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Ich gedenke mit Christl, hier 10 verwundete Soldaten aufzunehmen. Die
armen Barmherzigen Schwestern trugen sich gleich an, sie in dem Vorderge-
bäude des Klosters unterzubringen und dort zu pflegen. Gott lohne es ihnen.
Christl und S[r.] Auguste brachten von Ingrowitz insofern keine
gute Nachricht, als das ehm[alige] Tomanki’sche Haus, welches ich den
Barm[herzigen] S[chwestern] geben und jetzt dort [ein] Spital einrichten
wollte, auch nach der Ansicht des Verwalters und Baumeisters nicht dazu
taugt. Es ist so baufällig, dass eine Reparatur nicht mehr möglich ist.
Ob ich im Schloss etwa Schleiffers607 ehm[alige] Wohnung dazu verwende,
ist noch zu bedenken. Allerdings wäre jetzt die beste Gelegenheit, die Barm-
h[er]z[igen] S[chwestern] hinzubekommen und ihnen gleich eine Wirksam-
keit anzuweisen, die den Segen ihrer Tätigkeit allen so recht vor die Augen
stellte. So verlockend mir der Gedanke ist, so will doch noch Mancherlei er-
wogen sein.
Lösch, 3. Juli 1866
Die bangen Stunden der Erwartung einer nahen Entscheidung ziehen lang-
sam vorüber. Telegraf, Postenlauf, alles ist unterbrochen.
Nachmittag – Sitzung des Straßen-Konkurrenzausschusses.
Lösch, 4. Juli 1866
Gott scheint sich von uns gewendet zu haben. Die Armee ist im vollen Rück-
zug begriffen! –
Lösch, 5. Juli 1866
Heute ist die Schreckensbotschaft der totalen Niederlage eingelangt. Es ist
ein fürchterlicher Schlag. Gott schütze den Kaiser und das Vaterland.
Lösch, 9. Juli 1866
Alle Tage in Brünn gewesen. Rat- und Kopflosigkeit und blasse Furcht. Die
Regierung hüllt sich in tiefes Schweigen. Während mit Energie Rekruten
und Steuern eingetrieben werden sollten, geschieht nichts als der unselige
Venezianer Handel608 und Waffenstillstandsbemühungen. Nur die rück-
sichtsloseste Energie könnte jetzt helfen.
Der tapfere Oberst Alfons Mensdorff hat sich bereits in Peggau in Sicher-
heit gebracht! Will er Oberst sein, so gehört er zur Armee, als Graf zu seinen
607 Schleiffer war der verstorbene Arzt der Familie Belcredi.
608 Venetien war schon vor Kriegsausbruch in einem geheimen Vertrag an Napoleon III. ab-
getreten worden; vgl. Heinrich von srBik, Der Geheimvertrag Österreichs und Frankreichs
vom 12. Juni 1866, in: Historisches Jahrbuch 57, 1937, 454–507.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115