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WIEN, 26. SEPTEMBER 1885 757
šlechta česká1785 sagten leider „ich gelobe“ anstatt „slibuji“. Berchtold und die
Mährer natürlich alle deutsch!
Abends Český klub. 27 neue Gesichter. Natürlich sehr redselig. Anlässlich
der Mitteilung jener Bedingungen, unter welchen wir 17 Gr[oß]grundbesit-
zer dem Klub beitreten, nörgelte Grégr daran herum. Seine Ausführungen
sehr geistreich von Rieger zurückgewiesen. Schade, dass Richard Clam gar
so mangelhaft böhmisch spricht.
Später kamen die Mährer nach einer sichtlich früher abgehaltenen Bera-
tung.
Šrom schilderte die schreienden Übelstände in Mähren, die Unlust der
Regierung, Abhilfe zu schaffen, [erklärte] den Beitritt zum Klub mit dem
Vorbehalt, im Falle die Regierung kein Entgegenkommen zeige, ihre eigenen
Wege zu gehen.
Wien, 23. September 1885
Neulich bemerkte mein Bruder Richard, es sei unsern jungen Leuten aller
Ernst und alles Pflichtgefühl abhandengekommen, sie dächten nur an ihre
Unterhaltung. Und gestern sagte mir Franz Thun,1786 er wolle seine Wahl in
einen Ausschuss verhindern, um gleich Hirsche zu jagen!
Wien, 25. September 1885
Der Kaiser ist endlich von zahllosen Truppenrevuen zurück. Die militärische
Ausbildung der ungarischen Landwehren – die wir ja doch einmal werden
bekämpfen und wenn Österreich bestehen soll, auch werden besiegen müs-
sen – hat er überall lobend anerkannt! Der hoffnungsvolle Kronprinz soll
auch ganz magyarisiert sein und in Kremsier nur mit den ungarischen Wür-
denträgern gesprochen haben.
Wien, 26. September 1885
Leo Thun erzählte mir gestern, Toni Szécsen, vom Nichtstuer und Allesbekritt-
ler Jaromír Czernin kommend, habe von Artikeln des Vaterland gesprochen,
welche „ihnen den Magen umdrehten“, weil darin gesagt würde: „Wer nicht ar-
beite, solle nicht essen“ und „Man solle auf den Zinsenertrag seiner Kapitalien
verzichten.“ Das Erste sind aber Worte der Heiligen Schrift, und wenn das Va-
1785 Böhmischer Adel.
1786 Franz Graf (ab 1911 Fürst) von Thun-Hohenstein (1847–1916), Sohn von Graf Friedrich
Thun, Neffe Leo Thuns, MöAH (1879–1881), MöHH ab 1881, 1900–1911 Obmann der
Rechten des HH, Statthalter von Böhmen Okt. 1889 – Feb. 1896 und 1911–1915, 1898/99
Ministerpräsident; zur Person vgl. Jan galandauer, Franz Fürst Thun. Statthalter des
Königreiches Böhmen, Wien 2014.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115