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Wien, 20. April 1888
Etwas bewegte Sitzung, da Dr. Lueger den Liberalen derbe Wahrheiten sagte.1983
Wien, 3. Mai 1888
Große Aufregung. Kabinettskrise. Die Rechte wollte erst gegen das Unter-
richtsbudget stimmen, dann in einer Resolution H[errn] Gautsch ein ent-
schiedenes Misstrauen votieren. Das Erste unterblieb, weil man zur Einsicht
kam, dass dies überhaupt nicht angehe, das Zweite, weil der Kaiser Taaffe
befahl, Gautsch um jeden Preis zu halten und demzufolge das Ministerium
sich solidarisch und zu demissionieren erklärte, wenn die Resolution (von
welcher auch bereits die Polen nichts mehr wissen wollten!), eingebracht
würde. Nach 2-tägigen Verhandlungen versprach Taaffe die Beseitigung al-
ler Gravamina. Und da durch Einbringung der Resolution der Zerfall der
Rechten offenkundig geworden und H[err] Chlumecký et Konsorten der Weg
ins ersehnte Ministerium geebnet worden wäre, standen wir davon ab.
Jetzt sind die Regierung und Majorität wieder geleimt. Auf wie lange?
Lösch, 9. Mai 1888
Der Polenklub und damit die Majorität in der Auflösung. Georg Czartoryski
hielt eine gute Rede, derselbe, der dieses Jahr im Landtag zu Lemberg sagte,
er stehe auf dem Boden der Grundsätze von 1789!1984
Louis Liechtenstein war heute zum Kaiser berufen, um ihn zu bestim-
men, davon abzustehen, dass sein Schulantrag noch jetzt zur Verhandlung
komme, weil die Liberalen deshalb die Budgetdebatte nicht zustande kom-
men lassen und ihm dagegen für den Herbst die Einbringung einer Regie-
rungsvorlage über konfessionelle Schulen zu versprechen!1985
1983 Lueger provozierte gekonnt die Liberalen: Zwischen der liberalen Presse und der offiziö-
sen fände er keinen Unterschied. Er sprach Belcredi zweifelsohne aus dem Herzen, wenn
er über die Politik der Regierung urteilte: Die Majorität „kriegt nichts, hat nur Sorgen
davon.“ Dennoch bekannte er: „Ich habe geradezu für Seine Exzellenz, den Grafen Taaffe,
eine gewisse persönliche Schwäche. […] Er versteht die Opposition in der gebührenden
Weise mit schlechten Witzen zu behandeln und das freut mich außerordentlich, denn sie
verdient eine andere Behandlung nicht.“ Als auf sein Bekenntnis: „Ich bin ein Deutscher“,
Oho-Rufe ertönten, fuhr er fort: „ein besserer Deutscher als diejenigen, die ihre Nation
fortwährend an die Juden verraten.“ Der Ruf nach der konfessionellen Schule sei „nichts
anderes als der Ausdruck, daß sich endlich einmal der germanische Volksgeist erheben
will gegen die moderne Unterdrückung.“ StPAH, X., 7788–7791 (20.4.1888).
1984 Czartoryski sprach sich im Prinzip für „Dezentralisierung“ aus und warf den Deutschli-
beralen vor, sie hätten selbst „Böhmen als ein Ganzes betrachtet“, solange sie regiert
hätten; „seitdem sie aber die Majorität nicht mehr haben, gravitieren sie anderswohin“;
StPAH, X., 8429–8433 (9.5.1888).
1985 Vgl. dazu Jenks, Iron Ring, 232f.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115