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Archivar Brandl machte mir neulich den Antrag, für den Fall meines To-
des Bemerkenswertes aus meinem Leben zusammenstellen und event[uell]
publizieren zu wollen, wozu ich ihm Daten liefern möge. Der freundliche An-
trag begegnet meinem langgehegten Wunsche, ihn um diesen Liebesdienst
zu bitten, falls er in Bezug auf mein Vaterland und Volk Beachtenswertes in
jenen Daten, die ich von Lösch ausliefern kann, findet.
Ingrowitz, 22. September 1891
Mit Bangen sehe ich den beginnenden langen Abenden entgegen.
Das eine mir gebliebene Auge fordert möglichste Schonung, verbietet das
gewohnte viele Lesen und Schreiben.
Die geschwächten Beine und der unsichere Gang verbieten wieder das
Ausgehen des Abends und auf schlüpfrigem Boden, und meine Abendbesu-
che im Löscher Kloster werden auch zu Ende sein.
Was soll ich aber tun? Untätigkeit ist mir unmöglich. Damit wird mir der
liebe, langgewohnte Landaufenthalt auch noch unmöglich werden, und ich
meine Tage in einer Stadt beschließen müssen. Doch in welcher? Am liebs-
ten in Prag, aber Mähren?
Ingrowitz, 27. September 1891
Endlich ist der König in Prag.
Die Kreuz- und Querfahrten zu Manövern – die immer, was doch einfach
unmöglich ist – zu allerhöchster Zufriedenheit enden, sind vorüber. Die
Humoristické listy nennen unsern Kaiser deshalb witzig den alten und die
Deutschen den jungen Procháska, zu Deutsch Spaziergang.
Ob die Monarchen wohl heutzutage gut daran tun, sich den Völkern als
gar so „mobil“ zu zeigen?
Lomnitz, 5. Oktober 1891
Bei Tische erzählte Serényi, seine Schwester Walwitz habe vor der Kaiser-
reise nach Prag geschrieben, es sei unbegreiflich, dass man diese zugelassen
habe, da er [der Kaiser] in Böhmen doch allen Insulten ausgesetzt sei! So
denken die Deutschen nicht in Dresden allein, von wo die Baronin schrieb,
infolge systematischer Verhetzung.
Lomnitz, 7. Oktober 1891
Dann ist das Projekt einer Statutenänderung der Jednota k. p. brněnská in
eine solche für den Bereich der ganzen Bezirkshauptmannschaft gründlich
zu erwägen.
Ich bin nicht dafür, halte aus mehrfachen Gründen kleinere Bezirke für
besser.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115