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die mannigfache praktische Tätigkeit, das unmittelbare persönliche Eingrei-
fen und Handanlegen gaben wohl das Bewusstsein der Kraft und dienten
einem stolzen Selbstbewusstsein zur Grundlage.
Sie lehrten aber in einer oft harten Schule des Lebens auch die Unzu-
läng[lich]keit menschlichen Wollens und Wirkens kennen, führten zu de-
mutsvoller Selbsterkenntnis und schützten vor dünkelhaftem Stolz!
Stolz – war der Edelmann auch damals. Doch stolz auf die ererbte adelige
Gesinnung, auf die ihm von Gott verliehene Kraft und Stellung, auf eigenes
und das Verdienst edler, an strenger Mannestugend reicher Vorfahren.
Mit dem Alter einer Familie musste auch der Schatz erhebender Erinne-
rungen wachsen und nur darin und in der in höherem Maße gebotenen An-
regung zur Nacheiferung kann vernünftigerweise der Wert des alten Adels
gesucht und gefunden werden.
Damals ward jene höhere Stellung, da sie niemand verletzte und allen
nützte, auch von allen bereitwillig anerkannt. Den um das Landeswohl
verdienten, mit seiner Geschichte mannigfach verbundenen Geschlechtern
bestritt niemand den verdienten Vorrang. Ein jeder beschied sich in jenen
Grenzen, in welche die Geburt ihn gewiesen. Dem Neid und Hass fehlte der
Gegenstand. –
Dem Verdienst fehlte die Achtung nie. Wie sollte aber diese nicht schwin-
den, als der Adelstand keine höheren Verdienste mehr aufzuweisen hatte,
dennoch aber höhere Beachtung forderte? –
Dieser Zeitpunkt trat ein, als der Adel die Sitze seiner Väter, den Ur-
sprung und die Grundlage seiner Macht verließ, aus einem mächtigen natur-
wüchsigen Landadel zum Stadt- und Hofadel wurde.
Ein Hauptgrund der ihm gezollten Achtung lag in der Anerkennung unab-
hängiger Stellung und Macht auf ererbtem adeligem Besitz.
Er fiel hinweg, als der Adel sich zur Annahme meist leerer Titel, eitler
Rangvorzüge und zum Dienst bei Hofe herabließ! –
Ingrowitz, 30. August 1855
Heute ein Schreiben von E[manuel] Dubský erhalten. Die Kommission zur
Bearbeitung der sog. Landesverfassung (ich habe mich bereits ausgespro-
chen, was ich von Letzterer halte und erwarte)226 besteht seit dem 25. Mai,
ist aber seit ihrer Konstituierung an jenem Tage nicht mehr versammelt ge-
wesen. – In den Zeitungen laufen Gerüchte um, dass im Ministerium bereits
Beratungen über Landesverfassungen stattfinden. Man wird daher hier
auch noch die Gelegenheit versäumen, einzelne gute Gedanken und Vor-
schläge rechtzeitig in Umlauf zu setzen. –
226 Siehe Eintragungen Belcredis vom 22.7.1854, 25. und 27.5.1855.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115