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LÖSCH, 17. JUNI 1884 711
Lösch, 15. Juni 1884
Alois Serényi machte neulich die richtige Bemerkung, dass jedes Mal bei
Gnadenakten und Ernennungen solchen, deren Verdienst anerkannt wird,
einige andre beigemischt werden.
So ist es bei Berufungen ins Herrenhaus, so jetzt bei Richard Clams und
meiner Ernennung zu Geheimen Räten die Beimischung eines Beamten
Matzinger1687 und des verdienstlosen Hanswursts Berchtold. Der Letztere ist
dadurch wohl als Landeshauptmann des glücklichen Landes Mähren vorbe-
zeichnet?1688
Auch hierin drückt sich das Schwanken und die Halbheit der Regierung
aus.
Lösch, 16. Juni 1884
Noch mit Dankschreiben für Gratulationen und in Wahlangelegenheiten von
Früh bis Abend beschäftigt. Das Letztere ist recht undankbar, seit unsre
Mittelpartei der Linken aufgesessen ist. 8 Mandate von dieser waren ihr lie-
ber als 10 von uns, die ich schon am 22. April antrug. Nun verhilft sie der
Linken zur Majorität bei der Wahl und im Landtag, uns aber – mit denen sie
die Majorität haben konnte – sowie sich selbst in die Minorität. Selbst vom
geschäftlichen Standpunkt eine seltsame Spekulation.
Taaffe tat gar nichts. Schon am 26. April legte ich ihm die Liste mit den 10
Mandaten für die Mittelmäßigen vor.
Er meinte – schon damals ward mit der Linken verhandelt – es würde
nicht gehen. Später sprach er, trotzdem wir uns täglich im Abgeordneten-
haus begegneten, kein Wort mehr darüber mit mir.
So ließ er sich, wie es scheint, lieber von Chlumecký besiegen!
Lösch, 17. Juni 1884
Leo Thun schrieb mir neulich, Bezug nehmend auf die bevorstehenden Wah-
len zum Landtag: „Wenn nur in Mähren es besser stünde. Ein Skandal und
ein Unglück, daß gerade in dem Lande, in welchem die slawische Bevöl-
kerung, und zwar die in religiöser Beziehung noch die beste, am entschie-
densten an Zahl überwiegt – die deutschen Liberalen und Juden zu solcher
Macht gelangt sind und – der Adel so herabgekommen ist.“
Leider nur zu wahr. Und meine 40-jährigen Bemühungen ohne Erfolg.
1687 Franz Freiherr von Matzinger (1817–1896), seit 1874 Sektionschef im Innenministerium,
Präsident des Hofbaukomitees (1883–1892).
1688 Zum Landeshauptmann wurde jedoch Felix Vetter von der Lilie ernannt.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115