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19. MÄRZ 1850 81
Absolutismus, ohne eine Institution zu finden, die berücksichtigt werden
müsste, von dem willkommenen Erbe schrankenlos Besitz nehmen könne.
Es gab eine Zeit, wo in England Bürger der Städte und die niedere Geist-
lichkeit um Erlaubnis baten, das Parlament nicht beschicken zu müssen.
Nachdem ihnen diese eiligst erteilt worden war, blieben dort noch immer
Lords, Bischöfe, Knights übrig, welche das Parlament und mit ihm Rechte
und Verfassung des Landes aufrecht hielten, ihren eigenen Vorteil gewiss
nicht vergessend und dennoch jenen des Allgemeinen wahrend; denn das
Wohlergehen des Einzelnen, des Teils ist bedingt durch die Wohlfahrt des
Ganzen.
Es wäre interessant, gründlicher darüber zu forschen, als dies bisher der
Fall war, ob und unter welchen Umständen gemachte Verfassungen über-
haupt lebensfähig seien. Auf dem europäischen Kontinent sind die Ver-
hältnisse und Interessen im Staate bereits so mannigfaltig und verwickelt
geworden, die Waffen der Kritik haben eine solche Überlegenheit erlangt,
dass keine der seit dem Ende des vorigen so wie im jetzigen Jahrhundert
eingeführten Institutionen genügend befunden ward, ja dass die Kritik vom
Standpunkt der Theorie aus den Keim zerstörte, ehe man die praktische Er-
fahrung abwartete. –
Die ideelle Basis eines Rechts ist der jeweilige Rechtsbegriff im Volke,
die Rechtsidee. Ruht diese in der Mehrheit, so verspricht sie Dauer; im Ge-
genteil wird sie unnatürlich, zu einer Fessel, welche nur, von momentaner
Gewalt gestützt, so lange als diese Stütze währt. In einem Volke, dessen ge-
bildeter Teil auch den Rechtsbegriff sehr geläutert in sich trägt, kann nur
eine solche Verfassung entsprechen, welche diesem genügt. Ist jedoch dieser
Teil in einer bedeutenden Minorität, die Masse desselben Volkes roh und
unwissend, so kann eine Verfassung, die einem entspricht, hier nicht Wurzel
schlagen. Eine gegebene Verfassung hat daher nur dort einen festen Halt,
wo sie ideell im Begriff des Rechts und materiell in der Mehrheit des Volkes
ruht. Ist nur die eine dieser Bedingungen vorhanden, so wird sie entweder
der Kritik oder der rohen Gewalt erliegen. Die Geschichte der kontinentalen
Verfassungen beweist dies und berechtigt zu dem Schlusse, dass die polit[i-
schen] Schwankungen und Stürme erst dann ruhen werden, wenn Bildung
und Aufklärung im Volke gleichmäßiger verteilt, die Gebildeten von der
Masse durch keine Kluft mehr getrennt sein werden – die ideellen und mate-
riellen Grundlagen in eins zusammenfallen!
Bei den gewordenen und gewachsenen Verfassungen ist diese Bedingung
ganz natürlich immer vorhanden gewesen, ihre anfangs rohen Formen än-
derten und bildeten sich je nach den Kulturfortschritten der Völker, wäh-
rend die gemachten die unlösbare Aufgabe übernehmen, Verhältnisse be-
rücksichtigen und Inter essen Rechnung tragen zu wollen, die sich nicht
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115