva-Wagna
erneut durch den Nachweis der Dominanz der Form
Dressel 6B bestätigt509.
Es muss sich, wie nach der herkömmlichen Zeit-
stellung von Typvertretern Dressel 6B (spätrepub-
likanisch–hadrianisch) anzunehmen wäre, bei dem
vorliegenden Henkelfragment Kat. 326 (Groh 1996,
AM 6) nicht um ein sog. Altstück handeln. Zuletzt
wurde auf die formal leicht abweichende Vari-
ante Dressel 6B oder Fažana 1, die noch nach der
Mitte des 2. Jahr hunderts n. Chr. produziert worden
war, hingewiesen510. In dem während der ersten
Hälfte des 2. Jahr hunderts n. Chr. errichteten und
in severischer Zeit aufgegebenen Kellerraum 6 der
Villa von Baláca sind Amphoren der Form Dressel
6B nachgewiesen511.
Fragmente von vier weiteren, nicht näher bestimm-
baren Transportamphoren liegen aus den Häusern
IV und V der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna vor
(Kat. 625
– 628).
Der geringe Nachweis von Amphoren im Fund-
material des Brandhorizontes der Insula XLI fällt
auf. Ob diese Vakanz als Hinweis auf einen mög-
lichen Bevölkerungsverlust und damit verbundene
negative wirtschaftliche Entwicklungen, verursacht
durch die antoninische Pest und/oder Markoman-
nenkriege, interpretiert werden darf, ist zu disku-
tieren. Dass sich eine Zäsur im Import von Ampho-
ren nicht nur in der Insula XLI, sondern auch in der
508 Sakl-Oberthaler 1994, 8 – 10. 22 Diagramm.
509 Sakl-Oberthaler 2000, 394 Tab. 1.
510 Bezeczky 1998, 9.
511 Biróné Sey u. a. 1997, 21 f. 150 f. Taf. 24 – 25 (Terrazzofuß-
boden P, Schuttschicht O). Insula XXII von Flavia Solva-Wagna gegen Mitte
des 2. Jahr hunderts n. Chr. abzeichnet und die
Einfuhr nach Carnuntum und Salla-Zalalövő an
der Bernsteinstraße während der zweiten Hälfte
des 2. Jahr hunderts n. Chr. deutlich abnimmt, hat
bereits S. Groh festgestellt512. Für Augusta Rau-
rica-Augst, Mogontiacum-Mainz und Nordostgal-
lien wurde diese Problematik zuletzt von U. Ehmig
in Zusammenhang mit dem Import von Olivenöl in
Dressel 20/23-Amphoren aus der Hispania Baetica
besprochen513.
11.1.2.5.2 Pompejanisch-rote Platte
Bei dem Wandscherben Kat. 327 handelt es sich um
das Fragment einer sog. pompejanisch-roten Platte.
Charakteristisch ist neben Form und Fabrikat514
der rote Überzug an der Gefäßinnenseite. Da die
Randpartie fehlt, ist keine formal-typologisch nähere
Zuordnung, als dass es sich um eine pompejanisch-
rote Platte mit sog. kommaförmigem Wandungs-
verlauf handeln muss, wonach zahlreiche Typen in
Frage kommen, möglich. Nach der Zeitstellung des
vorliegenden Befundes darf vielleicht an die Typen
R-Pomp 33 oder 34 gedacht werden515.
Hinsichtlich Funktion ist das Fragment dem Kochge-
schirr zuzurechnen516. Vielleicht dürfen wir primär
von einer Verwendung als Backform für Brot ausge-
hen (vgl. Kap. 10)517.
11.1.2.5.3 Terra Sigillata
Aus Periode II/II+ der Insula XLI liegen mindes-
tens 102 Terra Sigillata-Gefäße vor (Kat. 328 – 417.
629 – 640 bzw. Groh 1996, TSTP 44. TS 70. 74.
78. 80. 83 –
84. 89. 93 – 94. 99. 102 – 104. 106 – 115.
116. 121. 123 – 127. 134. 138. 143. 146 – 148. 153.
161. 164 – 165. 167. 169 – 170. 174. 177 – 178. 180.
186 – 187. 189. 191. 196 – 197. 211. 213. 215. 238.
240. 244 – 245. 249. 265. 283. 288. 299). Darüber
hinaus wurden weniger signifikante Keramikscher-
ben, die von einer lediglich annähernd schätzbaren
Zahl an Gefäßen aus Terra Sigillata stammen, sum-
marisch im Katalogteil (vgl. Kap. 19.4) der Publika-
tion erfasst (Kat. 804 – 813).
512 Groh 1996, 119; Sakl-Oberthaler 1994, 20.
513 Ehmig 1998, 206 – 208.
514 Peacock 1977, 149 – 157 Abb. 3; Blakely u. a. 1989, 214.
220 f.; Peña 1999, 651 – 657.
515 Passelac 1993, 547. Gegen die Zeitstellung 2. Jh. n. Chr.:
Peacock 1977, 159.
516 Grünewald u. a. 1980, 259 f.
517 Cool 2006, 76.
back to the
book Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva"
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Title
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Author
- Christoph Hinker
- Publisher
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321