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Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
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INGROWITZ, 27. AUGUST 1855 163 Doch so lässt man die Dinge gehen, wie sie wollen, entfremdet sich und lässt sich diejenigen entfremden, über die man von Gott als Herr gesetzt, über welche man zu wachen verpflichtet ist! Alle Erlässe und Maßregeln der revolutionärsten Regierung zerschel- len machtlos am granitenen Baue gesunder, natürlicher historischer Zu- stände. Der Verwitterung aber fällt das festeste Gestein anheim, wenn es der ungestörten Einwirkung fast unscheinbarer, aber immer und stetig wirkender chemischer und mechanischer Kräfte ausgesetzt bleibt. Diesen sind die untersten Behörden bürokratisch regierter Staaten zu verglei- chen. Sie nagen ohne Unterlass mit allem proletarischen Grimm am histo- rischen Baue der Gesellschaft und zerstören endlich, was Jahrhunderten Trotz geboten. Wir aber, die den Prachtbau unserer Väter schützen und einzelne Schä- den bessern sollten, haben nicht Aug’ noch Sinn für die Gefahr und unsre Pflicht. Wir leben in träger Isolierung und erwarten den Messias, der uns ohne Mühe und Verdienst erlösen soll, stoßen die Sinnen der zu uns Gehöri- gen zurück, weil wir sie nicht verstehen und uns nicht um sie bemühen wol- len, und hassen die Bauern, diese gebornen Soldaten unsrer Schlachten, mit nörgelndem törichtem Grimm, weil sie anno 1848 unsere Hasen erschossen! – Aber: Während wir schlafen, wachen unsre Feinde. Ingrowitz, 27. August 1855 Als es den Adelsfeinden gelungen war, den Landesfürsten Adel und Adels- macht als ihre gefährlichen Nebenbuhler verdächtig zu machen; als man zu diesem Zwecke und im Interesse demokratischer Universalherrschaft sie gegen ihr eigenstes Interesse blind gemacht, es sie verkennen ließ, dass im Adel die Macht des Thrones die einzige Sicherheit, die Freiheit des Volkes die mächtigste Schutzwehr finde; als man ihre Eitelkeit aufgestachelt und den sultanischen Alleinherrschaftsgelüsten geschmeichelt hatte; sah man sich nach allerlei Mitteln um, sein Ziel allgemeiner Gleichmacherei zu er- reichen. Auf dieser weiten Flugsandebene ohne alle feste Unterlage konnte dann bis auf Weiteres der Fürstenthron, einsam emporragend, noch allenfalls ste- hen bleiben. Mit Beruhigung konnte es der Bewegung und den Stürmen der Zukunft überlassen bleiben, ihn vollends umzustürzen. Mit vollendeter Kenntnis der Schwächen menschlicher Natur erwählte man die Aufstachelung unnatürlicher Eitelkeit zum vornehmsten Mittel. Die bis dahin sehr einfach lebenden Fürsten und ihre ebenso bescheide- nen Höfe wurden dahin vermocht, sich mit einem reichen Schwarm von Höf- lingen, Jagdgefährten und Lustgenossen zu umgeben.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Title
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Authors
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Editor
Jiří Malíř
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
1144
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
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