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LÖSCH, 23. MÄRZ 1891 955
Lösch, 23. März 1891
Im schwersten Kampf gegen tiefeingewurzelte Vorurteile, vielfach verkannt,
verletzt und verfolgt, ist es der 40-jährigen Ausdauer Dr. L[adislaus] Riegers
in Verbindung mit Heinrich Clam-Martinic zu danken, dass der König und
der größtenteils ganz entfremdete Adel der Nation wieder gewonnen und
diese sozusagen wieder hoffähig und den andern gleichgestellt wurde.
Gott verhüte, dass die große Errungenschaft von den Jungtschechen zer-
stört werden könne.
Auch in den sog. Ausgleichsverhandlungen im Jänner v. J. machte sich
neben andern der von mir oft bemerkte Fehler geltend, dass in Reden, Klub-
bezeichnungen und dgl. immer nur das Königreich und nie das staatsrechtli-
che Ganze – die Länder der böhmischen Krone – genannt wird.
Dies führt zur Freude der Gegner und aller Revolutionäre dahin, dass die-
ses Ganze, diese Rechtsgrundlage, mehr und mehr vergessen wird.
Zu jenen Verhandlungen wurden ausschließlich nur Vertrauensmänner
der Regierung aus Böhmen berufen. Von Mähren und Schlesien war nicht
die Rede!
Im J[ahre] 1888 stand im Wiener Figaro: „Zwischen tschechischer Loyali-
tät und Hochverrat ist die Grenze schwer zu finden!“ Kein Staatsanwalt und
keine Konfiskation.
Dann im Regierungsblatt, in der alten Presse anlässlich eines unqualifi-
zierbaren Antrags Verganis2243 im NÖ Landtag bei Anwesenheit des deut-
schen Kaisers in Wien: „Vergani et Kons[orten] seien die deutschnationalen
Tschechen.“ So wagt man, uns zu behandeln.
Gelegentlich der täglichen Verhandlungen in letzter Zeit zu Wien mit
Redaktionsmitgliedern des Vat[e]rl[an]d ward mir endlich der Grund ihrer
langjährigen Verstimmung und des Antagonismus gegen Vogelsang klar.
Inthal und Dr. Eicke glauben fest an seine Intrige, das Blatt in seinen
Besitz zu bringen.
Ich halte dies für entschieden irrig. Was ich aber auch einwenden mochte,
so blieben sie bei ihrer Meinung.
Ob Koller Bürochef bleiben kann? Eine Frage, deren Beantwortung im
April in Wien reiflich zu erwägen ist.
Er ist ein gewandter Journalist, versteht die „Mache“, und ich halte ihn
für überzeugungstreu und fest; aber auch für eigensinnig und grenzenlos
leichtfertig, wie der dumme Prozess Scudier bewies.
2243 Siehe den Eintrag vom 3.10.1888.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115